Ripley Under Ground
darin ließ. Bei der anderen Tasche, auf der Murchison lag, war es schwieriger, denn Murchison war steif wie eine Statue und schien auch ebensoviel zu wiegen. In der linken Tasche war nichts. Die Hosentaschen enthielten nur ein paar französische und englische Münzen, die Tom nicht herausnahm. Auch die beiden Ringe an den Fingern ließ er ihm. Falls Murchison hier, auf Toms Grundstück gefunden wurde, gab es keinerlei Zweifel über seine Identität, denn Mme. Annette hatte ihn ja gekannt. Tom verließ den Keller und drehte oben an der Treppe das Licht aus.
Dann nahm er ein Bad und war gerade fertig, als das Telefon klingelte. Er stürzte hin in der Erwartung oder sogar Hoffnung, es möchte Jeff sein, mit guten Nachrichten – aber was für gute Nachrichten konnte es schon geben?
»´Ello, Tome? Hier ist Jacqueline. Wie geht´s?«
Es war eine Nachbarin, Jacqueline Berthelin, die mit ihrem Ehemann Vincent ein paar Kilometer entfernt in einer Stadt wohnte. Sie wollte ihn für Donnerstag zum Abendessen einladen, zu dem sie auch ›les Clegg‹ gebeten hatte, ein englisches Ehepaar in mittleren Jahren, das Tom kannte. Sie wohnten in der Nähe von Melun.
»Ach, Jacqueline, das ist Pech. Ich erwarte einen Gast, einen jungen Mann aus Amerika.«
»Bringen Sie ihn mit. Wir freuen uns.«
Tom versuchte sich herauszuwinden, was ihm nicht ganz gelang. Er sagte, er werde in zwei Tagen zurückrufen und Bescheid geben, da er nicht genau wisse, wie lange der amerikanische Freund bleiben wollte.
Er ging gerade aus dem Zimmer, als das Telefon wieder klingelte. Diesmal war es Jeff, der vom Strand Palace Hotel aus telefonierte, wie er sagte. »Wie steht´s bei dir?« fragte er.
»O danke, gut«, sagte Tom lächelnd und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, als mache er sich nicht das geringste daraus, daß unten eine Leiche im Keller lag, ein Mann, den er umgebracht hatte, um die Firma Derwatt Ltd. zu retten. »Und wie geht´s bei euch?«
»Wo ist Murchison? Noch bei dir?«
»Er ist gestern nachmittag nach London geflogen. Aber ich glaube nicht, daß er noch – daß er noch mit dem Mann von der Tate Galerie reden wird. Bestimmt nicht.«
»Hast du ihn davon abgebracht?«
»Ja.«
Jeffs tiefer Seufzer der Erleichterung war über den Ärmelkanal hörbar. »Mensch, Tom – fabelhaft. Du bist ein Genie.«
»Sag nur allen, sie sollen sich beruhigen. Vor allem Bernard.«
»Ja, du – das ist eben unser Problem. Sagen werd ich´s ihm gern, natürlich. Er ist so – er ist deprimiert. Wir wollen ihn gern dazu bringen, irgendwohin zu fahren, nach Malta oder sonstwohin, bis die Ausstellung vorüber ist. Er ist immer so, bei jeder Ausstellung, aber diesmal ist es schlimmer, weil – na, du weißt ja.«
»Was macht er?«
»Ach – er bläst einfach Trübsal. Wir haben sogar Cynthia angerufen; ich dachte mir, sie mag ihn ja immer noch, weißt du. Natürlich haben wir ihr von diesem – von diesem Damoklesschwert nichts gesagt«, fügte Jeff eilig hinzu. »Wir haben sie einfach gefragt, ob sie sich nicht etwas um ihn kümmern könnte.«
»Ich nehme an, sie hat abgelehnt.«
»Ja, du hast recht.«
»Weiß Bernard, daß ihr mit ihr gesprochen habt?«
»Ja, Ed hat es ihm gesagt. Ich weiß, ich weiß, es war vielleicht falsch.«
Tom wurde ungeduldig. »Könnt ihr nicht zusehen, daß Bernard sich wenigstens ein paar Tage lang ruhig verhält?«
»Wir geben ihm schon Beruhigungsmittel. Ganz milde. Heute nachmittag habe ich ihm eins in den Tee getan.«
»Willst du ihm sagen, daß Murchison auch – beruhigt ist?«
Jeff lachte. »Mach ich, Tom. – Was will er eigentlich in London?«
»Er hat da einiges zu tun, sagte er. Und dann fährt er ja zurück nach Amerika. Jeff, hör zu: ruf mich in den nächsten Tagen nicht an, ja? Ich weiß auch gar nicht, ob ich zu Hause bin.«
Die paar Telefongespräche, die er mit Jeff geführt hatte, konnte er – falls die Polizei sie wirklich nachprüfen sollte – wohl mit der Erklärung entkräften, daß er daran gedacht habe, ›Die Wanne‹ zu kaufen, und deshalb mit der Galerie Buckmaster verhandelt habe.
Später am Abend ging Tom in den Schuppen und holte ein Stück Segeltuch und einen Strick. Während Mme. Annette in der Küche aufräumte, wickelte Tom Murchisons Leiche in die Stoffbahn ein und band das Seil so, daß er das Bündel daran tragen konnte. Der Körper war sperrig, er glich einem Baumstamm und wog noch mehr, fand Tom. Er schleppte ihn bis zur Kellertreppe. Etwas wohler war ihm zwar jetzt, da die Leiche
Weitere Kostenlose Bücher