Riskante Naehe
dermaßen müde und erschöpft, dass sie immer öfter stolperte. Nachdem er sie zum x-ten Mal davor bewahrt hatte hinzufallen, hielt Clint an. Da er immer noch Karens Arm festhielt, war sie gezwungen, ebenfalls zu stoppen.
Hoffnungsvoll blickte sie ihn an. »Sind wir da?«
Clint schüttelte den Kopf. Er blickte auf den Boden und sah etwas aufblitzen. Er sah genauer hin, dann fluchte er. »Wo sind Ihre Schuhe?«
Karen zuckte mit den Schultern. »Verloren. Außerdem hätte ich in meinen Pumps Ihr Tempo nie mithalten können.«
Clint zuckte zusammen. Sie hatte recht. Er hätte etwas mehr Rücksicht nehmen können. Aber er war in Gedanken bei Ghost gewesen … Ruckartig löste er die Riemen seines Rucksacks. Danach schnallte er ihn auf seine Brustseite. Er drehte ihr den Rücken zu und ging leicht in die Knie. »Springen Sie auf!«
Karen blickte ihn verständnislos an. »Wie bitte?«
»Ich trage Sie den Rest des Weges. Wenn ich Sie huckepack nehme, kann ich immer noch meine Waffen benutzen. Also hüpfen Sie rauf!«
Karen schaute ungläubig. Seit ihrer Kindheit war sie nicht mehr getragen worden. Kein Wunder, sie war inzwischen auch ein bisschen auf der dicklichen Seite. Protestierend hob sie die Hände. »Ich bin viel zu schwer!«
Clint knurrte ungeduldig. »Lady, ich habe schon wesentlich Schwereres getragen. Und jetzt kommen Sie, der Hubschrauber wartet auf uns. Oder wollen Sie lieber hierbleiben?«
Karen schüttelte den Kopf. Nein, das wollte sie ganz und gar nicht. Sie wollte nach Hause. Sie nahm einen kleinen Anlauf und sprang. Leider nicht hoch genug, sodass sie an Clints hartem Körper wieder herunterrutschte. Röte stieg in ihre Wangen.
Doc wartete hinter ihnen. »Soll ich Ihnen helfen, Ma’am?«
In seinem texanischen Akzent glaubte sie einen Hauch von Belustigung zu hören. Karens Rücken versteifte sich. »Nein, danke! Ich schaffe das schon.«
Beim zweiten Versuch klappte es. Mit Clints tatkräftiger Hilfe. Er griff ihre Schenkel und zog sie das letzte Stück nach oben, sodass sie damit seine Taille umklammerte.
Karen war froh über die Dunkelheit, verdeckte sie doch die heiße Röte ihrer Wangen. Clints Körper strahlte eine Hitze aus, die durch seine feuchte Kleidung in sie sickerte. Noch kein Mann hatte sie so getragen. Sie war sich der Intimität ihrer Situation durchaus bewusst. Clint korrigierte noch einmal die Stellung ihres Armes, der ihm die Kehle zugedrückt hatte, dann nahm er sein Maschinengewehr in die rechte Hand und setzte seinen Weg in schnellem Tempo fort. Beeindruckt merkte Karen, dass sich trotz ihres zusätzlichen Gewichts scheinbar nichts an Clints leichtem Gang geändert hatte. Sie kamen jetzt wirklich viel schneller voran als vorher. Vermutlich hatte sie die ganze Mission dermaßen verzögert, dass der Tod des Teammitglieds, wie war noch sein Name – Ghost, auf ihr Konto ging. Sie schloss die Augen und sah wieder das blasse Gesicht des Mannes vor sich. Seine letzten Worte hatten einer Frau gegolten. Seine Freundin, Ehefrau? Gott! Erneut liefen Tränen über ihre Wangen. Wütend wischte sie sie weg. Sie weinte nie! Sie fühlte, wie Clint tröstend ihr Bein drückte. Irgendwie hatte er gemerkt, wie ihr zumute war. Seltsamerweise hatte die Geste dieses ihr weitgehend fremden Mannes wirklich etwas Tröstendes.
Clint zerriss es fast das Herz, als er die Erschütterungen von Karens stummen Schluchzern spürte. Bisher hatte sie sich wirklich gut gehalten für das, was sie durchgemacht hatte. Er hoffte, sie würde noch die letzten zehn Minuten durchhalten, bis sie im Black Hawk waren. Dort konnte sie ohne Gefahr zusammenbrechen. Er hatte schon mit einigen weiblichen Geiseln zu tun gehabt und eine gewisse Erfahrung mit deren Reaktionen, doch aus Karen wurde er nicht so richtig schlau. Sie hatte ihn bekämpft, dann war sie ihm, ohne zu murren, durch den Regenwald gefolgt. Sie hatte Matt verbunden, ohne mit der Wimper zu zucken. Erst als Ghost … Verdammt! Er würde sich ernsthaft mit ihr unterhalten müssen, sobald sie in Sicherheit waren. Anscheinend fühlte sie sich für Ghosts Tod verantwortlich, was lächerlich war.
Kurze Zeit später kamen sie auf der Lichtung an, die als Treffpunkt ausgemacht war. Der Black Hawk war gelandet, die Rotorblätter drehten sich aber weiter, damit sie sofort starten konnten, nachdem das Team an Bord war. Matt war bereits im Innern und nahm nun von Rock Ghosts Leichnam entgegen. Clint befreite sich sanft von Karens Würgegriff. Ihr hatte der
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