Riptide - Mörderische Flut
einer Hand Ihren kümmerlichen Arsch versohlen.«
Streeter nahm die Pistole aus Rankins Gesicht, senkte sie und feuerte. Bonterre sah, wie Blut gegen die Schachtwand spritzte und der Geologe seine linke Hand vom Geländer nahm, auf die Knie fiel und vor Schmerz und Wut aufheulte. Zeige- und Mittelfinger der linken Hand hingen an ein paar Hautfetzen lose herunter. Als Streeter anfing, Rankin mit dem Stiefelabsatz ins Gesicht zu treten, stürzte sich Bonterre mit einem Schrei auf den Vorarbeiter.
Auf einmal drang ein lautes Rumpeln aus der Tiefe des Schachtes, dem Sekundenbruchteile später ein gewaltiger Ruck folgte, der Streeter und Bonterre auf den Boden der Liftplattform warf. Rankin, der sich mit seinen zerschossenen Händen nirgends festhalten konnte, flog gegen eine der Streben des Geländers, und Bonterre konnte mit einem beherzten Griff nach seinem Hemdkragen gerade noch verhindern, daß der Geologe in die Tiefe stürzte. Als Bonterre sich wieder aufrappelte, stand Streeter bereits wieder am Geländer und hielt die Waffe auf sie und Rankin gerichtet. Die ganze Leiterkonstruktion schwankte so stark, daß die Titanstreben laut zu ächzen begannen. Von unten drang das unheilverheißende Geräusch gurgelnden Wassers herauf.
Der Lift hielt mit einem lauten Knirschen an.
»Keine Bewegung!« befahl Streeter.
Ein weiterer Ruck erschütterte den Lift, und die Notbeleuchtung begann zu flackern. Ein Bolzen kam von oben herabgeflogen, prallte mit einem lauten Knall von der Plattform ab und verschwand wild wirbelnd in der Dunkelheit.
»Es geht schon los!« rief Rankin mit heiserer Stimme, der auf dem Boden des Lifts kauerte und sich seine blutigen Hände an die Brust drückte.
»Was geht los?« brüllte Bonterre.
»Die Grube stürzt in die Höhle hinab. Absolut tolles Timing!«
»Hält's Maul und spring auf die Plattform!« schrie Streeter und deutete mit der Pistole nach unten auf die Dreißig-Meter-Ebene, die sich zwei Meter weiter unten befand.
Wieder erschütterte ein heftiger Stoß den Lift, der daraufhin noch mehr Schlagseite bekam. Aus der Tiefe wehte ein eisiger Windstoß herauf.
»Das ist kein Zufall«, rief Bonterre. »Es ist die geheime Falle, die Macallan Ockham gebaut hat!«
»Maul halten, habe ich gesagt!« Streeter stieß Bonterre aus dem Lift, so daß sie hinab auf die Dreißig-Meter-Plattform fiel. Benommen, aber unverletzt sah sie, wie Streeter Rankin immer wieder in den Unterleib trat und damit an den Rand des Lifts beförderte. Rankin fiel wie ein nasser Sack nach unten und schlug direkt neben Bonterre auf der Plattform auf. Sie wollte dem Geologen helfen, aber Streeter war. inzwischen mit katzenartig geschmeidigen Bewegungen zu ihnen herabgeklettert.
»Rühr ihn nicht an«, befahl er und fuchtelte drohend mit der Pistole herum. »Wir gehen jetzt da hinein.«
Bonterre schaute zur Wand des Schachtes. Die Brücke von der Leiterkonstruktion hinüber in den Wopner-Tunnel schwankte bedenklich. Dann bewegte sich die Leiter ein weiteres Mal. Die Notbeleuchtung fiel aus, und plötzlich herrschte rings um die drei tiefe Dunkelheit.
»Bewegung!« zischte Streeter Bonterre ins Ohr. Dann blieb er unvermittelt stehen. Bonterre konnte seine Anspannung spüren. Und dann sah auch sie es: Von unten bewegte sich ein schwaches Licht rasch zu ihnen herauf.
»Kapitän Neidelman?« fragte Streeter. Er bekam keine Antwort. »Sind Sie das, Sir?« rief er noch einmal etwas lauter, damit seine Stimme das Brüllen des Wassers, das nun den Schacht heraufdrang, auch übertönte.
Das Licht kam immer näher. Die Gestalt, die es hielt, war nur als undeutlicher Schatten zu erkennen.
»Hey, da unten!« schrie Streeter. »Zeigen Sie mir auf der Stelle Ihr Gesicht oder ich schieße!«
Eine gedämpfte Stimme sagte etwas, das Streeter wegen des Lärms im Schacht nicht verstehen konnte.
»Sir?«
Als das Licht etwa fünf Meter unter ihnen war, wurde es plötzlich ausgeschaltet.
»Verdammt!« fluchte Streeter und stemmte sich mit gespreizten Beinen an der schwankenden Plattform, ein. Mit beiden Händen hielt er die Pistole und zielte nach unten. »Wer immer auch da unten ist«, brüllte er, »ich werde jetzt…«
Weiter kam er nicht, denn von der anderen Seite der Plattform sprang plötzlich aus der Dunkelheit eine Gestalt auf ihn zu. Streeter wirbelte herum und schoß, und im Licht des Mündungsblitzes konnte Bonterre Hatch erkennen, der seine Faust mit aller Kraft Streeter in die Magengrube rammte.
Unterhalb der
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