Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
mußte bald kommen. Tom hätte ihn gern genommen und alles hinter sich gelassen: die Leiche, das Feuer, den Koffer. Er ging an dem Mädchen vorbei, ohne sie anzusehen; dann sah er am Kantstein einen leichten Schubkarren voller Blätter stehen, und obendrauf lag eine Schaufel. Er traute seinen Augen kaum. Ein Geschenk des Himmels – nur war die Schaufel stumpf. Tom verlangsamte seine Schritte und warf einen Blick in den Wald – vielleicht war der Arbeiter, dem die Sachen gehörten, nur mal für einen Augenblick verschwunden.
Der Autobus kam; das Mädchen stieg ein, der Bus fuhr ab.
Tom nahm die Schaufel und ging ohne Hast den gleichen Weg zurück, wobei er sie so nachlässig trug wie einen Schirm, nur horizontal.
Als er die Stelle erreicht hatte, ließ er die Schaufel fallen und machte sich von neuem auf die Suche nach Brennholz. Der Tag ging zur Neige, und er wollte den Rest Helligkeit ausnutzen. Noch konnte er gut sehen. Er ging etwas tiefer in den Wald. Den Schädel mußte er zerschlagen, das wußte er; vor allem die Zähne mußten verschwinden, und er wollte nicht morgen noch einmal herkommen. Wieder stocherte er das Feuer an, dann nahm er die Schaufel und machte sich an einer Stelle, wo das Laub feucht war, daran, ein Loch in den Erdboden zu graben. Mit einer Forke wäre es leichter gewesen. Andererseits brauchte das Grab nicht sehr tief zu werden, denn keine streunenden Tiere würden sich für Bernards Überreste interessieren. Als er müde wurde, wandte er sich zum Feuer um, und ohne innezuhalten, ließ er die Schaufel auf den Schädel niederkrachen. Aber damit war es nicht getan, das sah er. Doch nach zwei weiteren harten Schlägen war der Unterkiefer vom Schädel getrennt, und Tom scharrte ihn mit der Schaufel aus der Asche heraus und schob noch mehr Holz neben den Schädel.
Jetzt ging er hinüber zu dem Koffer und legte ihn innen mit den Zeitungen aus. Etwas von der Leiche mußte er mitnehmen, aber bei der Vorstellung von Hand oder Fuß schreckte er zurück. Vielleicht etwas Fleisch aus dem Körper. Fleisch war Fleisch, dies hier war menschlich und sicher nicht zu verwechseln zum Beispiel mit dem Fleisch einer Kuh. Einen Augenblick wurde ihm schlecht, er hockte sich neben einen Baum und legte den Kopf an den Stamm. Dann ging er mit festen Schritten zum Feuer, nahm die Schaufel und grub ein wenig Fleisch aus Bernards Hüfte. Es war dunkel und feucht. Auf der Schaufel trug er es zum Koffer und ließ es auf das Papier fallen. Den Koffer ließ er offen, dann legte er sich erschöpft auf die Erde.
So verging etwa eine Stunde. Tom schlief nicht ein; er merkte, wie es dämmerig und dann dunkel wurde, und ihm fiel ein, daß er keine Taschenlampe bei sich hatte. Er stand auf und nahm die Schaufel, doch ein weiterer Schlag auf den Schädel nützte so wenig wie zuvor. Auch mit dem Fuß würde er nichts erreichen, das wußte er. Es mußte schon ein schwerer Stein sein. Er fand einen Felsstein und rollte ihn zum Feuer. Mit neu und heftig aufflammender Energie hob er ihn auf und ließ ihn schwer auf den Schädel fallen. Da lag der Stein: er hatte den Schädel unter sich zermalmt. Tom schob den Stein mit der Schaufel weg und trat schnell einen Schritt zurück; die rosige Feuersglut war noch immer sehr heiß. Er stocherte darin herum und holte mit der Schaufel ein seltsames Gemisch aus Knochen und den Resten des Oberkiefers heraus.
Jetzt hatte er etwas zu tun, das erleichterte ihn. Er fing an, die Feuerstelle ein wenig zu ordnen. Hinsichtlich der länglichen Form, die da lag, war er ganz optimistisch, sie sah gar nicht mehr menschlich aus. Er kehrte zu der Grube zurück, einem schmalen Graben, den er bald auf fast drei Fuß vertieft hatte. Dann nahm er die Schaufel und rollte das qualmende Etwas in die Vertiefung, die er gegraben hatte. Hin und wieder schlug er mit der Schaufel kleine züngelnde Flammen am Erdboden aus. Bevor er das Skelett eingrub, sah er noch einmal nach, ob er auch den Oberkiefer zurückbehalten hatte. Ja, er war da. Er grub die Leichenreste ein und deckte sie mit Erde zu. Ein paar blasse Rauchfähnchen stiegen noch durch die welken Blätter auf, die er zuletzt darüberhäufte. Er riß ein Stück Zeitungspapier aus dem Innern des Koffers los, legte das Knochenhäufchen und den Oberkiefer darauf, nahm dann auch den Unterkiefer und legte ihn dazu.
Er trat den Rest des Feuers aus und vergewisserte sich, daß die Asche nicht noch einmal auflebte und unter den Bäumen das Holz in Brand setzte. Um das zu

Weitere Kostenlose Bücher