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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Möglichkeit gibt es doch gar nicht, oder?« Jedenfalls nicht, wenn er Derwatt Ltd. noch einmal aus der Patsche helfen wollte.
»Nein.« Jeff war auch nicht gerade überreich an Einfällen.
»Ich werde dann bald der französischen Polizei Bescheid geben und Webster ebenfalls, wenn er noch da ist«, sagte Tom jetzt mit mehr Entschiedenheit.
»Oh, Webster ist wieder hier. Sie suchen doch nach Derwatt hier, und gestern sagte der eine Mann – einer in Zivil war das, also der meinte, Derwatt könnte auch von jemand dargestellt worden sein.«
»Wollen sie mir das jetzt anhängen?« fragte Tom besorgt, aber mit einem Unterton von Trotz.
»Nein, nein, Tom. Glaube ich jedenfalls nicht. Aber irgend jemand – ich weiß nicht mehr, ob es Webster war –, der sagte, wo du wohl in Paris wärst. Ich glaube, sie haben in den Hotels nachgefragt«, fügte Jeff hinzu.
»Im Augenblick hast du keine Ahnung, wo ich bin, das ist ja klar, und du mußt sagen, daß Derwatt dir deprimiert vorkam. Du hast keinen Schimmer, wo er sein könnte.«
Gleich darauf war das Gespräch zu Ende, und sie hängten auf. Falls die Polizei irgendwann später mal Toms Spuren in Salzburg nachging und dieses Telefongespräch auf seiner Rechnung feststellte, dann würde er angeben, er habe wegen Derwatt angerufen. Er mußte sich irgendwas ausdenken: er war Derwatt nach Salzburg gefolgt, aus irgendeinem Grunde. Bernard mußte auch in der Geschichte vorkommen. Zum Beispiel wenn Derwatt – Derwatt, verstört und besorgt durch Murchisons Verschwinden und möglichen Tod, konnte Tom Ripley in Belle Ombre angerufen haben. Er konnte auch von Jeff und Ed gehört haben, daß Bernard nach Belle Ombre gekommen war. Derwatt konnte dann vorgeschlagen haben, daß sie sich in Salzburg – wohin er zu fahren gedachte – träfen. Oder Bernard konnte den Vorschlag mit Salzburg gemacht haben, das ging auch. Tom würde berichten, er habe Derwatt zwei- oder dreimal in Salzburg getroffen – vielleicht auch mit Bernard. Derwatt war deprimiert. Und warum? Na ja, alles hatte er auch Tom nicht erzählt. Von Mexiko zum Beispiel hatte er nur wenig gesprochen, aber er hatte nach Murchison gefragt und gesagt, seine Reise nach London sei doch ein Fehler gewesen. In Salzburg hatte Derwatt immer in ganz abgelegene Lokale gehen wollen, um dort Kaffee oder eine Flasche Gumpoldskirchner zu trinken oder Gulyassuppe zu essen. Wie es für ihn typisch war, hatte er Tom nicht gesagt, wo er in Salzburg wohnte; beim Abschied habe er Tom jedesmal einfach stehen lassen und sei allein fortgegangen. Tom hatte angenommen, er wohne irgendwo unter einem anderen Namen.
Tom würde erklären, er habe nicht einmal Heloise sagen wollen, daß er nach Salzburg fuhr, um Derwatt zu treffen.
Bis dahin, so schien es Tom, paßten alle Teile der Geschichte zusammen.
Tom öffnete das Fenster, das zum Sigmundsplatz hinausging. Dort standen jetzt lauter Karren mit Riesenrettichen, leuchtenden Orangen und Äpfeln, und viele Leute hielten lange Würstchen in der Hand, die sie in kleine Senflachen auf Papptellern tauchten.
Vielleicht brachte er es jetzt fertig, Bernards Reisetasche in Angriff zu nehmen. Er kniete sich auf den Boden und zog den Reißverschluß auf. Obenauf lag ein schmutziges Hemd, dann kamen Shorts und ein Unterhemd. Das alles warf Tom auf den Boden. Dann drehte er den Schlüssel in der Tür um, obgleich in diesem Hotel die Mädchen nicht einfach ohne Anklopfen hereinplatzten. Weiter: Die Salzburger Nachrichten, zwei Tage alt, eine Londoner Times vom gleichen Tage. Zahnbürste, Rasierapparat, eine vielbenutzte Haarbürste, eine beige Hose, kurz aufgerollt, und ganz unten das abgegriffene braune Notizbuch, das Bernard in Belle Ombre vorgelesen hatte. Darunter lag ein Zeichenblock mit Spiralbindung, auf dem Deckblatt die Derwatt-Signatur, das Warenzeichen der Kunsthandelsfirma. Tom öffnete das kleine Buch. Barocktürme und Kirchen von Salzburg; einige der Türme etwas schief und mit Extraschnörkel versehen. Vögel wie Fledermäuse flogen darüber. Hie und da waren Schatten erzielt worden durch den Aufdruck eines angefeuchteten Daumens auf dem Papier. Eine Skizze war dick ausgestrichen. In einer Ecke der Reisetasche fand sich ein Fläschchen mit Zeichentinte; der Korken war oben abgebrochen, hielt aber noch, und ferner ein Bündel Zeichenfedern und Pinsel, die ein Gummiband zusammenhielt. Tom wagte es jetzt, das Notizbuch aufzuschlagen und nachzusehen, ob es Eintragungen aus den letzten Tagen enthielt. Die letzte

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