Riskante Liebe
harten, aufrechten, weltverbessernden Muskelpakets schon seit einiger Zeit ziemlich auf den Geist ging. Er hätte viel früher die Notbremse ziehen müssen und seinem Agenten erklären sollen, dass er durchaus auch einmal Rollen annehmen würde, in welchen er mehr als drei kurze Sätze am Stück sprechen durfte … Rollen, die vielschichtiger und anspruchsvoller waren, ihm wirkliche Schauspielkunst abverlangten und nicht nur halsbrecherisch wirkende Stunts. Natürlich war es einfacher, damit weiterzumachen und einen Haufen Kohle dafür einzustreichen. Seine Fans liebten ihn in genau diesem Genre. Und sie würden ihn nicht plötzlich als Charakterdarsteller feiern, nur weil er andere Drehbücher las und spielte. Ihm war vollkommen bewusst, dass er wieder bei Null anfangen und ein völlig anderes Publikum überzeugen musste, falls er tatsächlich vorhatte, sein Image umzukrempeln. Oder sollte er ganz aussteigen und, wie seine Mutter ihm schon mehrfach nahegelegt hatte, einen sinnvolleren Beruf ergreifen? Unwirsch verdrängte er seine Grübeleien. Jetzt und hier war wirklich nicht der geeignete Ort, um über seine Zukunft nachzudenken. Er wusste ja nicht einmal, ob und wann er je wieder nach Hause käme. Außerdem schuldete er es seiner Begleiterin, sein Versprechen einzuhalten und sich heute voll und ganz ihr zu widmen.
Das in der Sonne gleißende Band des Flusses schimmerte durch das Unterholz und man konnte auf dem Felsabsatz darüber den Eingang der Höhle ausmachen. Veeria war stehengeblieben und blickte ihn erwartungsvoll an:
»Ich zeige dir jetzt, wie ich Forellen fange, ja?«
Gerührt über ihren kindlichen Eifer nickte er ihr zu und nahm seinen Arm – bedauernd, wie er feststellte – von ihrer Hüfte.
***
Ich lief langsam zum Flussufer, dorthin, wo eine große Weide ihre überhängenden Zweige ins Wasser wachsen ließ. Die Wurzeln dieses Strauches lagen teilweise frei und klammerten sich wie knochige Finger unter Wasser in den schlammigen Untergrund. Das Wasser war dort nur hüfttief und ich wusste, dass sich unter dem Wurzelwerk oft Forellen ausruhten. Weit genug entfernt watete ich mit sehr langsamen Bewegungen ins Wasser, ließ mich von der Strömung ein Stück flussabwärts treiben, um dann mit viel Geduld und winzigen Schritten stromaufwärts zu laufen. Meine Hand hielt ich dabei locker geöffnet unter der Wasseroberfläche. Der silbrige Leib eines großen Fischs schimmerte unter dem Wurzelwerk. Er hatte den Kopf in die Strömung gerichtet und bewegte langsam die Flossen auf und ab, um an Ort und Stelle stehenzubleiben.
Ich wusste, dass von meiner inneren Erregung nicht das Geringste nach außen dringen durfte, hob die Hand unmerklich langsam, schob sie unter den Fischleib, fühlte die offenen Kiemendeckel und packte zu. Triumphierend streckte ich meine Hand in die Luft und warf den silbrigen, zuckenden Fisch in hohem Bogen ans Ufer, wo Drake anerkennend zu mir herübersah, beide Daumen in die Höhe reckte, dann angesichts der auf ihn zufliegenden Forelle mit übertrieben ängstlichem Gesicht einen Satz nach hinten machte.
»Lass das. Ich habe Angst vor Fischen! Vor allem, wenn sie fliegen können!«
Ich lachte so sehr, dass ich beinahe rücklings ins Wasser fiel. Er besaß eindeutig großes Talent darin, anderen etwas vorzuspielen. Gleich darauf packte er die zappelnde Forelle und beendete mit einem kurzen Steinschlag ihren vergeblichen Überlebenskampf.
»Okay, Kleine, mein Essen ist gesichert. Aber was ist mit dir?«
Ich watete gelassen ans Ufer, da ich wusste, dass in absehbarer Zeit wieder ein Fisch an dieser Stelle stünde. In der Zwischenzeit konnten wir Feuer machen, die erste Forelle mit meinen mitgebrachten Kräutern würzen und den Stein, auf dem ich die Fische backen wollte, erhitzen. Ich brachte ein kleines Feuer in Gang, während er neues Brennmaterial sammelte, und kochte unbemerkt Tee aus den Blüten, die ich gefunden hatte. Bevor er wieder zu mir zurück kam und trockene Äste auf die Flammen warf, hatte ich den Becher leer getrunken und mit Wasser gefüllt.
Ich sah zum Himmel auf. Er war immer noch wolkenlos, die Sonne war nach unten gewandert und würde gleich hinter den gegenüberliegenden Felsen verschwinden, aber die heiße Luft drückte immer noch auf uns herab. Kein Windhauch regte sich. Besorgt erklärte ich:
»Spätestens heute Nacht gibt es ein Unwetter.«
Gleich darauf bereute ich meine Bemerkung. Er sah mich forschend an.
»Du hast doch nicht etwa Angst
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