Riptide - Mörderische Flut
Speicher unseres Hauses versteckt, wo sie wohl der Vernichtungsaktion meines Vaters entgangen sind. In einigen der Dokumente wird das St.-Michaels-Schwert erwähnt, und zwar als eine schreckliche Waffe, welche die spanische Regierung gegen Red Ned Ockham einzusetzen gedachte. Weil es in den Papieren noch einige weitere beunruhigende Hinweise gab, habe Ich eine Bekannte gebeten, sich in Cádiz eingehend über die Geschichte des Schwertes zu informieren.«
Neidelman blickte auf den schlammigen Boden vor seinen Füßen und schürzte die Lippen. »Diese Dokumente könnten möglicherweise wichtige Informationen enthalten, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Es überrascht mich, daß Sie diesen Schritt nicht vorher mit mir abgesprochen haben.«
»Meine Bekannte hat das hier gefunden.« Hatch zog aus seinem Jackett ein Blatt Papier heraus, das er Neidelman reichte.
Der Kapitän warf einen raschen Blick darauf. »Das ist altes Spanisch«, meinte er stirnrunzelnd.
»Darunter finden Sie die Übersetzung meiner Bekannten.«
Neidelman gab Hatch das Blatt zurück. »Erzählen Sie mir, was drin steht«, sagte er schroff.
»Es handelt sich um das Fragment eines Dokuments, das die ursprüngliche Entdeckung des St.-Michaels-Schwerts beschreibt.«
Neidelman hob die Augenbrauen. »Tatsächlich?«
»In einer Zeit, als die Pest in Spanien wütete, verließ ein Kaufmann, aus Cádiz mit seiner Familie seine Heimat und segelte quer über das Mittelmeer an die nordafrikanische Berberküste, wo er in einer unbewohnten Gegend an Land ging. Auf den Ruinen einer alten römischen Siedlung errichtete er ein Lager, in dem er leben wollte, bis die Pest in seinem Heimatland zum Erliegen gekommen sein würde. Ein paar Berber, mit denen die Spanier sich angefreundet hatten, warnten die Fremden davor, sich einer Tempelruine zu nähern, die sich auf einem etwas entfernten Hügel befand und auf der angeblich ein Fluch lastete. Die Berber wiederholten ihre Warnung mehrmals, aber gegen Ende seines Aufenthalts, als die Pest in Spanien langsam abzuflauen begann, beschloß der Kaufmann, dem Tempel doch noch einen Besuch abzustatten. Vielleicht dachte er, daß die Berber dort etwas Wertvolles vor ihm versteckt hielten, und er wollte nicht fahren, ohne sich dort wenigstens einmal umgesehen zu haben. Wie es scheint, hat er in der Ruine einen Altar gefunden, hinter dem eine Marmorplatte in den Boden eingelassen war. Darunter befand sich ein alter versiegelter Metallbehälter mit einer lateinischen Inschrift, die besagte, daß darin ein Schwert enthalten sei -die tödlichste aller Waffen. Selbst sein Anblick bedeute bereits den sicheren Tod. Der Kaufmann ließ den Behälter zu seinem Schiff bringen, aber als er ihn öffnen wollte, weigerten sich die Berber, ihm dabei zu helfen, und vertrieben ihn von ihrer Küste.«
Neidelman starrte weiterhin auf den Boden.
»Ein. paar Wochen später fand man am 29. September - am Michaelstag also - das Schiff des Kaufmanns steuerlos auf dem Mittelmeer treibend. In den Rahen hockten die Geier, und alle an Bord waren tot. Der Behälter war verschlossen, das bleierne Siegel jedoch erbrochen. Man brachte das Schiff zurück nach Cádiz, wo der Behälter in ein Kloster kam. Die Mönche lasen seine Inschrift und das Logbuch des Kaufmanns und kamen zu dem Schluß, daß es sich bei dem Behälter um ein Ding handelte, das -und jetzt zitiere ich aus der Übersetzung meiner Bekannten -, ›die Hölle selber ausgespuckt hat‹ Sie versahen ihn mit frischen Siegeln und verwahrten ihn in den Katakomben unter der Kathedrale der Stadt. Das Dokument endet mit der Feststellung, daß die Mönche, die den Behälter angefaßt hatten, bald darauf erkrankten und starben.«
Jetzt erst blickte Neidelman auf und sah Hatch in die Augen.
»Und was hat das mit unserer momentanen Arbeit zu tun?«
»Sehr viel«, antwortete Hatch.
»Dann klären Sie mich gefälligst darüber auf!«
»Wo auch immer das St.-Michaels-Schwert bisher aufgetaucht ist, sind Menschen gestorben. Erst die Familie des Kaufmanns, dann die Mönche. Und als Ockham es in seinen Besitz brachte, starben achtzig seiner Piraten hier auf dieser Insel, und sechs Monate später wurde sein Schiff voller Toter auf dem Meer treibend gefunden, genauso wie das des Kaufmanns aus Cádiz Jahrhunderte zuvor.«
»Eine interessante Geschichte, das gebe ich zu«, sagte Neidelman, »aber ich finde nicht, daß sie es wert war, ihretwegen unsere Arbeit zu unterbrechen. Wir befinden
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