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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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und die Lippen schürzen würde, war für Hatch kaum auszuhalten. Das Mitgefühl einer Kleinstadt konnte manchmal ganz schön grausam sein.
    Die Hand nahm einen Milchkarton und stellte ihn In die Tüte.
    »Sind Sie Geschäftsmann?«
    »Nein.«
    Eine Weile war es still, während Bud noch langsamer als vorher den Orangensaft in der Tüte verstaute und den Preis in die Kasse tippte. »Dann sind Sie wohl auf der Durchreise?« wagte Bud einen weiteren Versuch.
    »Nein, ich habe hier In Stormhaven zu tun.«
    Das war so ungewöhnlich, daß Bud nicht mehr an sich halten konnte. »Und was, bitteschön?« fragte er.
    »Das ist eine delikate Angelegenheit«, erwiderte Hatch mit gedämpfter Stimme. Trotz seiner starken Anspannung fand er Buds konsterniertes Stirnrunzeln so vielsagend, daß er ein Lächeln unterdrücken mußte.
    »Verstehe«, sagte Bud. »Dann wohnen Sie wohl in einem Hotel in der Stadt?«
    »Nein«, antwortete Hatch und atmete tief durch. »Ich werde auf der anderen Seite des Hafens wohnen. Im alten Haus der Familie Hatch.«
    Bud ließ fast das Steak fallen, das er gerade in der Hand hielt. Das Gebäude war seit einem Vierteljahrhundert unbewohnt. Schließlich fand das Steak doch noch seinen Weg in die Tüte. Jetzt hatte Bud alle Waren verpackt und konnte, wenn er nicht unhöflich wirken wollte, keine weiteren Fragen stellen.
    »Nun gut«, sagte Hatch, »ich habe es ein wenig eilig. Wieviel bin ich Ihnen schuldig?«
    »Einunddreißig-fündundzwanzig«, erwiderte Bud mit unglücklichem Gesicht.
    Hatch nahm seine Tüten. Jetzt war es soweit. Wenn er sich auch nur vorübergehend hier in Stormhaven niederlassen wollte, dann mußte er sich jetzt zu erkennen geben. Er blieb stehen, öffnete die Tüte und steckte seine Hand hinein. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er und kramte in der Tüte herum. »Haben Sie nicht etwas vergessen?«
    »Nicht, daß ich wüßte«, antwortete Bud gleichmütig.
    »Aber sicher«, beharrte Hatch. Er packte die Tüte aus und legte ihren Inhalt auf die Ladentheke.
    »Ist doch alles da«, sagte Bud mit einem Anflug von Streitlust in der Stimme, wie sie für die Menschen von Maine so typisch ist.
    »Nein, stimmt nicht«, entgegnete Hatch und deutete auf eine kleine Schublade unter der Ladentheke. »Oder bekomme ich heute etwa keine Lakritzstange?«
    Buds Augen blickten hinunter auf die Schublade und wanderten dann an Hatchs ausgestrecktem Arm entlang nach oben, bis sie sein Gesicht erreichten, das Bud bisher noch nicht richtig betrachtet hatte. Mit einemmal wurde der Ladenbesitzer aschfahl.
    Hatch fragte sich, ob er zu weit gegangen war, aber dann atmete Bud Rowell laut hörbar aus. »Mich laust der Affe«, sagte er. »Verdammt noch mal, das ist ja Malin Hatch!«
    Obwohl Buds Gesicht rasch wieder Farbe bekam, hatte es immer noch den Ausdruck eines Menschen, dem gerade ein Gespenst erschienen war.
    »Nun, wie geht es Ihnen, Bud?« fragte Hatch.
    Auf einmal kam der Ladenbesitzer schwerfällig hinter der Theke hervor, packte Hatchs Hand und drückte sie mit beiden Händen so fest, daß er sie beinahe zerquetscht hätte. »Sieh mal einer an«, sagte er, während er Hatch bei den Schultern packte und ihn auf Armeslänge von sich wegschob. Ein breites Grinsen erhellte sein rundliches Gesicht. »Was bist du doch für ein gutaussehender, großer junger Mann geworden. Ich weiß nicht, wie oft ich mich gefragt habe, was wohl aus dir geworden ist und ob ich dich jemals wiedersehen würde. Und jetzt schneist du auf einmal so mir nichts, dir nichts hier herein.«
    Hatch sog den Geruch des Ladens ein - eine Mischung aus Schinken, Fisch und Käse - und fühlte sich erleichtert und peinlich berührt zugleich. Es war ihm, als wäre er wieder zu einem kleinen Jungen geworden.
    Bud sah noch eine Weile zu ihm auf, bevor er den Blick hinunter zu der Schublade mit den Lakritzen senkte. »Du alter Racker«, lachte er, »du ißt also immer noch so gerne Lakritz. Hier, ich schenke dir eine Stange.« Mit diesen Worten zog er die Schublade auf, griff hinein und legte das Lakritz vor Hatch auf den Ladentisch.

6
    Hatch und Bud saßen in bequemen Schaukelstühlen auf der Veranda hinter dem Laden, tranken Ginger Ale und schauten über eine Wiese auf eine Reihe dunkler hoher Fichten. Auf Buds Fragen hin hatte Hatch ihm einige seiner Abenteuer erzählt, die er als Epidemiologe in Mexiko und Südamerika erlebt hatte. Bisher hatte er es geschickt vermieden, über den Grund für seine Rückkehr nach Stormhaven Auskunft geben

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