Riskante Liebe
die Vogelstimmen nachzuahmen, aber ich kann das nicht. Es klingt fürchterlich. Kannst du singen?«
In seine Augen trat das von mir so geliebte Funkeln. Statt einer Antwort öffnete er den Mund und … sang. Mir liefen heißkalte Schauder über den Rücken, als er meine Hand ergriff, mir in die Augen blickte und mit seiner tiefen, rauen Stimme eine wehmütige Melodie formte. Ich lauschte den Worten, die er dabei sprach. Er sang davon, dass es Nacht wurde und dunkel, dass der Mond das einzige Licht war, das wir sehen konnten, dass er aber, solange ich bei ihm sein würde, keine Angst hätte. Das Lied endete mit der Bitte, immer bei ihm zu bleiben und ich hätte ihm ewig zuhören können.
Ich hätte alles darum gegeben, den Rest meines Lebens mit ihm zusammen zu verbringen, begriff aber genau, dass die Worte und Drakes Gesang eine dieser Vorführungen waren, von denen er gesprochen hatte und ich deshalb nicht glauben durfte, er meine es ernst. Als er geendet hatte, räusperte ich mich, um den Klumpen, der sich in meiner Kehle gebildet hatte, loszuwerden.
»Du kannst herrlich singen. Aber ich würde gern wissen, was du bei deiner Arbeit als Schauspieler machst? Was für Worte sprichst du dabei?«
Er ließ meine Hand los, trat zwei Schritte zurück und verwandelte sich vor meinen Augen. Seine Brauen zogen sich finster zusammen und er presste seine Lippen aufeinander. Sein Gesicht bekam einen harten, entschlossenen Ausdruck, sein gesamter Körper spannte sich an, wobei die ausgeprägten Muskelstränge unter seiner gebräunten Haut sichtbar wurden und seine Stimme klang dunkel, böse und unheilverkündend, ähnlich wie bei Seratta, wenn sie ihre Überlegenheit und Macht zeigte. Sein rechter Arm deutete ausgestreckt in meine Richtung und ich konnte die nicht vorhandene Waffe in seiner Hand beinahe sehen.
» Das Spiel ist aus. Du hast verloren. Wirf die Waffe weg und lass sie laufen.«
Ich wartete auf mehr, begriff dann aber, dass er fertig war.
»Das ist alles? Du sagst nicht mehr? «
Ich starrte ihn ungläubig an.
Als er meinen fassungslosen Blick sah, entspannte sich sein Körper und Lachfältchen kräuselten sich um Augen und Mund.
Er kam geschmeidig auf mich zu, blieb dicht vor mir stehen und lachte.
»So oder ähnlich spiele ich. Natürlich sage ich ein bisschen mehr, aber hauptsächlich tue ich etwas. Ich sehe meist ernst und grimmig drein, klettere auf Hausdächer, springe von hohen Felsen oder verfolge mit dem Hubschrauber die Bösen. Das habe ich auch getan, als ich hierher abgetrieben worden bin. Einfacher ausgedrückt: Ich bin immer der Gute, der die Welt und schöne Frauen vor dem Bösen rettet! Den Zuschauern gefällt das.«
Meine Achtung vor den Menschen aus seiner Heimat sank schlagartig. Sie waren mir durch ihre Art zu leben und zu lieben, sehr weise erschienen, aber so klug konnten sie dann doch nicht sein. Warum fanden sie Vergnügen daran, sich Ereignisse vorspielen zu lassen und bereits im voraus zu wissen, wie es enden würde? Noch dazu unglaubhaft und unwirklich: Mein gesamtes bisheriges Leben hatte ich gelernt, dass einen vor dem Bösen, in meinem Fall Seratta und ihre Wächterinnen, nichts und niemand bewahren konnte. Man musste sich damit abfinden und versuchen, das Beste daraus zu machen. Sich möglichst unauffällig und unterwürfig verhalten, auch wenn es schwerfiel. Nur so hatte man die Chance, in Ruhe gelassen zu werden. Und auch Drake würde mich nicht retten, da machte ich mir nichts vor. Wir beide spielten nicht in einem seiner Stücke ...
Aber um unsere verbleibende Zeit zusammen zu nutzen, durfte ich mich keinen trüben Gedanken hingeben und tat deshalb, als ob ich es ebenfalls lustig finden würde.
Ich lachte lauter als notwendig, ergriff seine Hand und zog ihn hinter mir her.
»Komm mit, wir müssen uns jetzt wirklich langsam um unser Essen kümmern.«
Ich zeigte ihm die Orte, an denen wilder Sellerie und Rübenwurzeln wuchsen. Ein paar Schritte weiter kamen wir an eine sumpfige Stelle und mein Herz machte einen Satz, als ich den dichten Bodenbewuchs aus kleinen weißen Blüten erblickte. Ich kniete mich hin, um ausreichend davon zu pflücken und Drake beugte sich neugierig über mich.
»Sind die auch essbar?«
Natürlich würde ich ihm nicht sagen, dass diese Blumen die Grundlage für meinen Verhütungstee bildeten, den ich angeblich schon länger zu mir nahm. Mit einem ganz leisen Anflug von schlechtem Gewissen erzählte ich ihm etwas über die schlaffördernde
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