Risotto Mit Otto
der Ausrufezeichen signalisierte mir, dass meine beste Freundin mir nicht traute.
Völlig zu Recht, denn zwei Stunden später lag ich mit Ben in einem Hotelbett und hatte den sensationellsten Sex meines Lebens. Immerhin die Rechnung war am Ende aufgegangen.
In den nächsten Tagen schwebte ich auf Wolke sieben. Ben küsste mich jeden Morgen per Telefon wach und ließ mich keinen Abend schlafen gehen, ohne mir noch süße Träume zu wünschen. Seine romantischen Nachrichten trösteten mich über die Tatsache hinweg, dass er nach wie vor verheiratet, wieder beruflich extrem eingespannt und viel unterwegs war, weshalb wir uns erst in zwei Wochen wiedersehen konnten. Statt mich deswegen zu grämen, gab ich mich in der Zwischenzeit meinen romantischen Tagträumen hin und war hin und weg von ihm. Vale erzählte ich wohlweislich nichts davon, sondern hielt mich über den Ausgang des Abends sehr bedeckt, und auch Beate, die nicht hatte glauben wollen, dass ich mich mit dem »fiesen Typen« überhaupt noch mal verabredet hatte, blieb uneingeweiht.
Jedenfalls war’s komplett um mich geschehen: In der Uni konnte ich mich kaum konzentrieren, ich fuhr wie ferngesteuert mit der U-Bahn durch die Stadt und war jedes Mal froh, wenn ich an der richtigen Haltestelle ausstieg. Selbst Friedrich konnte meiner guten Laune nichts anhaben – zunächst jedenfalls. Doch dann geschah etwas, das mein feuriges italienisches Blut in Wallung brachte und mich zu einer Kurzschlusshandlung veranlasste, die ich mir selbst niemals zugetraut hätte.
Dabei hatte der Tag so gut angefangen: Als Dank für Ottos Weihnachtsrettungsaktion und weil ich Isabelle und Beate schon ewig versprochen hatte, mal italienisch zu kochen, wollte ich für uns alle sieben Tagliatelle al ragù nach dem Spezialrezept meiner nonna zaubern. Die Deutschen denken ja, Spaghetti bolognese seien neben Pizza und Lasagne das italienische Nationalgericht, wie auch immer es dazu gekommen sein mag. Ich wollte jedenfalls einen wichtigen Beitrag zur interkulturellen Verständigung unserer beiden Völker leisten, indem ich zumindest den Menschen in meiner nächsten Umgebung glaubhaft versicherte, in Bologna esse man zwar Spaghetti, und auch eine Soße namens ragù alla Bolognese sei uns Italienern durchaus bekannt. Aber von Nationalgericht konnte, zumal in der Kombination mit Spaghetti, keine Rede sein. Gerade in der Zeit, als ich so schlimm unter Heimweh gelitten hatte, hätte ich liebend gern eine Portion von der sensationellen Soße verdrückt, die stundenlang köcheln musste, bis sie sämig und eingedickt und einfach rundherum perfekt war, um Sorgen jeder Art zu vertreiben. Dass ich dabei so manches Mal eine Portion zu viel gegessen hatte, sah man mir leider an, aber wenn ich Trost brauchte, war mein Gewicht nun mal zweitrangig.
Ich war am Nachmittag extra durch halb München gelaufen, bis ich eine Metzgerei gefunden hatte, in der mir die Verkäuferin ein Stück pancetta durch den Wolf zu drehen bereit war. Keine Ahnung, warum man in Deutschland problemlos halbe Schweine und Rinder, nicht jedoch durchwachsenen Bauchspeck zu Hackfleisch verarbeiten kann. Verbietet das etwa das deutsche Reinheitsgebot für Fleischwölfe?, fragte ich mich. Oder gelten diese unsinnigen Vorschriften nur für Bier?
Marcus hatte erst neulich versucht, mir den Unterschied zwischen dem deutschen und dem bayerischen Reinheitsgebot auseinanderzusetzen, und mir nach mindestens sieben Halben und daher entsprechend nuschelnd erklärt, dass in einem deutschen Bier laut Verordnung nichts anderes als Wasser, Hopfen und Malz etwas zu suchen hätten. Ich hatte mich gefragt, ob genau das der Grund dafür war, dass mir diese Brühe einfach nicht schmecken wollte, wollte das Thema im Interesse aller aber nicht weiter vertiefen.
Jedenfalls hatte ich meinen durchgedrehten Bauchspeck bekommen, ebenso all die anderen Zutaten, die ich für meine Spaghettisauce brauchte, und ging voller Vorfreude mit meiner Einkaufstüte in die Küche.
Tagliatelle al ragú
– für 4 Personen –
Zutaten
1 Zwiebel
1 Karotte
1 kleines Stück Stangensellerie
100 g Bauchspeck (gehackt)
1/2 kleines Glas Olivenöl extravergine
300 g Rinderhack
1/2 Glas Rotwein
1 kleines Glas Fleischbrühe
5 EL Tomatenmark
1 Peperoncino (getrockneter Chili)
Salz
Pfeffer
600 g Tagliatelle
100 g Parmesan
Zubereitung
Für die Soße die Zwiebel und die Karotte schälen und den Stangensellerie putzen, anschließend alles raspeln oder mit der
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