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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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holte das Benzin und goß die Hälfte über den Regenmantel, so daß er ganz durchtränkt war. Er beschloß, lieber noch mehr Holz zu holen und es obenauf zu legen, bevor er alles anzündete.
Er strich ein Streichholz an und warf es aus einiger Entfernung auf den Haufen. Sofort sprangen gelbweiß die hellen Flammen auf. Er kniff die Augen halb zu und suchte sich einen Platz ein paar Schritte entfernt. Das Holz prasselte und knackte. Er blickte nicht hin.
Nichts Lebendes war in Sicht. Keinen Vogel sah man fliegen.
Tom ging noch einmal los, um mehr Holz zu sammeln. Zu viel konnte es nicht werden, dachte er. Der Rauch war blaß, aber ganz dicht.
Auf der Straße fuhr ein Wagen vorbei; dem Motorengeräusch nach mußte es ein Lastwagen sein. Tom konnte ihn nicht sehen, die Bäume waren dazwischen. Das Geräusch verklang; hoffentlich hatte der Fahrer nicht angehalten, um sich umzusehen. Doch drei oder vier Minuten lang geschah gar nichts, sicher war der Mann weitergefahren. Ohne Bernards Überreste anzusehen, schob Tom mit einem langen Stock ein paar Zweige näher an die Flammen heran. Er war nicht zufrieden mit sich, das alles war im Grunde ungeschickt; das Feuer war nicht heiß genug – nicht annähernd so stark wie die intensive Hitze, in der man sonst Leichen richtig verbrannte. Alles, was er tun konnte, war, daß er das Feuer so lange wie irgend möglich brennen ließ. Es war jetzt siebzehn Minuten nach zwei. Allerhand Hitze strahlte das Feuer schon aus, das lag an dem überhängenden Felsen. Er mußte noch mehr Zweige auflegen; das tat er stetig mehrere Minuten lang. Als die Flammen etwas kleiner wurden, konnte er etwas näher herantreten, die halbverbrannten Zweige aufheben und sie ins Feuer zurückwerfen. Die Benzinkanne war auch noch halb voll.
Methodisch und sorgfältig holte er noch einmal Holz herbei, diesmal aus größerer Entfernung, und häufte es zum letztenmal auf. Dann warf er den Benzinkanister auf den toten Körper, der immer noch Ähnlichkeit hatte mit einer menschlichen Gestalt; das war schlimm. Der Regenmantel und die Hose waren jetzt verbrannt, nicht aber die Schuhe. Die Haut, soweit er sie sehen konnte, war schwarz, aber nicht verbrannt, nur verkohlt; sie rauchte. Der Benzinkanister gab einen dumpfen trommelartigen Ton von sich, explodierte aber nicht. Die ganze Zeit horchte Tom mit halbem Ohr nach Schritten oder knakkenden Zweigen im Wald. Es war immerhin möglich, daß jemand den Rauch sah und dann herkam. Schließlich trat er ein paar Schritte zurück, zog den Regenmantel aus und hängte ihn sich über den Arm; dann setzte er sich mit dem Rücken zum Feuer auf den Boden. Gut zwanzig Minuten wollte er verstreichen lassen. Die Knochen verbrannten nicht und zerfielen auch nicht, das wußte er. Er brauchte also ein neues Grab, und dazu war eine Schaufel nötig. Die mußte er irgendwo kaufen – nein, stehlen war ratsamer.
Als er endlich den Scheiterhaufen ansah, war er schwarz und umringt von rotglosender Holzkohle, die er in die Mitte zurückschob. Der Körper war ein Körper geblieben; hier war die Einäscherung mißlungen. Sollte er die Sache lieber heute hinter sich bringen oder morgen zurückkommen? Nein, besser heute, wenn es lange genug hell blieb, damit er sehen konnte, was er da tat. Was er jetzt brauchte, war etwas zum Umgraben. Er nahm wieder den langen Stock und stieß die Leiche an; sie kam ihm weich und gallertartig vor. Er nahm den Koffer und stellte ihn unter einer Baumgruppe flach auf den Boden.
Eilig lief er den Abhang hinauf bis zur Straße. Der Geruch des Rauchs war widerlich, er hatte schon minutenlang nicht richtig Atem geholt. Wie lange würde es dauern, bis er eine Schaufel fand? – vielleicht eine Stunde, länger nicht. Er hatte das Bedürfnis, sich irgendeinen Plan, ein System vorzunehmen; er kam sich im Augenblick so völlig verloren und ratlos vor. Mit leeren Händen, ohne den Koffer, ging er die Straße hinunter. Nach einer Weile erreichte er die Häuserreihe in der Nähe des Cafés, in dem Bernard seinen Rotwein getrunken hatte. Da gab es ein paar saubere Gärten, auch mehrere eingeglaste Treibhäuser, aber nirgends lehnte ein Spaten oder eine Schaufel an der Mauer.
»Grüß Gott«, sagte ein Mann, der seinen Garten umgrub. Er hielt genau die Art von schmalem scharfem Spaten in der Hand, die Tom brauchte.
Tom erwiderte den Gruß.
Jetzt sah er eine Bushaltestelle, die ihm gestern nicht aufgefallen war; ein junges Mädchen ging darauf zu, in Richtung auf Tom. Der Bus

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