Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Milliarden Dollar gekostet hatte. Erfahrung kann ein strenger Lehrer sein, wenn es gilt, die richtigen Faustregeln zu lernen.
Wie man Faustregeln testet
Viele Branchen, Unternehmen und Restaurants wenden einfache Regeln bei ihrer Preisgestaltung (etwa Multipliziere die Kosten der Grundprodukte mit Drei ) und bei der Entscheidungsfindung im Allgemeinen an (zum Beispiel Bau kein Haus ohne Mieter ). Woher wissen sie, ob und wann eine Faustregel gut ist? Eine Möglichkeit besteht darin, diese Regeln zu testen, was umso leichter fällt, je spezifischer die Regel ist. Faustregeln können verschiedene Allgemeinheitsgrade aufweisen:
• Tritt nur in Unternehmen ein, die an der Spitze sein können.
• Wenn ein Kunde seit neun Monaten oder länger keinen Kauf getätigt hat, stufe ihn als inaktiv ein.
Die erste Regel lässt sich auf viele Unternehmen übertragen; die zweite ist ziemlich spezifisch. Die folgende Studie zeigt eine Möglichkeit zu testen, wie gut sie vorhersagt, welche Kunden auch in Zukunft bei dem Unternehmen kaufen werden.
Ein guter Grund kann besser sein als viele
Unsere Briefkästen, egal, ob elektronisch oder aus Stahl, werden mit Flyern, Broschüren, Katalogen und Kreditkartenangeboten überflutet. Für Unternehmen, die alte und neue Kunden ansprechen wollen, gehören Massenbriefe zum Businessplan. Gleichzeitig sind ungezielte Werbekampagnen ärgerlich für Leute, die kein Interesse an den Produkten haben, und kostspielig für die Unternehmen. Im Idealfall sollte jedes Unternehmen seine Mittel für aktive, treue Kunden verwenden statt für Menschen, die nichts mehr kaufen werden. Doch wie lassen sich aktive Kunden in einer Datenbank mit mehreren zehn- oder hunderttausend Kunden von inaktiven unterscheiden?
Die herkömmliche Idee ist es, ein komplexes Problem mit einer komplexen Analyse zu lösen. Ein solches Werkzeug ist das von Marketingexperten angepriesene Pareto-/ NBD -Modell. 122 Für jeden Kunden liefert es die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie noch aktiv ist – genau die Information, die das Unternehmen braucht. Doch zum Entsetzen vieler Marketingexperten vertrauen Manager häufig lieber einfachen Faustregeln, die auf ihrer persönlichen Erfahrung beruhen. Die Manager einer internationalen Fluglinie verließen sich alleine auf den Zeitpunkt des letzten Kaufs (Hiatus-Regel):
Wenn ein Kunde seit neun Monaten oder länger keinen Kauf mehr getätigt hat, stufe ihn als inaktiv ein, andernfalls als aktiv.
Diese einfache Regel konzentriert sich nur auf einen einzigen guten Grund: den letzten Zeitpunkt eines Kaufs. Sie wird bei Vielfliegerprogrammen ebenso angewendet wie im Bekleidungseinzelhandel. Aber ist das nicht eine naive Regel? Schließlich lässt sie eine Menge außer Acht: wie viel der Kunde gekauft hat, wie viel Zeit zwischen den Käufen liegt, und all die anderen Informationen, die komplexe Werkzeuge wie das Pareto-/ NBD -Modell sorgfältig analysieren. Sie verzichtet sogar auf komplizierte Berechnungen. Bestätigt die Verwendung der Hiatus-Regel nicht die Ansicht, dass Menschen irrational entscheiden, weil ihre kognitiven Fähigkeiten begrenzt und sie nicht in der Lage sind, all die für eine gute Entscheidung erforderlichen Informationen zu berücksichtigen? Kann ein guter Grund auch nur annähernd leisten, was die Berücksichtigung aller Gründe und eindrucksvolle Berechnungen zu bieten haben?
Zwei Wirtschaftsprofessoren führten eine gut geplante Studie durch, die zeigen sollte, dass die komplexe Methode der einfachen Regel überlegen ist. Am Beispiel einer Fluggesellschaft, eines Bekleidungseinzelhändlers und des CD -Onlinehändlers CDNOW überprüften sie, wie viele korrekte Vorhersagen die komplexe Methode im Vergleich zur einfachen Regel macht. 123 Allerdings entsprach das Ergebnis nicht dem, was die beiden Professoren erwartet hatten. In zwei von drei Fällen war die einfache Regel schneller und brauchte weniger Informationen, lieferte aber trotzdem genauere Ergebnisse. Für die internationale Fluggesellschaft sagte die Hiatus-Regel 77 Prozent der Kunden richtig voraus, die komplexe Methode nur 74 Prozent (Abbildung 6.3). Beim Bekleidungshändler machte die einfache Regel ihre Sache noch besser: 83 Prozent richtige Vorhersagen gegenüber 75 Prozent. Beim CD -Onlinehändler schließlich schnitten beide gleich gut ab. Statt sich in ihrer Überzeugung bestätigt zu sehen, stießen die Autoren auf den Weniger-ist-mehr-Effekt , wie ich ihn nenne.
Abbildung 6.3: Weniger ist
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