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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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Unwissenheit. Vielleicht haben die Deutschen einfach ein anderes Verständnis von Romantik als wir Italiener? Kein noch so mittelloser Kleinstadtgigolo käme je auf die Idee, seiner Angebeteten eine Pizza im Pappkarton und eine Flasche Bier beim ersten Date zu kredenzen. Egal, mit derlei Details würde ich mir heute nicht den Abend verderben. Ich bin offen für alles, redete ich mir ein, Hauptsache, er küsst mich nachher.
    Als ich einen schönen Platz auf einem Mäuerchen entdeckte, steuerte ich direkt darauf zu. »Bringst du mir eine Margherita mit extra viel Käse mit?«, bat ich ihn und machte es mir mit Blick auf die untergehende Sonne gemütlich.
    In gespielter Empörung stemmte er die Hände in die Hüften und fragte: »Wie heißt noch das Zauberwort?«
    Was wollte er von mir? Ich zuckte fragend die Achseln. »Hokuspokus?«
    Er grinste bloß. »Selbstverständlich. Ruhen Sie sich nur aus, signorina, die Fahrt hierher war anstrengend«, sagte er süffisant und wandte sich zum Gehen.
    » Stupido .« Ich musste daran denken, dass Vale mal gesagt hatte, man könne ganz leicht erkennen, ob ich jemanden mag. Wenn ich ihn beschimpfe, seien definitiv Gefühle im Spiel, hatte sie zielsicher diagnostiziert. Ben schien mir demnach ziemlich gut zu gefallen, wenn ich ihn als Blödmann betitelte.
    Gedankenübertragung beherrschten wir bis zur Perfektion, daher wunderte es mich nicht, als mein Handy klingelte, kaum dass ich mich wieder umgedreht hatte, und meine beste Freundin dran war.
    » Ciao cara, alles klar bei dir?«, fragte sie.
    »Total verklärt«, erwiderte ich schwärmerisch.
    »Geht’s dir gut?« Sie klang auf einmal ganz besorgt.
    »Bestens, ich kann nur nicht lange reden, ich bin schon mit Ben unterwegs.«
    »Und, küsst er so gut, wie er aussieht?« Vale konnte sich einen spöttischen Unterton nicht verkneifen.
    Sie wusste, dass ich heute mit ihm verabredet war, hatte wohl nur nicht damit gerechnet, dass wir so früh unterwegs sein würden. Es war gerade mal sechs Uhr abends, da hat eine Italienerin, die etwas auf sich hält, noch nicht mal zu Ende überlegt, was sie am Abend fürs große Date anziehen wird. Ganz zu schweigen davon, dass sie um diese unchristliche Ausgehzeit schon geduscht, geföhnt, geschminkt, gezupft, enthaart, eingecremt, sprich bereit ist. Aber hier in Deutschland gehen die Uhren nun mal anders. Außerdem wurde es im Oktober schon relativ früh dunkel, und wir wollten ja unbedingt noch den Sonnenuntergang genießen.
    »Hoffentlich. Ich werde dir morgen in allen Einzelheiten davon berichten«, sagte ich, und wir entwarfen sogleich eine ganze Reihe an Szenarien, die problemlos jeder Liebesschnulze das Wasser gereicht hätten.
    Da bog Ben um die Ecke, und ich verabschiedete mich schnell von Vale, nicht ohne mir noch anhören zu dürfen, dass ich es diesmal ja nicht vermasseln sollte. »Na, dann werde ich mal mein Bestes geben«, versprach ich. » Ciao cara, ciaociao .«
    Ich hatte gerade aufgelegt, da stand Ben wieder vor mir, in der Hand zwei Pizzakartons und eine Flasche Nebbiolo.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Na, Pizza«, antwortete er verwirrt.
    »Nein, das hier.« Ich deutete auf die Flasche und musste lachen. »In Italien trinkt man Bier zur Pizza, keinen Wein.«
    »Ach.« Ben ließ sich nicht weiter von meiner Bemerkung aus dem Konzept bringen, sondern machte sich daran, den Korken mit dem Daumen in die Flasche zu drücken und den Wein in zwei Plastikbecher zu gießen. »Ist das nicht Romantik pur?«, fragte er und hielt mir einen der Becher hin.
    Ich schluckte all meine unerfüllten Erwartungen, die weniger von Plastikbechern und Pizzakartons, sondern in erster Linie von einsamen, mit Damast und echtem Silberbesteck gedeckten Tischen samt Fünfgängemenüs auf der Terrasse eines Nobelrestaurants mit Seeblick geprägt waren, von Kerzenlicht und überflüssigen Accessoires wie Diamantringen ganz zu schweigen, mit einem großen Schluck Wein herunter und nickte brav. Zum Trübsalblasen kam ich jedoch gar nicht, denn Ben war so charmant, und wir hatten so viel Spaß zusammen, dass ich unser nicht ganz standesgemäßes Menü, das er mit einer aus dem Sakko hervorgezauberten Tüte Mini-Gummibärchen krönte, in vollen Zügen genoss.
    Nach dem Essen schlenderten wir ein bisschen am See entlang und suchten uns ein schönes Plätzchen auf einem Steg gleich neben einem Bootshaus, wo wir den Rest des Weins trinken wollten. Vor uns waren mehrere Boote vertäut, die im Rhythmus der Wellen im

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