Riskante Versuchung
sagen“, antwortete er so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte.
„Okay“, sagte sie, die Verspannungen in seiner Schulter massierend.
Er wich zurück und drehte sich zu ihr um. „Das ist alles? Einfach ‚okay‘?“
Jess zuckte die Achseln und zwang sich zu einem Lächeln. Eben noch hatten sie den intimsten körperlichen Akt miteinander vollzogen. Warum konnte er sie nicht in seine Geheimnisse einweihen? „Du sagst, du kannst es mir nicht verraten. Also okay. Was soll ich denn machen? Vielleicht jammern? Wohl kaum. Und Folter ist auch nicht mein Stil. Ich kann allerdings nicht so tun, als wäre ich deswegen nicht frustriert. Ich hoffe einfach, dass du es mir eines Tages sagen wirst. Vielleicht vertraust du mir eines Tages genug, um mir alles über dich zu erzählen.“
Rob zog sie auf seinen Schoß und hielt sie fest in seinen Armen. Es geht nicht um Vertrauen, hätte er ihr am liebsten erklärt. Aber das konnte er nicht. Er konnte es ihr nicht einmal ansatzweise zu erklären versuchen, denn er würde es ihr ohnehin nie erzählen können. Sie schlang ihm die Arme um den Nacken und hielt ihn tröstend - obwohl er ihr nicht sagte, warum er ihren Trost brauchte.
Mit einer beängstigenden Gewissheit erkannte er, dass er diese Beziehung zu Jess noch wochen-, monate-, vielleicht sogar jahrelang weiterführen könnte, ohne dass sie ihn zu Antworten auf ihre Fragen drängen würde. Aber sein Schweigen würde sie kränken. Jedes Mal, wenn er eine ihrer Fragen nicht beantworten konnte, würde sie glauben, er vertraue ihr nicht.
Himmel, Jess‘ stilles Verständnis und ihre Akzeptanz waren genau das, was er brauchte. Aber gerade deshalb musste er es beenden, ehe er noch tiefer in diese Beziehung hineingezogen wurde, weil er der Versuchung nicht widerstehen konnte. Denn das, was er ihr zu bieten hatte, war genau das, was sie nicht brauchte.
Sie musste auch nicht von ihm hören, der Sex mit ihr sei ein großer Fehler gewesen - zumindest nicht jetzt, nicht in dieser Nacht. Aber er konnte nicht hier bei ihr bleiben. Er ertrug die Vorstellung nicht, mit ihr in den Armen einzuschlafen und an sie geschmiegt aufzuwachen. Die Versuchung wäre zu groß. Jedes Mal, wenn er nachgäbe und mit Jess schliefe, würde ihm der Abschied schwerer fallen.
Er musste von hier verschwinden. Sofort.
Sanft löste er ihre Arme von seinem Nacken. „Ja, du solltest jetzt wirklich nach Kelsey schauen“, erinnerte er sie. „Es ist fast halb vier. Ich sollte gehen.“ Er erstickte fast an den Worten.
„Gehen?“
Er wappnete sich gegen ihre Enttäuschung. „Ich würde gern die ganze Nacht bleiben“, sagte er, und es war keine Lüge. Er hätte glatt seine Seele verkauft, wenn das irgendetwas geändert und er dadurch bei ihr hätte bleiben können. „Aber ich nehme an, du willst nicht, dass Kelsey mich morgen früh in deinem Bett vorfindet.“
Die Enttäuschung verschwand aus ihrem Blick. „Gutes Argument“, räumte sie ein. „Es käme ein bisschen plötzlich, ihr die Sache zwischen uns beizubringen. Ich bin gleich wieder da“, sagte sie und ging zur Tür.
Als ihre Hand schon auf dem Türknauf lag, rief Rob sie noch einmal.
„Jess.“
Sie blieb stehen und schaute ihn an. Er stand auf. Sein nackter Körper sah athletisch und wundervoll aus in dem schwachen Licht, das seine markanten Gesichtszüge ebenso hervorhob wie seinen sinnlichen Mund. Eine widerspenstige Strähne fiel ihm ins Gesicht. In seinen Augen lag ein trauriger, gehetzter Ausdruck.
„Nur in meinen wildesten Träumen habe ich mir ausgemalt, dass wir miteinander schlafen würden“, gestand er.
Wie in Trance kam er auf sie zu und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen, um sie sanft zu küssen. Jess‘ Herz pochte.
„Wenn ich jetzt nicht gehe …“, flüsterte er.
Sie verstand, verspürte jedoch das schon vertraute Verlangen, das bei seiner Berührung erwachte. Wenn er jetzt nicht ging, würden sie wieder miteinander schlafen, und Kelsey würde sie am Morgen finden. Und dann würde das kleine Mädchen zweifellos anfangen, Einladungen zur Hochzeit zu verschicken.
„Wir sehen uns morgen“, sagte Rob, zog rasch seine Hose an und suchte seine restlichen Sachen zusammen.
Er öffnete die Schlafzimmertür und verschwand im dunklen Flur.
Jess hörte, wie die Küchentür geöffnet und wieder geschlossen wurde, und schlich auf Zehenspitzen in Kelseys Zimmer. Trotz des batteriebetriebenen Ventilators, den Rob auf ihre Fensterbank gestellt hatte, waren die Haare
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