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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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nicht zu Hause und abends auch nicht. Habe den Laden geschlossen. Großer Auftrag in Aussicht, ist weiter weg von hier, werde dorthin gefahren.
    J.
    Die Nachricht war nicht gerade ausführlich und ganz und gar untypisch für ihn. Aber schlimmer als am Morgen konnte es auch nicht mehr kommen.
    Jonathan ging zurück in den Laden, warf sich seinen alten Regenmantel über und steckte die italienische Pistole in die Tasche. Kaum stand er wieder draußen, fuhr der grüne Renault vor. Tom hielt nur ganz kurz, öffnete die Tür, und Jonathan stieg ein.
    »Hallo«, sagte Tom. »Wie geht’s?«
    »Zu Hause?« Unwillkürlich sah Jonathan sich nach Simone um, die irgendwo hier aufkreuzen konnte. »Leider nicht so gut.«
    [272]  Was Tom nicht überraschte. »Aber Ihnen geht’s gut?«
    »Ja, danke.«
    Tom bog am Prisunic rechts in die Rue Grande ab. »Die haben mich wieder angerufen«, sagte er. »Oder besser, meine Haushälterin. Genau wie beim ersten Mal, falsch verbunden, sie hat keinen Namen genannt, aber es macht mir Sorgen. Übrigens habe ich sie und meine Frau weggeschickt. Mein Gefühl sagt mir, daß etwas passieren könnte. Also habe ich mich an Sie gewandt, damit Sie mit mir die Stellung halten. Da ist niemand, den ich sonst fragen könnte. Ich habe Angst, die Polizei um Schutz zu bitten. Sollte die bei meinem Haus ein paar Mafiamänner aufgreifen, müßte ich natürlich unangenehme Fragen beantworten, was die dort verloren hätten.«
    Jonathan verstand.
    »Wir sind noch nicht da.« Tom fuhr am Denkmal vorbei und nahm die Straße nach Villeperce. »Sie können es sich also noch anders überlegen. Ich fahre Sie gern wieder zurück. Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, wenn Sie nicht mitmachen wollen. Es kann gefährlich werden, vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls ist es leichter für zwei als für einen, Wache zu halten.«
    »Verstehe.« Jonathan war wie gelähmt.
    »Ich will nur mein Haus nicht allein lassen.« Tom fuhr nun schneller. »Ich will nicht, daß es in Flammen aufgeht oder eine Bombe in ihm explodiert wie in Minots Wohnung. Er ist übrigens jetzt in Ascona. Sie haben ihn in Amsterdam aufgespürt, er mußte weg.«
    »Ach ja?« Einen Augenblick lang spürte Jonathan panische Angst. Ihm wurde übel. Um ihn schien alles [273]  zusammenzubrechen. »Haben Sie… Ist Ihnen rings um das Haus irgendwas aufgefallen?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Tom nonchalant, die Zigarette lässig in den Mundwinkel geklemmt.
    Noch konnte er aussteigen, dachte Jonathan. Jetzt, sofort. Er brauchte nur zu sagen, daß er sich dem nicht gewachsen fühle, daß er ohnmächtig werden könne, sollte es hart auf hart gehen. Dann konnte er in die Sicherheit seines eigenen Hauses zurückkehren. Er atmete tief durch und kurbelte das Fenster weiter herunter. Er wäre ein Mistkerl, wenn er das täte, ein Feigling und ein Schwein. Versuchen konnte er es wenigstens, das schuldete er Tom. Und warum sollte ihm jetzt auf einmal so viel an der eigenen Sicherheit liegen? Jonathan lächelte dünn. Er fühlte sich schon besser. »Ich habe Simone von der Wette auf mein Leben erzählt. Sie hat es nicht geschluckt.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Dasselbe wie zuvor. Sie glaubt mir nicht. Schlimmer noch, sie hat uns gestern irgendwo zusammen gesehen. Nun glaubt sie, ich würde für Sie Geld verwahren. Schmutziges Geld, verstehen Sie?«
    »Ja.« Tom begriff. Aber verglichen mit dem, was Belle Ombre, ihm und womöglich auch Jonathan zustoßen konnte, schien es ihm nicht weiter wichtig. »Ich bin kein Held, wissen Sie«, sagte er unvermittelt. »Wenn die Mafia mich erwischt und etwas aus mir herausprügeln will, wäre ich wohl kaum so tapfer wie Fritz.«
    Jonathan sagte nichts. Er spürte, daß Tom genausowenig wohl war in seiner Haut wie ihm gerade eben.
    Es war ein besonders schöner Tag mit strahlendem [274]  Sonnenschein und einer klaren, sommerhellen Luft. Schade, an einem solchen Tag arbeiten zu müssen, drinnen eingesperrt zu sein, so wie Simone am Nachmittag. Natürlich brauchte sie gar nicht mehr ins Geschäft zu gehen, das hatte er ihr schon seit Wochen sagen wollen.
    Sie erreichten Villeperce, eines dieser ruhigen Dörfer, in denen es oft nur einen Metzger und einen Bäcker gab.
    »Das ist Belle Ombre.« Tom wies mit dem Kopf auf ein Türmchen mit kleiner Kuppel, das sich über ein paar Pappeln erhob.
    Das Dorf lag vielleicht einen halben Kilometer hinter ihnen. An der Straße standen vereinzelte große Häuser. Belle Ombre sah aus wie ein

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