Ritter 01 - Die Rache des Ritters
umherziehen lasst.«
D’Bussy erbleichte, und er schob seine Tochter hinter sich.
»Zwei Mal seit gestern war ich ihr nah genug, sie Eurer Obhut zu entziehen«, fuhr Gunnar fort, »aber ich bin nur Euretwegen hergekommen. Ihr könnt Euch nicht ewig hinter den Röcken Eurer Tochter verstecken, alter Mann. In dem Augenblick, in dem Ihr Euch umdreht, könnt Ihr sicher sein, dass es mein Gesicht sein wird, das Ihr seht, der Stahl meiner Klinge, den Ihr schmecken werdet. Lasst Euch diesen Tag als Warnung dienen, dass ich zurückkommen werde. Und dann wird die Rache mein sein.«
Mit diesen Worten zog er sein Schwert zurück und wendete sein Pferd, verließ den Turnierplatz in einer Wolke aus Staub und mit einigen von d’Bussys Männern auf den Fersen.
Entsetzt und vor Angst zitternd sank Raina in die Arme ihres Vaters und beobachtete, wie der Mann, der in der kurzen Spanne eines Tages zuerst zu ihrem Retter und dann zu ihrem Feind geworden war, aus ihrem Leben davongaloppierte. Sie betete, dass sie ihm nie wieder begegnen müsse, aber in ihrem Herzen wusste sie, dass er jedes seiner Worte ernst gemeint hatte.
Er würde zurückkommen. Und mochte der Himmel ihnen allen beistehen, wenn das geschah.
3
In den vierzehn Tagen, die auf das Turnier folgten, fanden auf d’Bussys Besitzungen fast ebenso viele Angriffe statt. Scheunen wurden niedergebrannt, Karren mit Handelswaren überfallen und Häuser geplündert. Und es kamen Menschen dabei zu Tode. Es stand außer Frage, wer die Marodeure waren, denn mit jedem Überfall ging ihre Botschaft einher, dass erst dann Frieden herrsche, wenn der Baron zustimme, sich mit ihrem Anführer auf dem Feld der Ehre zu treffen. Doch d’Bussy schenkte keiner dieser Botschaften sonderliche Beachtung.
Der Baron nahm die Meldungen über die fast täglich stattfindenden Überfälle mit einem ungewöhnlichen Mangel an Gefühlen entgegen. Als seine Männer sich versammelten, bereit, sich den Marodeuren auf dem Schlachtfeld zu stellen, befahl er ihnen, in der Burg zu bleiben, verbot er es ihnen, Norworth zu verlassen. Verbot es, sich zu wehren.
Ein politischer Freund nach dem anderen wandte sich von ihm ab, da sie nicht länger bereit waren, einem Mann zu helfen, der sich nicht selbst half. Seine Träume von der Macht waren jetzt nur noch lächerlich, absurd allenfalls.
Der jüngste Bericht über einen Angriff kam von einer Besitzung des Barons, die nur eine Wegstunde von Norworth entfernt lag. D’Bussy saß stumm auf seinem Sitz auf der Estrade an der Frontseite der leeren Halle, die ihm zwischen den täglichen Mahlzeiten als Versammlungsort diente. Nigel stand vor ihm, zusammen mit dem Boten aus der benachbarten Burg.
»Mylord, wir müssen endlich Stellung beziehen. Die Zahl der Überfälle nimmt zu, und mit jedem Tag, der vergeht, rücken sie näher an Norworth heran.« Als der Baron nichts dazu sagte, beugte Nigel sich vor, seine Hand ruhte auf dem Heft seines Schwertes. »Ihr müsst nur ein Wort sagen, und Eure Männer werden Euch in die Schlacht folgen. Gebt Befehl dazu, und wir können uns für immer von diesem Ärgernis befreien.«
Der Baron schwieg, zupfte an seiner Augenbraue und hielt den Blick wie abwesend auf das D’Bussy-Banner gerichtet, das an der gegenüberliegenden Wand der großen Halle hing.
»Mylord«, flehte Nigel und fuhr sich in unübersehbarer Verzweiflung durch das Haar, »jeden Tag verlieren wir wertvolle Vorräte und Geld.«
Endlich hatte Nigel die Aufmerksamkeit seines Lords gewonnen. »Es ist mein Geld, und es sind meine Besitzungen. Wie ich auf die Überfälle reagiere, ist allein meine Sache.«
»Aye, Mylord«, pflichtete Nigel ihm mit einem respektvollen Neigen des Kopfes bei, »natürlich liegt die Entscheidung bei Euch. Ich wünsche nur darauf hinzuweisen, dass – «
»Ich habe genug gehört«, verkündete der Baron, erhob sich, um die Stufen der Estrade hinabzusteigen und auf diese Weise die morgendliche Zusammenkunft zu beenden.
»Soll ich also die Truppen auffordern, sich bereitzumachen, Mylord?«
»Nein«, erwiderte der Baron, ohne sich zu Nigel umzudrehen.
»Aber Mylord! Ich bin sicher, dass diese Übergriffe noch zunehmen werden, wenn wir jetzt nicht handeln. Wollt Ihr denn wirklich warten, bis dieser Marodeur an Eure Tür klopft?«
Bei Nigels forderndem Ton drehte d’Bussy sich langsam um und sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann stieß der Baron einen tiefen Seufzer aus. »Lass den
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