Ritter-Geist
sich auch mit unseren Schlußfolg e rungen. Was ist mit dem Bündel passiert?«
Ich konzentrierte mich, worauf ein wenig von meinem Verstand zurückkehrte. »Abgeliefert«, sagte ich.
Der Storch hob eine Augenbraue. Ich hatte noch gar nicht b e merkt, daß diese Vögel Augenbrauen hatten. »Du hast es abgeli e fert?«
»Jäh. Ogerling.«
Er machte eine weitere Notiz auf seiner Feder. »Das ist aber höchst irregulär!«
»Heh«, warf Threnodia ein. »Wer hätte jemals von einem Mann gehört, der ein Baby abgibt!«
»Mußte sein«, erwiderte ich verteidigend.
Der Storch legte die Feder beiseite. »Ganz gewiß. Und was wu r de aus dem verwundeten Storch?«
»Aufgefressen«, sagte ich.
Der Vogel plusterte sich auf und breitete zur Hälfte seine Schwingen auseinander. »Was hast du mit ihm getan?«
»Nicht ich. Anderer Drache.«
»Ach so.« Der Storch entspannte sich und machte sich eine we i tere Notiz. »Fluguntauglich, Drachenopfer.« Er hob den Blick. »Ist schließlich ein gefährlicher Beruf. Wir bekommen Fluggeld. Aber nur, wenn das Bündel sicher abgeliefert wurde.«
»Jäh.«
»Vielen Dank. Das ist alles.« Der Storch breitete die Flügel aus, dann hielt er inne. »Es gehört zu unserer Unternehmenspolitik, Wesen zu belohnen, die uns zu Diensten waren. Hättest du gerne ein…«
»Nein!« schrie Threnodia beunruhigt.
Der Storch machte sich eine weitere Notiz. »Belohnung durch Glücksfeder abgelehnt«, murmelte er bei sich. Dann flog er davon.
»Ihr habt mich eine Glücksfeder gekostet«, sagte ich anschuld i gend zu Threnodia.
Sie ignorierte es. »Ihr seid intim mit Störchen?« wollte sie wissen.
»Jäh.« Es war zu kompliziert, um es in allen Einzelheiten zu e r klären. »Jetzt Ihr.« Ich grabschte nach ihr.
Sie riß sich frei. »Wagt es bloß nicht, mich anzufassen!« kreischte sie.
»Häh?«
»Nicht, solange sich die Klapperstörche in der Nähe befinden!«
Ich verstand ihren Einwand nicht, merkte aber, daß sie es sich anders überlegt hatte. Enttäuscht lehnte ich mich zurück. Manc h mal sind Frauen wirklich schwer zu verstehen!
Am Morgen waren die Pferde verschwunden. Pook hatte den Beutel mit den verbliebenen Zaubern zurückgelassen, so daß ich begriff, daß er nicht zurückkehren würde. So dumm ich auch war, verstand ich dennoch seinen Grund: Er wußte, daß ich ihn und Peek bitten würde, uns nach Norden zu bringen. Mir war zwar immer noch nicht klar, weshalb es so schlimm sein sollte, nach Norden zu ziehen, denn Threnodia hatte doch einen wirklich überzeugenden Grund vorgebracht. Doch Pook wollte nicht dor t hin, deshalb war er gegangen. Was wiederum bedeutete, daß auch wir nicht nach Norden konnten. Es hatte ihm jederzeit freigesta n den, uns zu verlassen, doch er hatte diesen Zeitpunkt gewählt, weil sich unsere Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Reis e richtung nicht hatten auflösen lassen. Es tat mir wirklich leid, ihn zu verlieren, dennoch konnte ich es ihm nicht verargen. Manchmal kann ein bester Freund nur eines tun, nämlich einem irrenden Freund einen Herzenswunsch abschlagen.
Dann hatte ich eine Idee. »Zauber!« rief ich.
»Aber die funktionieren doch nicht richtig«, wandte Threnodia ein, die sich offensichtlich Sorgen wegen einer weiteren möglichen Panne machte.
»Vielleicht helfen doch«, sagte ich mit mürrischem Eifer. Ich stöberte in dem beinahe leeren Beutel und fischte den kleinen we i ßen Totenkopf heraus. »Leben!« sagte ich.
»Leben? Ihr meint, es… der Zauber kann jemanden wiederhe r stellen, der gestorben ist? Das braucht Ihr doch gar nicht.«
Ich war zwar nicht mehr schlau, aber mein Gedächtnis war noch intakt. »Durcheinander. Dies nicht Leben.«
»Ach so… Ihr meint, es müßte ein anderer Zauber sein… einer, der uns beim Reisen helfen könnte?«
»Jäh.« Und dann, bevor ich wieder verwirrt werden konnte, sagte ich: »Invoziere dich.« Der Schädel leuchtete auf – und wurde gr ö ßer. Eine Kante erschien, die das starrende Gesicht umringte. Schließlich wurde daraus ein richtiger Schild.
»Heh!« rief ich erfreut. »Hübscher Schild!«
»Wenn wir einen Schild benötigt hätten«, erwiderte Threnodia knapp, »dann hätten wir den des Ritters nehmen können. Wieso soll der uns hier beim Reisen helfen?«
Ich hatte noch nie einen eigenen Schild besessen, weil Barbaren zu primitiv sind, um den richtigen Gebrauch eines Schilds zu b e greifen. Jedoch hatten mich meine Erfahrungen mit feuerspeie n den Drachen und
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