Ripley Under Ground
aufmerksam zu. Es ging darum, daß Derwatt in den letzten fünf Jahren oder so (das hieß also, dachte Tom, tatsächlich vor seinem Tode, also hatte Derwatt damit angefangen und nicht Bernard) eine Mischung von Ultramarin und Cadmiumrot verwendet hatte und daß er in der ›Uhr‹ und auch in der ›Wanne‹ zu dem klaren Kobaltlila zurückgekehrt war, das früher zu seinen Bildern gehört hatte. Murchison malte selbst, als Hobby, erklärte er Tom.
»Ich bin ja kein Fachmann, wissen Sie, aber ich glaube, ich habe jedes Buch über Maler und Malerei gelesen, das es gibt. Man braucht auch keinen Fachmann und kein Mikroskop, um den Unterschied zwischen einer Unifarbe und einer mehrfarbigen Mischung festzustellen. Aber ich behaupte, es gibt keinen Maler, der eine Farbe wieder aufnimmt, die er einmal – bewußt oder unbewußt – aufgegeben hat. Ich sage unbewußt, denn ein Maler, der sich zu einer neuen Farbe oder mehreren neuen Farben entschließt, tut das meistens unbewußt. Natürlich bringt Derwatt nicht in jedes Bild diese Lavendeltönung hinein, das ist ja selbstverständlich. Aber ich bin überzeugt, daß meine ›Uhr‹ und vielleicht auch noch einige andere Bilder keine Derwatts sind – übrigens auch ›Die Wanne‹ nicht, für die Sie sich interessieren.«
»Das ist interessant, was Sie da sagen. Sehr interessant sogar. Denn es paßt auch zu meinem Bild, ›Mann im Sessel‹ glaube ich. Das ist jetzt ungefähr vier Jahre alt. Ich hätte sehr gern, daß Sie es mal ansehen. Und was wollen Sie nun tun mit Ihrer ›Uhr‹?«
Murchison zündete sich eine von seinen Chesterfields an. »Ich bin noch nicht fertig. Vorhin habe ich nämlich gerade hier in der Bar einen Engländer gesprochen, er heißt Bernard Tufts, ebenfalls ein Maler, und der scheint mir in bezug auf Derwatt den gleichen Verdacht zu haben.«
Tom runzelte die Stirn. »Nein, wirklich? Das wäre natürlich eine ernste Sache, wenn jemand da falsche Derwatts herstellte. Was hat denn der Mann gesagt?«
»Ich habe das Gefühl, daß er mehr weiß, als er sagt. Daß er da mit drinsteckt, das glaube ich nicht – er sieht nicht aus wie ein Schwindler und scheint auch nicht viel Geld zu haben. Aber den Londoner Kunstmarkt scheint er zu kennen. Er hat mich bloß – gewarnt und gesagt: ›Mr. Murchison, kaufen Sie keine Derwatts mehr.‹ Was halten Sie davon?«
»Hm-m. Aber was hat er für Gründe?«
»Ich sagte ja schon, das weiß ich nicht. Mehr konnte ich nicht aus ihm herauskriegen. Aber er hat sich immerhin die Mühe gemacht, mich hier aufzusuchen, und er sagte, er habe acht Hotels in London angerufen, bis er mich hier fand. Ich fragte ihn, woher er meinen Namen wüßte, und er sagte: ›Ach, so etwas spricht sich rum.‹ Komisch. Die Leute von der Galerie Buckmaster sind die einzigen Leute hier, mit denen ich überhaupt gesprochen habe. Merkwürdig, finden Sie nicht? Für morgen bin ich mit einem Mann von der Tate Galerie verabredet, aber dem habe ich auch noch nichts davon gesagt, daß es sich um einen Derwatt handelt.« Murchison nahm einen Schluck von seinem Whisky. »Bei der Verschiffung der Bilder in Mexiko – wissen Sie, was ich morgen noch tun werde, außer daß ich Mr. Riemer ›Die Uhr‹ vorführe? Ich werde ihn fragen, ob einer von uns, er oder ich, das Recht hat, die Eingangsbelege der Buckmaster-Leute einzusehen, wo die in Mexiko abgesandten Bilder angegeben sein müssen. Die Titel sind mir nicht weiter wichtig, Derwatt sagte mir auch, daß er die Bilder gar nicht immer selbst benennt. Mich interessiert die Anzahl der Bilder. Sie müssen doch bestimmt durch den Zoll gehen, und wenn einige Bilder da nicht aufgeführt sind, dann gibt es einen Grund dafür. Es wäre doch wirklich allerhand, wenn Derwatt hier selbst zum Narren gehalten würde und ein paar von den Bildern – zum Beispiel die, die angeblich vier oder fünf Jahre alt sind – hier in London gemalt worden wären, finden Sie nicht?«
Ja, dachte Tom. Das wäre allerhand. »Aber Sie sagten doch, Sie hätten mit Derwatt gesprochen. Haben Sie denn nichts von Ihrem Bild gesagt?«
»Ich hab´s ihm gezeigt! Er sagte, es wäre seins, aber ich hatte das Gefühl, er war nicht ganz sicher. Er hat nicht gesagt: ›Na bei Gott, das ist meins!‹ Er betrachtete es ein paar Minuten lang, und dann sagte er: ›Ja, natürlich ist das meins.‹ Es war vielleicht reichlich kühn von mir, aber ich sagte, ich hielte es für möglich, daß er ein paar Bilder vergessen habe, vielleicht eins ohne Namen, das
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