Ritter 01 - Die Rache des Ritters
einen kleinen Dolch zog.
»Du bist nicht nur schwach, du bist auch dumm«, sagte er. Er rülpste dabei und verströmte den sauren Geruch von gewürztem Wein. »Vielleicht ist ein Andenken an deine Dummheit angebracht.«
Mutig stürzte seine Mutter vor, um ihm beizustehen. »Nein!«, schrie sie. »Bitte, Mylord, tut meinem Sohn nichts!«
Mit einem Lächeln, das verriet, dass diese Unterbrechung nur ein Aufschub war, wandte sich der Baron von Gunnar ab. »Ich bin nicht mit der Absicht gekommen, jemandem zu schaden, Lady Eleanor. Ganz im Gegenteil. Ich bin gekommen, um Euch einen Platz in meinem Heim anzubieten … als meine Gemahlin. Ihr müsst wissen, dass meine liebe Margareth gestern Morgen ihr Leben ausgehaucht hat, durch ein schreckliches Unglück.« Der Baron seufzte schwer. »Sie hat sich vergiftet, dieses dumme, verzweifelte Geschöpf.«
Gunnars Mutter stieß einen keuchenden Ton aus, schlug die Hand vor den Mund, aber sie konnte ihr abgerissenes Schluchzen nicht unterdrücken. Es war kein Geheimnis, dass die beiden Frauen sich gut verstanden hatten.
»Ihr solltet meinen Besuch als großes Kompliment verstehen, Lady Eleanor«, sprach der Baron weiter. »Trotz meines eigenen Kummers denke ich an Euch, an Euer Wohlergehen.«
Ihr Spott klang bitter. »Soll das heißen, Ihr habt an mein Wohlergehen gedacht, als Ihr meinen Mann ermordet habt – «
»Ermordet? Nein, Mylady, es war ein Fehler Eures Mannes, der ihn getötet hat. Eure Anklage sollte ihm gelten, nicht mir. Für einen erfahrenen Krieger hat er sehr unbesonnen gehandelt.«
»Vergesst Ihr da nicht etwas, Baron? Ich war auf dem Turnier. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie mein Mann fiel. Er hat keinen Fehler gemacht, außer dem, Eurer Fairness zu vertrauen.«
Die Stimme des Barons klang dünn, tödlich leise. »Gebt acht, dass Ihr nicht den gleichen Fehler macht, Mylady. Ich bin Euer Spiel leid und will jetzt Eure Antwort. Kommt Ihr freiwillig mit mir mit oder nicht?«
»Niemals.«
»Habt Ihr überhaupt eine Ahnung, was ich Euch anbiete?«, fragte der Baron ungläubig. »Eine Ahnung davon, welche Privilegien Ihr als meine Frau hättet?«
»Im Vergleich zu ihrem Preis bedeuten sie mir nichts«, hatte Eleanor geantwortet, und einer der Männer d’Bussys hatte sich geräuspert, hatte sein Kichern nicht ganz unterdrücken können.
»Eure scharfe Zunge wird Euch nicht gut bekommen«, zischte der Baron. »Doch glaube ich, dass das ein Übel ist, das Euch mit der Zeit ausgetrieben werden kann … durch Gehorsam.«
Gunnar sah, wie seine Mutter trotzig das Kinn vorstreckte, hörte sich selbst stöhnen in Erwartung dessen, was kommen würde.
Nein, Mutter!
»So, wie Ihr Margareths Übel ausgetrieben habt, Baron? Ich vermute, sie hat einen qualvollen Tod dem Leben vorgezogen, das sie unter Eurer schweren Hand erdulden musste und – «
»Hexe!«, spie d’Bussy aus, riss den Arm hoch und schlug Eleanor mit der Hand, an der er seinen Panzerhandschuh trug, so hart ins Gesicht, dass sie zusammenbrach.
Oh Gott, nein!
Gunnar wehrte sich gegen den Mann, der ihn festhielt, und irgendwie gelang es ihm, freizukommen. Er stürzte sich auf den Baron, ohne Waffe, aber bereit, ihn zu zerreißen dafür, dass er seiner Mutter wehgetan hatte. D’Bussy wandte sich um, zog sein Schwert aus der Scheide.
Gunnar erstarrte, sein Blick war auf die gewölbte Klinge gerichtet, als das Funkeln des polierten Stahls einen Sonnenstrahl teilte und ihn blendete. Er spürte eine Bewegung neben sich, dann fühlte er das leichte, flüchtige Streicheln von Seide auf seinem Gesicht. Die Zeit schien stillzustehen, als die Klinge sich in einer glatten, ausholenden Bewegung senkte. Der Schrei seiner Mutter um Gnade hallte in dem kleinen Zimmer wider – und verstummte dann für immer.
Mörder!
Der Baron hatte gelacht, als er Gunnars Mutter in einer Blutlache auf dem Boden hatte liegen sehen, das kurze Bellen der Belustigung und Ungläubigkeit hatten Gunnar die Haare zu Berge stehen lassen und ihn aus seiner Erstarrung gerissen. Er hätte sich auf den Baron stürzen müssen, hätte mit all der Wut, die er empfand, kämpfen müssen, kämpfen bis zu seinem Tod. Stattdessen rannte er davon, gab seiner Angst nach und floh wie ein Feigling, ließ seine Mutter dort zurück, allein.
D’Bussy.
Er würde ihn dafür bezahlen lassen … würde dafür sorgen, dass er es zutiefst bereute … würde ihn töten.
Ja, dachte er.
Ich werde ihn töten.
Gunnar hörte seine Stimme, die sich tief
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