Risotto Mit Otto
Schlafzimmer mit einem riesigen Himmelbett, das ganz in Bordeauxrot gehalten war, mit einem riesigen Spiegel an der Decke. Als hätte man mich bei etwas Verbotenem erwischt, schloss ich die Tür sofort wieder und hatte mit der nächsten mehr Glück: das Bad.
Erstaunt ließ ich den Blick durch den weiß gekachelten Raum mit der Steinborte in verschiedenen Brauntönen wandern, von der komplett verglasten Dusche mit farblich abgestimmtem Mosaiksteinboden über die Badewanne mit der modernen Armatur und den zwei supermodernen Waschbecken bis zu der Lampe über dem Spiegel mit dem barocken Goldrahmen. Kein einziges Härchen lag herum, die Handtücher, braun und cremefarben, lagen akkurat gefaltet auf einem Stapel, auf dem Bord über dem Waschbecken standen unzählige Parfumflakons ordentlich aufgereiht, und in der Dusche waren die Shampooflaschen nach Größe sortiert.
Da hatte ich mich aber mal gründlich getäuscht. In meinem Zimmer war ich extra noch mit Todesverachtung in meine rosafarbenen Flipflops mit Strassbommeln geschlüpft. Ich hatte damit, denn davon war ich selbstredend ausgegangen, in die verdreckte Dusche steigen wollen, damit meine zarten Füße ja nicht mit den Überresten meiner Vorduscher in Berührung kamen. In der Not frisst der Teufel Fliegen, und Italienerinnen stören sich nicht an Duschwannen mit braunen Rändern, hatte ich mir gesagt. Ich hatte sogar überlegt, extra die Kontaktlinsen noch nicht anzuziehen, damit ich mir das Elend nicht so genau ansehen musste. Nach dem ersten Eindruck von Beates WG, wo ich auf der Toilette tausend Tode gestorben war und mich mehrfach verteufelt hatte, weil ich mein Desinfektionsspray im Koffer und damit nicht griffbereit hatte, war ich davon ausgegangen, dass Dreck in einer deutschen WG zur Standardausstattung gehört. So kann man sich irren.
»Ich hasse Katzen«, schimpfte ich wenige Minuten später vor mich hin, während das warme Wasser über meinen Körper perlte und ich mir den Schrecken der letzten Stunde mit Light Blue abzuwaschen versuchte. Das Duschgel von Dolce & Gabbana war momentan mein absoluter Favorit, und ich hoffte, dass es auch hier in Deutschland erhältlich war. Nun denn, zur Not musste mir mamma eben eines schicken. Ich versuchte, wenigstens für ein paar Minuten nicht an den fiesen Kater und den noch fieseren Mitbewohner zu denken, und shampoonierte mir die Haare.
Als ich kurz darauf in die große Wohnküche kam, die mit schlichten weißen Schränken, einem alten grauen Bosch-Kühlschrank und sogar einer Spülmaschine ausgestattet war, wartete Beate schon auf mich. Sie hatte mir gestern Abend noch versprochen, mit mir heute zur Uni zu fahren und mir schon mal alles zu zeigen, damit ich mich bei Semesterbeginn besser zurechtfand. Offenbar hatte sie Friedrich inzwischen über meine Daseinsberechtigung aufgeklärt, und er schien tatsächlich gewillt, mich für die nächsten Tage in seinem näheren Umfeld zu dulden.
»Kannst bleiben«, nuschelte er in seinen Bart und schob mir einen Haustürschlüssel zu. Dabei schlürfte er eine hellbraune Suppe undefinierbarer Provenienz aus einer weißen Henkeltasse, vermutlich Kaffee mit Dosenmilch.
» Grazie .« Ich griff danach und steckte ihn ein.
»Auch ’ne Fischsemmel?«, fragte er dann und hielt mir allen Ernstes ein Brötchen mit einem silbrig glänzenden Fischfilet und mindestens drei Kilo Zwiebeln entgegen.
Ich musste würgen und brachte mit Müh und Not ein »Nein, danke« hervor, ehe ich aus der Küche stürmte.
Die amüsierte Beate folgte mir auf dem Fuße. »Ärger dich nicht. Friedrich provoziert nun mal gerne. Als Chemieinformatiker ist er der Exot der WG, Marcus und Mike sind da ganz anders, du wirst schon sehen: zwei echte Schätzchen. Friedrich ist, glaub ich, ein Cousin von Mike aus Norddeutschland, und die beiden haben sich ganz gut mit ihm arrangiert. Du musst ihn einfach ignorieren, dann kriegt er sich schon wieder ein. Im Grunde ist er echt ein netter Kerl, und man kann sich tausendprozentig auf ihn verlassen.«
Wollte ich das wissen? Ich war mir nicht sicher. »Schön«, sagte ich daher nur und suchte nach meiner Handtasche. »Ich wär dann so weit, wir können los«, fügte ich hinzu und griff reflexartig nach meinem Handy, um nachzusehen, wer angerufen hatte. Normalerweise tue ich das gleich nach dem Aufstehen, aber heute früh hatte Joe Kugel meine Alltagsroutine ein klein wenig durcheinandergebracht.
Das hätte ich mal besser nicht getan, denn beim Blick auf das
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