Ritter des dunklen Rufes
Höhle. Sie wurde von Fackeln erhellt, die Schatten tanzten geisterhaft im Dunkeln. Errin ging weiter, bis er vor den drei verbliebenen Rüstungen stand. Er hörte ein Geräusch neben sich. »Es ist die Rüstung, die dich ruft«, erklärte Lámfhada.
»Es ist eine Gabala-Rüstung. Ich kann sie nicht tragen.«
Lámfhada nickte. »Es ist zwar nur wenig bekannt, Graf Errin, aber eine der wichtigsten Tugenden aller Ritter der Gabala war, dass keiner von ihnen je diese Ehre erwarten durfte. Sie zu erwarten, hieß, sie zu verlieren. Und was du gerade gesagt hast, ist schon oft gesagt worden, hundertmal, von jedem Mann, der das Silber trug.«
Errin drehte sich zu ihm herum. »Ich bin Zeremonienmeister, kein Krieger. Keinesfalls ein Krieger!« Er lachte und deutete auf den Gürtel. »Ich trage einen Zauber, der mir Schnelligkeit verleiht. Aber er kommt nicht von mir – nicht von innen heraus.«
»Ich weiß das alles, Errin. Aber du bist erwählt worden.«
»Von wem? Von dir?«
»Nicht von mir. Aber jetzt hast du die Wahl. Du kannst gehen – und niemand wird dich dafür verurteilen.«
»Was ist mit den Männern, denen diese Rüstungen gehören? Was ist mit den wahren Rittern? Angenommen, sie kehren zurück? Kann ich sie dann zurückgeben?«
»Sie sind bereits zurückgekommen, Errin. Sie sind der Feind: die Roten Ritter.«
»Und ich soll ihnen entgegentreten? Cairbre? Ich habe einmal gegen ihn gekämpft. Er ist unbesiegbar, und er hat mir sogar sein eigenes Schwert gegeben.«
»Dann wähle deinen Weg.«
Errin fuhr herum und starrte die Rüstung an. Er versuchte, sich zurückzuziehen, aber seine Gedanken waren voll wunder Erinnerungen: Dianu auf dem Scheiterhaufen, die höhnende, singende Menge, Okessa … Er streckte die Hand aus, seine Finger berührten das Metall. Wärme durchströmte ihn, und Tränen traten ihm in die Augen.
»Verdammt!« rief Ubadai. »Dieser Narr!« Der Nomade trat vor und schob sich an Errin vorbei. Er ging zu einer der Rüstungen und schlug mit der Hand darauf. »Meine!« zischte er.
»Warum?« flüsterte Errin. »Du musst mir nicht folgen.«
»Du begreifst nichts«, entgegnete der Nomade. »Eingesperrt in einer Speisekammer, würdest du noch verhungern.«
Der graue Hengst trottete mit hocherhobenem Kopf und aufgestellten Ohren auf die Lichtung. Er sah den wartenden Mann und näherte sich ihm kühn, sich seiner Kraft bewusst. Der Mann stand auf, rieb dem Hengst die Nase und streichelte dessen Hals. In der Berührung lag Zuversicht.
Manann lächelte. »Du bist nicht Kuan, mein Freund«, sagte er leise, »aber ich denke, du tust es auch.« Er schwang sich auf den Rücken des Hengstes, der plötzlich hochstieg, doch der Einstige Ritter war darauf vorbereitet, und seine Schenkel pressten sich fest an die Flanke des Pferdes. »Ruhig jetzt«, sagte er beruhigend. »Ganz ruhig.«
Ohne Sattel reitend, lenkte er den Hengst den Hügel hinab zu dem verwüsteten Dorf. Mehrere tote Pferde lagen, wo sie gestürzt waren. Manannan glitt auf der dem Wind abgewandten Seite vom Pferd und suchte sich einen Sattel und Zaumzeug aus.
Innerhalb einer Stunde war er auf dem Weg aus dem Wald hinaus und unterwegs zu der fernen Festung Mactha.
Er war besorgt, und nicht nur um sein Leben, obwohl er sich der Gefahr wohl bewusst war. Er dachte an Lámfhada und die neuen Ritter. Nur Elodan brachte die Fertigkeiten und die Ausbildung für diese Rolle mit – und er war verkrüppelt. Der gesetzlose Grunzer war ein Mann voll versteckter Bitterkeit, Nuada hingegen war ein Sagendichter, der niemals zu den Waffen greifen konnte. Und Llaw Gyffes? Manannan mochte ihn, es steckte ein eiserner Kern in ihm. Aber war das genug für einen Ritter der Gabala? Ein Mann konnte Spatzen essen und sich selbst davon überzeugen, dass es Truthähne waren – aber trotzdem blieb die Frage des Geschmacks. Und Morrigan … arme Morrigan.
Einige Tage lang hatte Manannan die Qualen des Ambriaentzugs erlitten. Für Morrigan musste dieser Alptraum noch unendlich viel schlimmer gewesen sein. Und doch hatte sie nie geklagt. Aber dann hatte der Einstige Ritter erfahren, dass ein Mann aus Grunzers Gruppe verschwunden war, und Ängste waren in ihm aufgestiegen.
Er erreichte den Rand des Waldes und sah sich um. Irgendwo in diesem riesigen Wald waren die feindlichen Kräfte unterwegs. Manannan wünschte, er hätte mit Elodan und den anderen ziehen können, um sich ihnen zu stellen.
Stattdessen musste er in die Höhle des Feindes und einen
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