Riskante Enthüllung (German Edition)
stand ich vor einem steinernen Tor, in das großflächig ein Relief gehauen war. Es stellte einen pyramidenförmigen G e genstand dar, von dem mächtige Strahlen in alle Richtungen au s gingen. Ich stieß einen kleinen Schrei aus und drehte mich nach James um, der zufrieden lächelte. Ich war so überwä l tigt, dass ich ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre, was leider wegen der Enge des Tunnels unmöglich war.
„Oh James, ich würde dich am liebsten küssen“, entfuhr es mir.
Schlagartig wurde er ernst und schaute mich mit einem seltsamen Ausdruck an, doch ich war so froh, dass ich ihn einfach weiterhin anstrahlte, sodass er sich meiner Freude nicht entziehen konnte und ebenfalls zu lachen anfing.
„Wir haben es geschafft“, jubilierte ich und fuhr mit den Fingern den Rand des Reliefs ab.
„Hast du schon versucht es zu öffnen?“
Von diesem Moment an beschloss ich ihn zu duzen, wovon er n a türlich nichts bemerkte, weil ich Englisch mit ihm sprach. Aber innerlich, in meinen Gedanken, hatte ich ihn bisher immer mit dem d i stanzierten Sie angesprochen.
„Klar, aber ich denke das wird ähnlich schwer werden, wie bei der Bodenpla t te. Die Arbeiter holen eben das Werkzeug“, erklärte er. Ich rieb meine feuchten Handflächen aneinander. Vielleicht würden wir noch vor Max im Innern der Pyramide stehen. „Komm, wir setzen uns solange hin“, schlug er vor und ließ sich auf dem felsigen Boden des Ganges nieder.
Ich tat es ihm gleich und setzte mich ihm gegenüber. Immer wieder schauten wir ergriffen auf das Tor und wenn wir uns ansahen, verpassten wir uns mit den kleinen Lampen auf unseren Köpfen gege n seitig einen Heiligenschein, worüber wir ausgelassen lachten. Als sich eine Weile Schweigen ausgebreitet hatte, sprach James zuerst.
„Geht es dir auch gut?“
Ich verstand nicht sofort, worauf er hinaus wollte, vermutete a ber dann er spielte auf meinen klaustrophobischen Anfall an, den ich im Tunnel hatte. Ich fand seine Fürsorge rührend und bestäti g te es ginge mir gut. Mit dem Tor als potenziellem Ausgang vor Augen bedrückte mich die Enge nicht. Ich streckte meine Beine aus und legte sie rechts und links neben James.
„Was erwartet uns wohl dahinter?“, stellte ich die hypothetische Frage.
James legte wie abwesend eine Hand auf meinen Knöchel und umschloss ihn sanft. Seine Haut war heiß und schickte einen pr i ckelnden Energiestrom mein Bein entlang.
„Ich bin sehr gespannt darauf“, sagte er mit belegter Stimme.
Er fixierte mein Gesicht bis es mir unangenehm wurde, doch ich hielt seinem Blick stand.
„Vielleicht hat die Strahlung eine Wirkung auf Menschen“, überle g te ich laut.
„Ich dachte, Max schließt das aus.“
„Er stellte lediglich fest, dass sie nicht körperlich gefährlich ist. Aber sie kön n te auch auf andere Weise wirksam sein.“
„Du meinst, auf psychologische Art?“
„Ja. Wir sollten vorsichtig sein. Die Ägypter experimentierten viel mit Hypn o se und Seelenwanderung, während ihr Körper in Trance lag. Sie konnten sich selbst in einen Scheintod versetzen und a u ßerhalb des Körpers spazieren gehen. Zur Sicherheit hatten sie immer Wächter bei sich, die den ganzen Vorgang überwac h ten.“
James hatte begonnen meinen Knöchel zu streicheln, was mich in einen Zustand der Erregung versetzte und ich wünschte er wü r de aufhören, wagte aber nicht, es ihm zu sagen.
„Das stimmt“, sagte James. „Mein Vater ist der Meinung die Pyramiden ste l len nichts anderes als Einweihungsräume dar, in denen sich die kosmischen Energien stark bündeln, sodass die Prieste r anwärter ganz leicht in eine schwere Trance fielen.“
Sieh einer an. Sein Vater war meiner Meinung. Daher also die Aggressionen, die ab und zu aus den Tiefen seiner Seele hervo r kamen und sich bei mir entl u den. Ich lächelte.
„Das freut dich jetzt, was?“, fragte er leise und grinste.
„Nun, es erklärt zumindest einiges."
Er fuhr mit seiner Streichelaktion fort und ich versuchte , mich mit Konvers a tion davon abzulenken.
„Der gefundene Sarkophag in der Cheops war leer und ich ve r mute er diente lediglich zu Einweihungsritualen und sollte niemals eine Grabstätte sein. Die Priester wurden hineingelegt, versetzten sich in einen totengleichen Zustand und gingen dann auf ihre geistigen Reisen. Man wollte ihnen im Diesseits unmissve r ständlich klar machen, dass es ein Leben nach dem Tode gibt, das sie sich b e reits jetzt selbst ansehen konnten. Mit einem solchen
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