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Riskante Nächte

Riskante Nächte

Titel: Riskante Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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Vorahnung, was ihn erwartete, betätigte er den schweren Türklopfer aus Messing. Im Vestibül ertönten Schritte. Ein hochgewachsener, hagerer, grauhaariger Mann in schwarzem Butlerfrack öffnete die Tür.
    »Mr. Stalbridge, Sir. Kommen Sie herein.«
    »Guten Tag, Shuttle.« Anthony trat ins Vestibül und warf seinen Zylinder achtlos auf den marmornen Konsoltisch. »Alles beim Besten, hoffe ich?«
    »Ich erfreue mich bester Gesundheit, danke der Nachfrage, Sir.« Shuttle schloss die Tür. »Ihre Mutter und Ihre Schwester sind in der Bibliothek. Ihr Vater ist, wie üblich, in seiner Werkstatt.«
    »Danke.«
    Anthony durchquerte das Vestibül. Vor der offen stehenden Tür der Bibliothek hielt er an und wappnete sich für das Kommende. Es gab in dem Raum einen ausladenden Schreibtisch und eine Staffelei, beide zum Licht hin ausgerichtet, das durch die hohen Fenster fiel, welche Ausblick auf den weitläufigen Garten boten. Seine Mutter, Georgiana, stand mit einem Pinsel in der Hand vor der Staffelei. Sie trug eine farbbefleckte Schürze über ihrem Kleid, und die Sonne ließ das Silber in ihrem dunklen Haar schimmern. Clarice saß am Schreibtisch und studierte angestrengt einen Stapel handbeschriebener Seiten. Zweifellos ihr jüngstes Manuskript für das Olympia-Theater. Eine Wolke roter Locken rahmte ihr schelmisches Gesicht und ihre blauen Augen ein.
    »Guten Tag, Ladys«, grüßte er von der Tür. »Ihr scheint beide beschäftigt zu sein. Ich werde nicht stören.« Er wich einen Schritt zurück. »Ich bin nur kurz auf ein Wort mit Vater vorbeigekommen.«
    »Tony.« Clarice schaute auf. »Komm wieder her! Wag ja nicht, dich davonzustehlen, ohne uns Rede und Antwort zu stehen!«
    »Tut mir leid«, sagte Anthony und wich unauffällig weiter ins Vestibül zurück. »Ich bin momentan etwas in Eile. Später, vielleicht.«
    »Nein, nicht später!«, bestimmte Georgiana. Sie legte den Pinsel beiseite. »Deine Großmutter war vor einer knappen Stunde hier und hat uns alles erzählt.«
    Er fluchte im Stillen. Seine Großmutter, Lady Payne, war eine unübertreffliche Frau, die es als ihren Lebenszweck ansah, zu allen Familienangelegenheiten ihren Senf dazuzugeben. Bei der einen oder anderen Gelegenheit hatten sie alle darunter zu leiden gehabt, doch in jüngster Zeit hatte sie fast ihre ganze Aufmerksamkeit ihm allein gewidmet.
    Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sie war nicht die Einzige. Dieser Tage schienen ihm alle Angehörigen des großen Clans ihre zweifellos wohlmeinende Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Zum Glück waren die einzigen Mitglieder der weitläufigen Stalbridge-Familie, die derzeit in London weilten, seine Großmutter, seine Mutter, sein Vater und seine Schwester.
    Nichtsdestotrotz nahm es angesichts des messerscharfen Verstands und der unerschütterlichen Willenskraft, mit der praktisch jedes Blatt des Stalbridge’schen Stammbaums gesegnet war, kaum wunder, dass er sich dieser Tage alle Mühe gab, selbst jenen vier in London weilenden Verwandten aus dem Weg zu gehen.
    »Ist es wahr?«, fragte Clarice neugierig. »Hast du wirklich gestern Abend eine geheimnisvolle Witwe namens Mrs. Bryce vom Ball der Hastings entführt und bist mit ihr in deiner Kutsche in die Nacht verschwunden?«
    Er liebte seine Schwester. Sie war einige Jahre jünger als er, blitzgescheit, von Natur aus einfühlsam und gemeinhin amüsant, doch ihr Hang zum Theatralischen ließ sich nicht leugnen, zweifelsohne eine Nebenwirkung ihres schriftstellerischen Talents.
    »Mrs. Bryce und ich haben den Ball zusammen verlassen.« Er wählte seine Worte mit Bedacht. »Wir sind jedoch ganz gewöhnlich zur Haustür hinausgegangen und in meine Kutsche gestiegen. Von Entführen kann nicht die Rede sein, soweit ich mich erinnere. Und wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet, ich gehe Vater suchen.«
    »Warte! Du musst uns mehr über sie erzählen«, beharrte Georgiana. »Wer ist sie? Was weißt du über ihre Familie? Was ist mit Mr. Bryce? Deine Großmutter wusste nicht viel zu berichten, außer, dass Mrs. Bryce eine entfernte Verwandte von Lady Ashton sei und absolut keinen Geschmack besäße.«
    Anthony musste unwillkürlich schmunzeln. »Der Mangel an Einzelheiten muss ausgesprochen quälend für sie sein.«
    »Trägt sie wirklich eine Brille, wenn sie auf einen Ball geht?«, fragte Clarice.
    »Ja«, bestätigte Anthony.
    »Nun?«, drängte Georgiana. »Was ist mit ihrem Ehemann?«
    »Ich weiß nichts über Mr. Bryce«, gestand er.

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