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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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weglassen.«
    »Ach, David! Spielchen – mit Mr.   Ripley?« Janice wand sich, offenbar peinlich berührt, doch sie grinste dabei, den Kopf auf die Seite gelegt. »Mr.   Ripley mag keine Spiele!« Sie klang wieder schrill.
    »Mr.   Ripley hat jede Menge für Spiele übrig.« Pritchard saß nun kerzengerade auf dem Sofa; Tom bemerkte seine kräftigen Schenkel, die großen, in die Hüften gestützten Hände. »Sie kämen jetzt nicht weg, wenn wir das nicht wollten. Außerdem kann ich Judo.«
    »Soso.« Rund sechs Meter, dachte Tom, bis zur Tür hinter ihm, durch die er gekommen war (der Haustür?). Er hatte keine Lust, sich mit Pritchard zu prügeln, würde sich aber wehren, sollte es zum Kampf kommen. Er könnte etwa den schweren Aschenbecher nehmen, der zwischen ihnen stand: Ein Schlag gegen die Stirn, das hatte damals Freddie Miles in Rom erledigt, und zwar ein für allemal. Ein einziger Schlag, und Freddie war tot. Tom musterte Pritchard: ein Langweiler, ein übergewichtiger, mittelmäßiger, hundsgemeiner Langweiler. »Ich muß gehen. Vielen Dank, Janice. Und Ihnen, Mr.   Pritchard.« Lächelte und drehte sich um.
    Tom hörte nichts von hinten. Als er sich in der Tür zur Diele noch einmal umdrehte, schlenderte Pritchard nur lässig hinter ihm her, als habe er sein Spiel vergessen. Janice lief ihm nervös nach. »Finden Sie beide in der Gegend hier alles, was Sie brauchen?« fragte Tom. »Supermarkt, Heimwerkerladen? Moret ist immer noch am besten fürs Einkaufen. Jedenfalls am nächsten.« Sie stimmten ihm zu.
    »Hören Sie je von den Greenleafs?« fragte Pritchard und warf den Kopf in den Nacken, wie um größer zu wirken.
    »Hin und wieder, ja.« Toms Miene blieb ausdruckslos. »Sie kennen Mr.   Greenleaf?«
    »Welchen von beiden?« fragte Pritchard zurück. Ein Scherz, doch ein grober.
    »Dann also nicht.« Tom blickte hinauf zu dem geriffelten Oval an der Wohnzimmerdecke, wo sich das Wasser spiegelte. Die Sonne war schon fast hinter den Bäumen verschwunden.
    »So groß, daß man bei Regen darin ertrinken könnte!« Janice war sein Blick nicht entgangen.
    »Wie tief ist der Teich?«
    »Oh, etwa anderthalb Meter«, entgegnete Pritchard. »Schlammiger Untergrund, glaube ich. Nichts zum Herumplanschen.« Er grinste, zeigte seine kleinen, ebenmäßigen Zähne.
    Das Grinsen hätte freundlich und arglos sein können, doch Tom kannte ihn inzwischen besser. Er ging die Stufen zum Rasen hinunter. »Danke Ihnen beiden. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.«
    »Bestimmt! Danke, daß Sie da waren«, sagte Pritchard.
    Spinner, dachte Tom auf der Fahrt nach Hause. Oder hatte er inzwischen gar keine Ahnung mehr, was in Amerika vorging? Ob in jedem kleinen Kaff in den Staaten ein Paar wie die Pritchards mit ihren komischen Komplexen lebte? So wie es dort Siebzehn-, Achtzehnjährige gab, die sich Hüftumfänge von zwei Metern und mehr anfraßen? Vor allem in Florida und Kalifornien, hatte Tom irgendwo gelesen. Nach ihren Freßorgien fielen sie ins andere Extrem, begannen eine drakonische Diät, und sobald sie zum Skelett abgemagert waren, begann der ganze Kreislauf von vorn. Vermutlich eine Art von Selbstbesessenheit.
    Das Tor stand offen, und Toms Wagen rollte auf den beruhigend knirschenden grauen Kies von Belle Ombres Einfahrt, dann weiter in die Garage zur Linken, wo Tom ihn neben dem roten Mercedes parkte.
    Noëlle Hassler und Héloïse saßen im Wohnzimmer auf dem gelben Sofa. Noëlles Lachen klang laut und fröhlich wie immer. Heute abend trug sie keine Perücke, sondern zeigte ihr langes, glattes dunkles Haar. Sie trug gerne Perücken, als Verkleidung sozusagen. Tom wußte nie, was ihn erwartete.
    »Mesdames – bonsoir«, sagte er. »Wie geht es dir, Noëlle?«
    »Bien, merci. Et toi?«
    »Wir sprechen über das Leben«, bemerkte Héloïse auf englisch.
    »Aha, die Frage aller Fragen.« Auf französisch fuhr er fort: »Hoffentlich mußtet ihr nicht mit dem Essen warten?«
    »Mais non, chéri!« sagte Héloïse.
    Tom liebte den Anblick ihres schlanken Körpers auf dem Sofa – ihr linker, bloßer Fuß ruhte auf dem rechten Knie. Was für ein Gegensatz zu der angespannten, verkrümmten Janice Pritchard! »Ich würde nämlich gern vor dem Essen noch einen Anruf erledigen, wenn das geht.«
    »Tu das nur«, sagte Héloïse.
    »Entschuldigt mich.« Tom drehte sich um, ging die Treppe hinauf in sein Zimmer und wusch sich im Bad die Hände, wie üblich nach einer unangenehmen Episode wie der soeben überstandenen.

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