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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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Abend versetzt hatte. Doch darüber wollte ich gar nicht erst nachdenken. Er war eben verhindert, schließlich hatte er als Investmentbanker einen total wichtigen Job, der ihn total forderte, und würde mir sicher eine total glaubhafte Erklärung liefern, sobald er konnte. An dem Gedanken hielt ich mich fest wie eine Schiffbrüchige an einem Stück Treibholz, dennoch konnte ich es nicht verhindern, dass mir auf dem Weg vom Harras zur WG die Tränen übers Gesicht liefen.
    Zu Hause angekommen, dachte ich erst, bei Frau Griesmayer hätte sich die Gardine bewegt, doch als ich genau hinsah, merkte ich, dass es nur ihre Orchidee war, die auf der Fensterbank stand. Aber selbst wenn die alte Dame mich beobachtet und über meine nächtlichen Ankunftszeiten Buch geführt hätte, es wäre mir egal gewesen. Solange sie babbos Handynummer nicht kannte, war ich in Sicherheit.
    Da ich mehrere nicht ganz lautlose Versuche gebraucht hatte, um mit dem Schlüssel das Schloss zu treffen, hätte es mich nicht wundern dürfen, dass Friedrich im hellblauen Flanellpyjama vor mir stand und mich mit hochgezogenen Brauen musterte, als ich zur Tür hereintorkelte.
    »Du?«, fragte ich dennoch erstaunt.
    »Ja, ich.« Er atmete hörbar aus. »Bist du etwa schon wieder betrunken?«
    »Was geht dich das an?« Meine Stimme überschlug sich fast.
    »Na, wenn du das Bad wieder so verwüstest wie nach deinem Oktoberfestbesuch, dann geht es mich sehr wohl was an. Ich habe einen halben Tag gebraucht, um es mit Sagrotan zu desinfizieren.«
    »Erinnere mich nicht daran«, sagte ich nur und wollte mich an ihm vorbeischieben.
    »Wie siehst du überhaupt aus? Ist was passiert?«
    »Wieso? Ich wischte mir über die Augen und hoffte, die Wimperntusche hatte meinen Gefühlsausbruch heil überstanden. Teuer genug war sie jedenfalls.
    »Du weißt, dass morgen das neue Semester beginnt?«, hakte der Großinquisitor nach.
    »Ja.«
    »Na, dann mal viel Erfolg.« Der Sarkasmus in seiner Stimme war unüberhörbar.
    Danke für die Tiefenbohrung in meinem wunden Punkt, dachte ich wütend, denn ich wusste nur zu genau, dass ich bisher nichts getan hatte, um mich auf meine beiden Auslandssemester vorzubereiten. Beate hatte mir immer mal wieder angeboten, sich mit mir darum zu kümmern, aber ich hatte stets etwas anderes im Sinn gehabt, und die Zeit seit meiner Ankunft in München war vergangen wie im Flug. Dank Friedrichs Bemerkung stieg mal wieder die nackte Panik in mir auf, und mir lagen schon die blumigsten Verwünschungen auf der Zunge, die die italienische Sprache so hergibt.
    Da ich mich zu einem verbalakrobatischen Gerangel auf Bezirksliganiveau jedoch nicht mehr in der Lage sah, versuchte ich, die mir entgegengebrachte ebenso wie die in mir aufsteigende Aggression einfach an mir vorüberziehen zu lassen, was mir tatsächlich gelang. Ich ging ins Bad und fiel anschließend wie ein Stein aufs Bett, das sich bald so stark anfing zu drehen, dass ich ein Bein rausstellte, in dem Versuch, das Karussell anzuhalten.
    Am nächsten Morgen kreiste immer noch das ganze Zimmer um mich, und mein Schädel dröhnte, als würde ihn ein ganzes Tieffluggeschwader als Start-und-Lande-Bahn benutzen. Immerhin war meine Erkältung inzwischen abgeklungen, und ich konnte wieder frei atmen.
    Der erste Blick galt meinem Handydisplay: Fehlanzeige. Schon wieder traten mir die Tränen in die Augen, und ich biss mir die komplette Unterlippe blutig, um nicht loszuheulen. Mit Mühe und Not kämpfte ich mich aus dem Bett, gönnte mir einen doppelten Espresso zum Frühstück und schlüpfte nach einer kurzen Dusche in meine Kleider. Erst jetzt wunderte ich mich darüber, dass es so ruhig war, und stellte nach einem Blick auf die Armbanduhr fest, dass alle ausgeflogen sein mussten. Um fünf nach zehn waren die M&Ms schon seit Stunden außer Haus, und selbst Friedrich war bereits unterwegs.
    »Aiuto« , flüsterte ich meinem Spiegelbild im Flur zu, denn damit hatte ich Beate versetzt und war im Grunde keinen Deut besser als Ben. Wir hatten abgemacht, um halb neun zusammen zur Uni zu fahren, und als ich nebenan klingelte, machte mir selbstverständlich niemand auf.
    Zu allem Übel rief auch noch babbo an, als ich gerade das Haus verlassen wollte, um mir zu sagen, dass Signor Colluti nun schon zum fünften Mal behauptet habe, ich sei gerade zufällig nicht zu Hause, als er mich hatte sprechen wollen.
    »Bei dir ist ja ständig besetzt oder du gehst nicht ran, daher habe ich gleich bei dem alten Herrn

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