Riskante Versuchung
Hals. Sie spürte sein Herz schlagen und hörte, wie seine Atmung sich allmählich wieder normalisierte. Nach einigen Minuten legte er sich neben sie.
Er hielt sie weiterhin in den Armen, und sie bettete zufrieden seufzend den Kopf an seine Schulter. Eine ganze Weile lagen sie schweigend da.
Schließlich schaute Jess auf und stellte fest, dass Rob in die Dunkelheit des Zimmers starrte. Dann sah er ihr ins Gesicht, und ein Lächeln entspannte seine Züge. Es war nur der Anflug eines Lächelns, ein trauriges noch dazu, und es rührte Jess. Keine Versprechungen, erinnerte sie sich. Er hatte ihr klar zu verstehen gegeben, dass er ihr keinerlei Versprechungen machen würde.
Sacht strich Jess über seine Brust, und er umfasste ihre Hand. „Das war wundervoll“, meinte sie leise.
Rob konnte nicht sprechen. Ihr zu sagen, dass das, was sie gerade erlebt hatten, überwältigend gewesen war, schien ihm unangemessen. Und über irgendetwas anderes zu reden kam ihm unpassend vor. Die Worte jedoch auszusprechen, die ihm auf der Zunge lagen, war undenkbar.
Ich liebe dich .
Das konnte er ihr nie und nimmer gestehen. Selbst wenn er dazu imstande gewesen wäre, hätte er ihr damit den Schmerz nicht ersparen können. Auf lange Sicht würde sie sich belogen und betrogen fühlen. Denn seine Liebe war nichts wert. Seine Liebe war vollkommen bedeutungslos.
Er bemerkte, dass sein Schweigen sie irritierte. Mit einem zärtlichen Kuss auf ihre Lippen versuchte er ihr all das mitzuteilen, was er nicht aussprechen konnte.
Das schien sie zufriedenzustellen.
Jess erwiderte seinen Kuss, befreite sich danach jedoch sanft aus seiner Umarmung. „Ich sollte jetzt lieber mal nach Kelsey sehen“, erklärte sie.
Ihre Kopfschmerzen waren fast ganz verschwunden, wie sie erkannte, als sie die Beine aus dem Bett schwang und zum Schrank ging, um ihren Bademantel anzuziehen. Das war gut. Sie lächelte bei dem Gedanken daran, Rob zu erzählen, er wirke besser als Aspirin.
Und dann trat sie auf etwas Hartes und Kaltes.
Sie bückte sich, hob den Gegenstand auf und drehte sich, damit sie ihn im Licht der Kerze genauer betrachten konnte. Er war etwa fünfzehn Zentimeter lang und dünn, aus Metall, mit gezackten hineingeritzten Linien, als sei das eine Art Griff. „Rob, was ist das?“
Er sprang vom Bett. „Vorsichtig …“
Eine tödlich und rasiermesserscharf aussehende Klinge schoss aus dem einen Ende des Griffs und verfehlte dabei nur knapp ihre Finger. Vor Schreck ließ sie es fallen und sprang zurück, damit das Messer nicht ihren Fuß verletzte. Es bohrte sich mit der Spitze in den Holzfußboden, während der Griff leicht nachvibrierte.
Jess starrte das Messer an, dann Rob. Es handelte sich um die Waffe, die sie zuvor in seiner Hand gesehen hatte - das Messer, das er ihr an die Kehle gedrückt hatte, als er sie für einen Einbrecher hielt. Aus der Nähe sah es noch größer und schärfer aus. Es war eine tödliche, furchterregende Waffe.
Rob zog das Messer aus dem Fußboden und drückte die Arretierung. Die Klinge schoss zurück in den Griff. „Das ist mein Schnappmesser“, erklärte er und versuchte es wie einen Scherz klingen zu lassen. „Du hast ein Taschenmesser in deiner Handtasche. Im Prinzip ist es dasselbe.“
„Im Prinzip schon, nur dass es da einen Unterschied von zehn Zentimetern Messerklinge gibt. Darf man … Ist es überhaupt …“ Jess verstummte.
„Du meinst, ob es legal ist?“, beendete er den Satz für sie und hielt ihrem Blick stand, als wollte er sie geradezu zu einer Bemerkung herausfordern. „Es handelt sich um eine versteckte Waffe, also ist sie illegal.“
Jess sagte kein Wort mehr. Schweigend sah sie ihn an und wartete darauf, dass er weitere Erklärungen folgen ließ. Doch Rob wandte sich ab, schob das Messer in einen seiner Schuhe und stieß das Paar zur Seite. Dann setzte er sich auf die Bettkante, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und fuhr sich durch die Haare. Als er wieder zu Jess aufsah, wusste sie, dass er freiwillig nicht mehr preisgeben würde.
Sie sah die Anspannung in seinem Nacken und seinen Schultern. Sie setzte sich hinter ihn auf das Bett und massierte ihm sanft den Rücken. Überrascht warf er ihr einen Blick über die Schulter zu.
Es war offensichtlich, dass er mit einer Art Verhör gerechnet hatte, nicht mit einer Rückenmassage. Dennoch gab es Fragen, die beantwortet werden mussten.
„Warum trägst du ein Messer bei dir?“, wollte sie wissen.
„Das kann ich dir nicht
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