Risotto Mit Otto
Italiener würde ich sowieso nie etwas anfangen«, meinte sie dann. »Das sind solche Schleimer, das hält man ja im Kopf nicht aus.«
Nun fühlte ich mich in meiner Ehre gekränkt. »Moment mal, nur weil meine Landsleute wissen, wie man einer Frau Komplimente macht, musst du sie nicht als Schleimer abstempeln. Die Deutschen können das Wort ja nicht mal richtig buchstabieren. Wie soll man sich denn in diesem Land als Frau fühlen? Das ist ja fast nicht möglich. Neulich erst hab ich mich gefragt, ob ich über Nacht hässlich und unscheinbar geworden bin. Ich gehe ganz bestimmt nicht davon aus, dass mir die Männer scharenweise nachlaufen, aber die deutschen Jungs schauen einen nicht mal an. Geschweige denn mehr.«
»Was erwartest du denn?« Isabelle wirkte irritiert.
Doch ich war nun richtig in meinem Element und redete einfach weiter, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Wenn hier ein Mann eine Frau unverfänglich ansprechen will, dann fragt er sie nach dem Weg. Hallo? Könnt ihr mir das mal erklären? Wie soll ich denn draufkommen, dass der Typ was von mir will, wenn er hier die Touristennummer abzieht?«
»Er will eben nicht aufdringlich sein«, versuchte Beate den gemeinen deutschen Flirter in Schutz zu nehmen.
»Wieso kann er mir nicht einfach was Nettes sagen? Dass ich gut aussehe zum Beispiel? Oder ein schönes Lächeln habe? Oder strahlende Augen?«
Isabelle schüttelte vehement den Kopf. »Weil das total billig klingt.«
Ich hielt dagegen. »Zeig mir eine Frau, die sich nicht über ein Kompliment freut.«
»Na ja«, Beate rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. »Natürlich würde ich mich freuen, aber wenn einer zu mir kommt und was von meinen schönen Augen faselt, dann denke ich: Was ist das denn für ein Depp? Fällt dem nichts Abgedroscheneres ein?«
»Oh weh«, sagte ich nur, »die armen deutschen Jungs. Die haben es echt schwer.«
Dabei blickte ich wohl so betroffen drein, dass die beiden spontan in schallendes Gelächter ausbrachen. Otto, der gerade vom Volleyballtraining nach Hause gekommen war, folgte dem Lärm und blieb mit einem verwunderten Blick auf die heitere Runde im Türrahmen stehen.
» Salve, Otto, du kommst uns gerade recht«, begrüßte ich ihn. »Wie würdest du eine Frau ansprechen, die dir gefällt?« Auffordernd grinste ich ihn an.
Zu meiner grenzenlosen Verwunderung stürzte er ohne eine Antwort, dafür aber mit hochrotem Kopf aus der Küche und murmelte was von »erst duschen«.
»Da habt ihr’s!«, rief ich. »Wieder so ein topausgebildeter Flirtexperte. Wenn das so weitergeht mit den überfüllten Seminaren an der Uni, dann gründe ich ’ne Flirtschule. Damit werde ich hier garantiert reich.«
»Du ganz bestimmt nicht, so feinfühlig, wie du bist. Merkst du denn nicht, was mit Otto los ist?« Isabelle schien fassungslos.
»Was denn?«
»Na …«, setzte sie an, kam jedoch nicht sehr weit, denn Beate unterbrach sie.
»Egal jetzt«, sie warf Isabelle einen warnenden Blick zu. »Wie sind wir eigentlich darauf gekommen? Ach ja, über Ben. Wann triffst du dich denn mit ihm?«
»Am Samstag.« Sofort bekam mein Blick wieder etwas Schwärmerisches. »Er hat gesagt, wir machen einen Ausflug, eine Überraschung. Ich bin ja schon so gespannt.«
Beate verschränkte die Arme vor der Brust. »Na, wenn das mal nicht wieder ins Wasser fällt.«
Die Verabredung mit Ben fand diesmal tatsächlich statt, dafür fiel jedoch etwas ganz anderes ins Wasser, und zu meinem Leidwesen sollte Beate mal wieder recht behalten.
Doch zunächst war alles ganz wunderbar, und dem Anfang des Abends wohnte – wie heißt es noch so schön kitschig? – ein Zauber inne. Ben kam wie verabredet pünktlich um fünf in Jeans, weißem Hemd und Sakko, überreichte mir eine traumhaft schöne rote Rose mit Blütenblättern wie aus Samt, küsste mich auf die Wangen, machte mir ein Kompliment über mein Aussehen und bot mir seinen Arm an, um mich die Treppe nach unten zu geleiten.
Ich genoss es, Friedrich einen triumphierenden Blick zuzuwerfen, als ich mit meiner Eroberung das Feld verließ, auf dem er einsam und geschlagen zurückblieb. Mit Sicherheit würde er den Samstagabend wieder vor seinem PC verbringen und sich mit anderen Nerds in irgendwelchen Foren über die neuesten technischen Errungenschaften der Computerindustrie austauschen. Oder beim Chatten mit Angehörigen der Selbsthilfegruppe milbengeplagter Hausstauballergiker Baden-Württembergs in Weltuntergangsszenarien schwelgen. Auch eine
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