Risotto Mit Otto
Möglichkeit, die Zeit bis zum eigenen Ableben rumzukriegen.
Ben führte mich zu einem nagelneu aussehenden schwarzen Riesengefährt, einem von diesen Sport Utility Vehicles oder wie die Panzer hießen, bei dessen Anblick ich spontan grinsen musste. Wie schön, dass Klischees sich so gut wie immer bewahrheiten, dachte ich.
Ein deutscher Mann brauchte also ein möglichst großes, potentes Auto, das außerdem möglichst groß und potent aussehen musste – was nach meinen Vermutungen diametral mit der Körpergröße des Fahrzeughalters zusammenhing. Selbst die saudischen Scheichs, die mit ihren Rolls-Royce durch die Wüste kurvten, gaben vermutlich nicht annähernd so viel Geld für Autos aus wie die Deutschen. Prozentual vom Vermögen gesehen natürlich. Ich habe durchaus ein Faible für Statussymbole, vor allem wenn sie von namhaften Designern sind, aber den Deutschen sind ihre Autos ja fast wichtiger als ihre Kinder. Mit Verwunderung hatte ich bei meiner Ankunft in München festgestellt, dass der teutonische Familienvater am Wochenende lieber sein Gefährt hegte und pflegte als die Beziehung zu Frau und Kindern. Vor den Waschanlagen bildeten sich lange Schlangen, an den Tankstellen wurde gesaugt und gewischt und trockenpoliert, dass es kaum auszuhalten war. Wir Italiener sind da eher pragmatisch: »Der Regen wird’s schon waschen, und wenn nicht, ist es auch gut«, lautet die südländische Variante der ganzen Chose.
Jedenfalls schien Ben sich ganz offensichtlich ebenfalls für Autos zu begeistern, mit denen man wahlweise die Wüste Gobi oder urwaldgleiche Sumpfgebiete durchqueren und nebenbei auch noch Steigungen von mehr als siebenundvierzig Prozent spielend meistern konnte. Das ist wichtig, sagte ich mir, während mein Blick über den glänzenden Lack wanderte, schließlich beginnt gleich vor den Toren der Stadt das Voralpenland, und da kann es schon mal ordentlich den Berg raufgehen. Und Schnee gab es hier im Winter sicher auch genug.
Als ich das Porsche-Wappen auf der Motorhaube entdeckte, war ich dann aber doch beeindruckt. »Wow«, sagte ich nur, »nicht schlecht.« Ich lächelte ihn bewundernd an, was prompt die erwünschte Wirkung hatte, denn er fühlte sich ganz offensichtlich geschmeichelt. Zumindest deutete ich seine Antwort so.
»Das ist ein nagelneuer Cayenne Turbo«, sagte er mit sichtbar stolzgeschwellter Brust. »Ein cooles Teil, mit Achtganggetriebe und allen Schikanen. Von null auf hundert in unter fünf Sekunden, da geht was. Der Wagen hat satte fünfhundert PS und macht fast dreihundert Sachen.«
Ich war mir jetzt nicht ganz sicher, was er damit meinte. Was für Sachen? Und wieso gleich dreihundert? Konnte das Ding etwa wie diese modernen Kühlschränke sein Benzin online bestellen, per Bluetooth der Werkstatt vorab schon mal mitteilen, was ihm fehlte, und zur Unterhaltung der Fahrgäste nicht nur alle Hits dieser Welt auf seiner Bose-Anlage abspielen, sondern auch die bayerische Nationalhymne hupen? Um mich nicht zu blamieren, fragte ich lieber mal nicht nach.
Als Ben um den Wagen herumging, um mir die Tür aufzuhalten, musste ich innerlich grinsen. Das war mal voll und ganz nach meinem Geschmack, so gefiel mir das, dieser Mann war einfach perfekt. Zumindest bei oberflächlicher Betrachtung, und zu mehr war ich mit meinem hormonbenebelten Hirn momentan nicht in der Lage.
» Grazie .«
Ich schenkte ihm mein schönstes Lächeln, das er strahlend erwiderte, und ließ mich auf die cremefarbenen Ledersitze gleiten. Sie gaben sofort sanft nach, und ich fühlte mich, als säße ich auf Wolken. Daran waren aber nicht nur die tollen Sitze schuld.
»Bitte, bellissima .«
Das Kompliment ging mir runter wie Öl. Endlich ein deutscher Mann, der weiß, wie man eine italienische Frau adäquat behandelt, dachte ich. Kein Grobian, kein stilloser Bauer, kein verdruckster Student, sondern ein formvollendeter gentiluomo, der einer Frau etwas bieten kann. Hach, seufzte ich, das wird ein guter Tag.
An Bens Seite genoss ich die tolle Aussicht, die man von hier oben hatte – bei Föhn konnte man bestimmt die Alpen sehen –, und dachte spontan, dass so ein Cayenne doch das ideale Frauenauto war. Obwohl, kam es mir in den Sinn, als ich den Smart in der Parklücke davor betrachtete, der auf einmal noch winziger wirkte als sonst: Einparken wollte ich mit dem Schiff nicht. Und was die passionierte Radfahrerin Beate zum Benzinverbrauch in dieser Luxusvariante eines Kleinlasters sagen würde, wollte ich
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