Riskante Versuchung
auf ‚waren‘. Vergangenheit.“
Frank setzte sich neben sie. Dabei zupfte er an seinen Hosenbeinen, sodass seine braunen Socken sichtbar wurden. Er sah ein bisschen albern aus, wie er so dasaß. „Das tut mir leid“, sagte er.
„Mir auch“, erwiderte Jess. „Ich dachte …“
„Was?“
Sie sah in Franks haselnussbraune Augen. „Ich dachte, er sei der Richtige.“
„Der Richtige?“
Sie lächelte reumütig. „Du weißt schon, dieser eine Mensch, auf den ich mein ganzes Leben gewartet habe … Wow, das klingt so dumm, wenn ich es ausspreche.“
„Es ist überhaupt nicht dumm“, versicherte er ihr, nahm ein Blatt, das auf den Stuhl gefallen war, und spielte damit herum.
Jess schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. „Danke, dass du mir heute Abend mit Ian geholfen hast“, sagte sie. „Rob fand, ich sollte ein Unterlassungsurteil gegen ihn erwirken …“
„Weißt du was?“, unterbrach er sie. „Ich dachte ehrlich gesagt, vielleicht könnte ich der Richtige sein.“
Jess machte die Augen wieder auf und sah ihn an.
Er riss das Blatt entzwei und ließ die Hälften auf die Veranda segeln. Dann sah er Jess ernst an.
Sie wählte ihre Worte sehr sorgfältig. „So funktioniert das leider nicht“, sagte sie. „Man kann sich nicht entscheiden, etwas für jemanden zu empfinden. So funktioniert das nicht …“
„Warum nicht?“, wollte Frank wissen. Er stand auf und strich sich die Hose glatt. „Denk wenigstens darüber nach.“
Jess und Kelsey standen am Tresen des Sarasota Music Centers und warteten darauf, dass der Verkäufer sie zur Kenntnis nahm und sie bei ihm die Saiten bezahlen konnten, die Jess für ihre akustische Gitarre brauchte. Kelsey betrachtete die Glasvitrinen neben der Kasse und zeigte auf abwaschbare Tattoos zwischen dem Greatful-Dead-Schmuck und den Nirvana-Stoßstangenaufklebern.
„Ich will so eins“, verkündete sie.
Jess schaute hin und grinste. „Welches denn?“ Den Drachen, dem Geifer von den furchterregenden Fangzähnen tropfte, oder den Totenschädel, durch dessen eines Auge und die Nase sich eine Schlange wand?
„Den Drachen.“
Wie gut sie ihre Tochter doch kannte!
„Das wird wohl nichts. Das Geld ist ein bisschen knapp in dieser Woche.“
Kelsey kaute auf ihrer Unterlippe. „Aber es würde dir so gut stehen.“
„Mir?“ Jess lachte. „O nein, vielen Dank …“
„Aber sie hat recht“, meldete sich eine sehr vertraute Stimme zu Wort. „Allerdings nicht der Drache.“
Kelsey stand stockstarr da und schien in sich zusammenzusacken, während Jess sich wappnete, als sie in Ians spöttisches Gesicht sah.
Da ihr Exmann der berühmte Konzertmeister des Sarasota Symphony Orchestra war, kam der Verkäufer sofort herüber. „Kann ich Ihnen helfen, Mr Davis?“
Ian lehnte sich mit dem Ellbogen auf den Glastresen, direkt auf das Schild, das die Kunden bat, genau das nicht zu tun. „Ja, ich nehme eines von diesen Tattoo-Dingern. Ja, genau, das da.“ Er zeigte auf den Kasten. „Setzen Sie es auf meine Rechnung.“
Der Angestellte gab ihm das kleine Päckchen, und Ian überreichte es Jess. „Eine Rose für die Dame“, erklärte er.
Jess rührte sich nicht. „Der charmante Ian“, sagte sie. „Wirklich, sehr charmant.“ Sie beugte sich zu Kelsey herunter. „Tu mir einen Gefallen, Bug“, sagte sie leise. „Warte bitte dort drüben bei den Notenbüchern, während ich mit Ian rede, ja? Bleib schön da, wo ich dich sehen kann.“
Kelsey nickte, und Jess schaute ihr hinterher, bis sie sich außer Hörweite befand. Dann gab sie dem Verkäufer einen Zehndollarschein für die Gitarrensaiten und wartete, bis er damit zur Kasse ging, ehe sie sich an ihren Exmann wandte. „Ich warte seit siebzehn Monaten auf einen Unterhaltsscheck von dir. Glaub mir, wenn ich die Wahl hätte, würde ich gar nicht davon anfangen. Aber die Kupplung meines Wagens geht wieder kaputt, und …“ Jess biss die Zähne zusammen, denn sie hasste diese Demütigung. „Tja, und deshalb muss ich betteln, verdammt noch mal.“
„Leih dir das Geld doch von deinem neuen Freund“, schlug Ian kalt vor und warf ihr das Rosentattoo hin.
„Der Unterhalt ist mir egal“, erklärte sie. „Den wollte ich nicht. Es war deine Idee. Aber Unterhalt für Kelsey - sie ist schließlich auch deine Tochter.“
„Ist sie?“
Jess platzte der Kragen. „Du weißt sehr genau, dass sie das ist. Ich war dir nie untreu. Du warst derjenige mit den Affären, schon vergessen?“
„Du
Weitere Kostenlose Bücher