Ritter-Geist
lanzentragenden Rittern immerhin mit einer Ahnung davon versehen. Manchmal war die Verteidigung eine ganz gute Sache, sogar für einen Barbaren. Jedenfalls dachte ich das jetzt, da ich dumm war.
Ich befestigte den Schild an meinem linken Arm, während ich mit dem Schwert die Luft zerteilte. Wir besaßen nun zwei Schwerter, da wir mein eigenes in der Nähe des toten Baumes wi e dergefunden hatten und auch das des Ritters mit uns führten. »Nimm das!« rief ich, auf einen eingebildeten Feind eindreschend. »Und das hier!« Dann hob ich den Schild als würde ich einen feindlichen Hieb abwehren. »Näää! Mich kriegst du nicht!«
»Hübsches Spielzeug!« knurrte Threnodia angewidert.
Frauen verstehen nichts von Kriegsspielen. Aber für jung-hirnige Burschen sind sie ein Riesenspaß.
Nach einer Weile kam ich wieder zur Ruhe, und wir setzten uns mit dem Problem der Weiterreise auseinander. »Ich schätze, wir werden wohl gehen müssen«, sagte Threnodia ohne große Bege i sterung. »Aber das wird uns einige Tage kosten, und ich werde mir dabei die Füße wundlaufen. Verdammte Pferde!«
»Jäh«, stimmte ich freundlich zu.
Sie musterte mich. »Du wirst nicht immer dumm bleiben. Diese Zauber verlieren nach einigen Tagen ihre Wirkung, nicht wahr?«
»Jäh«, sagte ich. »Manche.«
»Manchmal sind Männer ganz nützlich«, sagte sie bei sich. »S o lange ich allein bin, bin ich immer auf die eine oder andere Weise angreifbar. Die einzige Möglichkeit, diese lästige Situation losz u werden, besteht darin, einen netten Mann zu heiraten, der nicht zu helle ist…« Dann hob sie den Blick, als bemerkte sie mich. »Na schön – ich werde Euch tragen. Wenigstens kommen wir auf diese Weise ans Ziel.«
»Häh?«
»Ich verwandle mich in einen Inflationsfüßler«, entschied sie. »Der ist hundertmal größer als ein Tausendfüßler, besitzt aber, anders als die Nickelfüßler, kein metallenes Rückgrat, weshalb er schon seit Jahrzehnten an Wert verloren hat. Es ist eine hilflose Form, die sich den Launen eines jeden fügen muß, der sie führt; Ihr werdet mich mit Eurem Schwert und Eurem Schild schützen müssen.«
»Hilflos?«
»Inflationsfüßler scheinen von so ziemlich allem entwertet zu werden, dem sie begegnen«, meinte sie. »Bis sie schließlich größer aussehen denn je, aber kaum noch etwas wert sind. Vielleicht liegt das daran, daß sie hauptsächlich aus Papier bestehen.«
»Papier?« Ich war zwar dumm, dennoch erschien selbst mir dies als ziemlich komisch.
»Manche von ihnen haben zwar eine Silberstütze«, fuhr sie fort, »die sind ein bißchen stärker, aber dafür auch sehr selten. So einer werde ich werden.«
»Jäh«, stimmte ich beruhigt zu.
Natürlich dauerte es seine Zeit. Zuerst veränderte sie ihre G e stalt, nachdem sie mich ermahnte, ein waches Auge auf etwaige Raubtiere zu werfen, da sie während des Verwandlungsvorgangs am angreifbarsten war. »Alle grabschen nach Inflationsfüßlern!«
Eine Stunde später hatte sie die Gestalt eines Inflationsfüßlers angenommen, besaß jedoch nur die Körpermasse eines Menschen. Dann bearbeitete sie ihre Körpergröße und wurde zu einem W e sen, daß so groß war, daß es mich tragen konnte – nur daß sie nun zu diffus war, um mein Gewicht zu tragen, denn ihre Körpermasse hatte sich noch nicht verändert. In der dritten Stunde vergrößerte sie ihre Masse, bis sie schließlich fertig vor mir stand – ein Wesen mit zahllosen Beinen, auf der einen Seite von dunklem Grün, auf der anderen grau, mit allen möglichen Aufdrucken und Zahlen darauf. Das Ganze sah tatsächlich sehr papiern aus, besaß aber immerhin ein silbernes Rückgrat, das ihm die Kraft verlieh, mich zu tragen.
Ich saß auf und verstaute hinter mir den Zauberbeutel und das überzählige Schwert. Dies war das seltsamste Wesen, auf dem ich je geritten war – doch hatte ich meine vorhergehende Erfahrung ja auch fast ausschließlich mit Pook gesammelt. Wenn dieser Inflat i onsfüßler die Sache schaffte, war das schon in Ordnung.
Die Kreatur setzte sich in Bewegung. Das war recht interessant. Zuerst setzte sich das erste Beinpaar vor, schnell von dem zweiten gefolgt, dann vom dritten und so weiter, in einer riesigen Welle n bewegung. Dann verlief das Ganze noch einmal in umgekehrter Richtung. Es war fast wie Wellenreiten – ein interessanter Geda n ke, obwohl ich natürlich noch nie eine Welle geritten hatte.
Threnodia-Inflationsfüßler floß über die Unregelmäßigkeiten der
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