Ritter 01 - Die Rache des Ritters
nicht gefragt, Burc«, knurrte Rutledge und wandte sich um, stellte sich zwischen Raina und den näherkommenden Ritter. Der stämmige Mann war derjenige, den Raina auf dem Ritt von Norworth hierher einige Male dabei ertappt hatte, dass er sie lüstern angestarrt hatte. Ihr finsteres Zurückstarren war wirkungslos geblieben, aber jetzt, unter dem Blick seines Lords, zuckte er zusammen, war unfähig, dessen Blick standzuhalten.
Als Rutledge Rainas Hand fest in seine nahm, um sie in den Turm zu führen, erhob Burc seine Stimme zu einer heiseren, bitteren Herausforderung. »Ihr habt uns einen erfolgreichen, blutigen Kampf versprochen und allen Plunder, den wir aus Norworth Castle hätten heraustragen können. Was wir bekommen haben, sind leere Mägen, wunde Ärsche vom Reiten … und die da.« Er wies mit einer Kopfbewegung in Rainas Richtung, dann, als wäre ihm plötzlich ein Gedanke gekommen, lächelte er – ein verblasstes und verfaultes Feixen drang durch seinen struppigen Bart. »Da sie alles ist, was wir an Beute fortgeschleppt haben, sollten wir uns vielleicht alle ein Stück von ihr nehmen!«
Die anderen Ritter waren aus den Ställen gekommen, gerade als er das sagte, und sie grinsten, machten Witze darüber, obwohl keiner davon an die bösartige Anzüglichkeit von Burcs Vorschlag heranreichte. Sein Gesicht blieb ohne Lachen, und seine glänzenden kleinen Schweinsäuglein waren auf Raina gerichtet.
»Rührt sie an, und Ihr werdet sterben«, warnte Rutledge ihn mit eisiger Ruhe. »Macht keinen Fehler, Burc. Dasselbe gilt für euch alle. Solange sie hier ist, gehört diese Frau mir.« Sein harter, wilder Blick flackerte über seine Schulter zu Raina. »Und ich beschütze, was mir gehört.«
Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und zog sie heftig an seine Seite, dann ging er mit großen Schritten über den Burghof zu der kurzen Treppe, die in den Schutz des kalten, dunklen Turmes führte. Genau genommen zerrte er sie fast an der großen Halle vorbei und die Treppe hinauf, sein Griff ließ keinen Augenblick lang locker.
»Ich bin nicht Euer Eigentum!«, schäumte Raina in einem heißen Flüstern, während sie verzweifelt versuchte, nicht zu stolpern und mit seinen langen, energischen Schritten mitzuhalten.
Rutledge eilte einen schmalen Gang entlang und stieß Raina schließlich durch eine offen stehende Tür in ein leeres Zimmer, schlug die Tür hinter sich so heftig zu, dass es ihre Zähne fast zum Klappern gebracht hätte. Zwei Schritte und er stand vor ihr, packte sie mit seinen großen Händen an den Armen und zitterte fast. Seine Stimme jedoch klang ruhig und tödlich leise, sein Befehl war bar jeden Gefühls. »Provoziert mich niemals vor meinen Männern, und widersprecht niemals dem, was ich sage, habt Ihr das verstanden?« Bei ihrem stummen Kopfnicken besänftigte sich sein Stirnrunzeln. »Männer wie diese Söldner dort unten haben nichts übrig für unverschämte Frauen – besonders nicht für adlige.« Sein finsterer Blick hielt den ihren einen Herzschlag lang gefangen. »Und ich auch nicht.«
Er ließ ihre Arme los und richtete seine Aufmerksamkeit jetzt auf ein Paar ramponierte hölzerne Fensterläden, die schief vor dem einzigen Fenster der Kammer hingen. Er ging an ihr vorbei und griff nach dem eisernen Riegel, der sie verschlossen hielt, zog kräftig daran und stieß ein überrascht klingendes Fluchen aus, als er ihn plötzlich in der Hand hielt. »Diese Burg wird eines Tages um mich herum zusammenfallen«, stieß er hervor und warf den verrosteten Riegel in eine Zimmerecke, ehe er die Läden aufstieß.
Eine wohlduftende Sommerbrise wehte herein und nahm sofort den Modergeruch der feuchten kleinen Kammer mit sich, in der, wie Raina feststellte, keine Möbel standen, abgesehen von einer zerschlissenen Strohmatratze und einem daneben liegenden zerbeulten, umgestoßenen Nachttopf.
»Ihr werdet hier bleiben«, wies er sie an, »und seid versichert, dass der Riegel an der Tür absolut in Ordnung ist. Wie ich bereits sagte, ist meine Burg bescheiden im Vergleich zu Eurem Heim, und dieses Zimmer genügt vermutlich nicht den Ansprüchen einer Lady Eures Ranges. Jedoch hatten wir bislang keinen Anlass, uns um so etwas Gedanken zu machen. Mein Knappe hat die Wahrheit gesagt: Wir haben hier niemals Gäste.« Über die Schulter lächelte er sie schief an und zog eine Augenbraue hoch. »Ob absichtlich oder nicht.«
»Soll ich das amüsant finden, Mylord?«, fragte sie und zog die steife,
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