Ritter-Geist
beschreiben.
»Mein Name ist…« Ich zögerte, erkannte aber, daß ich mich nun auf meinen jetzigen Körper einstellen mußte, sonst würde es noch Verwirrung geben. »Threnodia.«
»Threnodia«, wiederholte sie. »Und ich bin Gnipsy Gnomide.«
»Gnett, dich kennenzulernen, Gnipsy«, sagte ich in meiner alle r weiblichsten Art, während Threnodia schwieg. Es war tatsächlich nett, denn diese Gnomiden waren ganz andere Persönlichkeiten als die Gnome. »Was habe ich bei diesen Kuhleuten denn falsch ve r standen? Halten sie sich Kühe oder so etwas?« Kühe waren myth i sche Tiere in Mundania.
Die Gnomiden kicherten. »Natürlich nicht«, sagte Gnipsy. »Sie sind… ihre Köpfe sind…« Sie suchte nach einem besseren Au s druck, fand aber keinen. »Bullen«, beendete sie den Satz.
»Du meinst, ihre Körper sind… wie unsere… aber ihre Kö p fe…?«
»Ja!« rief sie, über diesen Kommunikationserfolg erfreut. »Sie grasen…«
»Grasen?«
»Das Moos der Felsen, wo unsere Männer Bergbau betreiben. Und sie bekommen… sie haben Hörner…«
Endlich wurde die Sache klar. »Und während die Gnome arbe i ten wollen, wollen die Kuhleute grasen, also werden sie böse und mischen sich ein.«
»Ja. Und sie sind zu stark und groß für uns, so daß wir nichts g e gen sie unternehmen können. Aber meistens sind sie nicht aggre s siv, und Musik mögen sie auch… Nur daß wir nicht gut in Musik sind.«
»Na schön, dann singen wir eben für euch«, sagte ich großzügig. »Aber was, wenn das nicht funktionieren sollte?«
»Oh, daran wollen wir doch lieber nicht denken!« erwiderte Gnipsy.
Doch eine ältere Gnomide, die schon etwas abgebrühter war, sprach es aus: »Der Topf.«
Ich war zu klug, um diese kleinen Frauen zu bitten, uns freizula s sen. Erstens hatten sie den Schlüssel nicht, und zweitens würden sie es nicht wagen, sich gegen ihre knurrigen Männer zu stellen. Ohnehin mieden sie Threnodias Zellenseite, da sie sich vor dem großen, grobschlächtigen männlichen Körper fürchteten, trotz der Tür, die uns voneinander trennte. Mich hielten sie für eine Frau, deshalb waren sie auch freundlich zu mir. Alle Frauen, so erkannte ich, teilten miteinander die Bürde der Ehrfurcht und der Unte r werfung, und zwar wegen der Grobheit ihrer Männer. Merkwü r dig, daß mir dies vorher noch nie aufgegangen war.
»Na ja, vielen Dank für das Essen«, sagte ich. »Mein Freund Jo r dan hier hat einen großen Appetit. Er ist verwundet worden, de s halb sind wir überhaupt hierhergekommen. Oben konnten wir nicht über Nacht bleiben, nicht bei all diesen Ungeheuern dort.«
Die Gnomiden erschauerten. Auch sie fürchteten sich vor U n geheuern. Deshalb lebte ihre Art ja auch unter dem Erdboden, in Sicherheit.
»Aber wie kommt es, daß keine kleineren Ungeheuer durch das Loch oben im Baum eindringen?« fragte ich.
»Auf dem liegt ein Schutzzauber«, erklärte Gnipsy. »Nur unser eigenes Volk kann hier herein, oder jemand, der in einer solch schlimmen Lage ist, daß er den Abwehrzauber überwinden kann.«
»Das waren wir«, sagte ich. »Er war bewußtlos, ich habe ihn nach unten gezerrt.«
»Unsere Männer tragen Abwehrzauber auf ihren Hüten«, fuhr Gnipsy fort. Nun, da das Eis gebrochen war, wurde sie richtig gesprächig. »Damit sich keine großen Ungeheuer nähern, nur W e sen, die klein genug sind, um bei Nacht gejagt werden zu können. Ist ein Drache in der Nähe, dann rufen sie: ›Hut festhalten!‹«
»Das leuchtet mir ein«, meinte ich mit mädchenhafter Einsicht.
Wir beendeten unsere Mahlzeit, und die Gnomiden nahmen die Reste mit. Dann kehrten die Gnome zurück. »Raus mit euch!« sagte Gnäßlich, während er die Tür aufsperrte.
Man führte uns in eine tiefgelegene Region, wo nach allen Seiten Gänge führten. Diese hier waren anscheinend nicht von den Gnomen ausgehöhlt worden. Sie waren größer und älter, und ihre Wände waren von pelzigen Gewächsen überzogen. An manchen Stellen war die Wand von den Bergarbeitern abgeschlagen worden, wo sie nach Edelsteinen gesucht hatten. Dort wuchs kein Moos mehr. Ich konnte verstehen, daß die Wesen, die hier grasten, sich darüber ärgerten. Für sie sah es so aus, als würde man ihnen gutes Futter wegnehmen und es vernichten. Doch wenn zwei Kulturen aufeinanderprallten, wer sollte da entscheiden, welche im Recht und welche im Unrecht war? Sie hatten lediglich unterschiedliche Sehweisen.
Die Gnome verlangsamten ihr Tempo und wurden immer ne r vöser.
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