Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
mit einigen Kunstbüchern seines Gastgebers in sein Zimmer zurück.
In seinem Zimmer holte Tom die Zahnpastatube aus der Schublade und versuchte, das untere Ende mit dem Daumennagel zu öffnen, was jedoch mißlang. Er ging in das Zimmer, wo er malte, und holte eine Zange von seinem Arbeitstisch, mit der er, als er wieder in seinem Zimmer stand, die Tube aufschnitt. Ein kleiner schwarzer Zylinder kam heraus. Natürlich: ein Mikrofilm. Ob man ihn abspülen durfte? Lieber nicht; er wischte ihn nur mit einem Kleenextuch ab. Er roch nach Pfefferminz. Einen Umschlag adressierte er an:
    M. Jean-Marc Cahannier 16 rue de Tison Paris IX, verpackte den Zylinder in einigen Bogen Schreibpapier und steckte alles zusammen in den Umschlag. Er schwor sich dabei, mit diesen Albernheiten aufzuhören; so etwas war doch entwürdigend. Das konnte er Reeves auch sagen, ohne ihn zu kränken. Reeves hatte die merkwürdige Idee, daß ein Gegenstand um so sicherer war, je öfter er den Besitzer wechselte. Die Mentalität eines Hehlers. Aber es mußte ihn doch allerhand Geld kosten, all diese Leute zu bezahlen, selbst wenn er ihnen nicht allzuviel gab. Oder ob manche Leute anstelle einer Bezahlung Reeves um einen Gegendienst ersuchten?
Tom zog seinen Pyjama und Hausmantel an, warf einen Blick in die Diele und war erleichtert, als er unter Edoardos Tür kein Licht mehr sah. Ruhig ging er in die Küche hinunter. Zwischen der Küche und Mme. Annettes Schlafzimmer gab es zwei Türen, denn hinter der Küche lag eine kleine Diele mit dem Dienstboteneingang. Sie würde ihn also kaum hören und auch das Licht in der Küche sicher nicht sehen. Tom holte sich ein kräftiges graues Putztuch und eine Dose Ajax, nahm eine Glühbirne aus dem Schrank und steckte sie in die Tasche. Dann stieg er hinab in den Keller. Ihn fröstelte. Jetzt fiel ihm ein, daß er eine Taschenlampe brauchte und außerdem einen Stuhl zum Draufsteigen; er trabte also zurück in die Küche und holte sich einen der Hocker, die zum Küchentisch gehörten. Eine Taschenlampe nahm er aus der Tischschublade in der Diele.
    Er hielt die Lampe unter dem Arm fest, nahm die zerbrochene Birne aus der Fassung und setzte die neue ein. Jetzt war es hell im Keller. Murchisons Schuhe waren immer noch sichtbar. Entsetzt sah Tom die durch rigor mortis ausgestreckten Beine. Er war doch nicht etwa noch am Leben? Tom mußte sich vergewissern, sonst hätte er in der Nacht kein Auge zutun können, das wußte er. Mit dem Fingerrücken befühlte er Murchisons Hand. Das genügte: sie war kalt und steif. Tom zog den grauen Lappen über Murchisons Schuhe.
    In einer Ecke war ein Waschbecken mit kaltem Wasser. Tom machte das Putztuch naß und begann mit der Arbeit. Das Tuch färbte sich, er wusch es aus, aber der Fleck auf dem Fußboden änderte sich nicht viel. Vielleicht war es jetzt die Nässe, die ihn so dunkel machte. Na schön, wenn Mme. Annette ihm Fragen stellte, so konnte er sagen, er habe eine Weinflasche fallen lassen. Er sammelte die letzten kleinen Glasscherben von der zerbrochenen Glühbirne und der Weinflasche auf, spülte vorsichtig das Tuch im Waschbecken aus, holte die Glasstückchen aus dem Abflußsieb und steckte sie in die Tasche seines Hausmantels. Noch einmal bearbeitete er den Fußboden mit dem Tuch. Dann stieg er die Kellertreppe hinauf und vergewisserte sich im helleren Licht der Küche, daß das Tuch jetzt so gut wie keine rötliche Färbung mehr aufwies. Er legte es auf das Abflußrohr unter dem Spültisch.
    Aber die Leiche war noch da. Was zum Teufel sollte er damit machen? Wenn er den Keller abschloß, bis er morgen Edoardo an die Bahn gebracht hatte – würde das nicht komisch aussehen, wenn Mme. Annette hineinwollte? Außerdem besaß sie auch selbst einen Schlüssel und ebenso einen zu der Außentür, die ein anderes Schloß hatte. Vorsichtshalber holte Tom eine Flasche Rosé und zwei Margaux und stellte alles auf den Küchentisch. Zuweilen war ein Leben ohne Bedienung angenehmer.
    Beim Zubettgehen – Tom war müder als am Abend zuvor – überlegte er, ob er Murchison in ein Faß stecken sollte. Aber zum Festmachen der Reifen brauchte man nachher sicher einen Küfer. Außerdem mußte Murchison wohl in irgendeiner Flüssigkeit liegen, sonst würde er in dem leeren Faß hin- und herkollern. Und wie sollte er das allein schaffen, Murchison in dem Faß fortzubringen? Ausgeschlossen.
    Tom dachte an den Koffer und ›Die Uhr‹ im Flughafen. Sicher hatte jemand inzwischen beides vom

Weitere Kostenlose Bücher