Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ritter-Geist

Titel: Ritter-Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
hatte also gewonnen. Warum fühlte ich mich aber dann so schlecht?
    Sie setzte ihre Verwandlung fort, Stufe um Stufe, und drei Stu n den später, als die Dämmerung scheu in die düstere Schlucht hi n einspähte, war sie fertig. Sie war zu einer riesigen Schnecke gewo r den, mit einem Panzer von der Größe eines kleinen Hauses.
    Ich bestieg die Schale, Schild und beide Schwerter an den Leib geschnallt. Der Beutel mit den wenigen verbliebenen Zaubern baumelte von meiner Hüfte herab. Nichts würde mir den Halt rauben – hoffte ich.
    Die Schnecke kroch auf die Schlucht zu. Sie suchte die Kante ab, bis sie eine abgerundete Stelle gefunden hatte, dann glitt sie dort hinab, um schließlich die Klippenwand selber hinunterzukriechen.
    Jetzt mußte ich mich aber wirklich festhalten! Unter uns gähnte die ehrfurchtgebietende Schlucht; wenn ich jetzt herunterfiel, wü r de ich unten auf den Felsen zerschellen – und diesmal hatte ich kein Gespensterpferd dabei, das die Einzelteile zusammenscharren würde. Doch ihr Schneckenschleim hielt, und so glitten wir in die Schlucht hinab in Richtung Osten. Hätte sie sich zu einer Abbi e gung entschlossen, um nach Westen zu gehen, ich hätte sie nicht aufhalten können, aber sie hatte eingewilligt, und nun hielt sie sich auch daran. Ich wußte, daß ich nicht die geringste Chance hatte, dieses Wesen gegen seinen Willen auf Schloß Roogna zu bringen. Threnodia hatte versucht, mich mit Liebe dazu zu bewegen, ihren Weg zu nehmen. Statt dessen hatte die Liebe sie zum Gegenteil bewegt – jedenfalls glaubte ich das damals in meiner Idiotie.
    Ich hörte ein Geräusch und blickte hinunter. Tief unten sah ich einen riesigen sechsbeinigen Drachen, der mit uns Schritt hielt, offenbar in der Hoffnung, daß wir stürzen würden. Er war so gi e rig auf unser Fleisch, daß er kleine Rauchwolken ausstieß. Dann hörte ich ein Geräusch und hob den Kopf, worauf ich einen kle i nen Rokh sah. Die großen Vögel hatten uns schließlich entdeckt! Der Rokh schoß in die Tiefe, und ich wußte, daß wir nun verloren waren, denn selbst ein kleiner Rokh ist immer noch ein riesiges Wesen.
    Ich haßte es, angesichts dieses Raubtiers hilflos sein zu müssen, ich fühlte mich ganz so, als ich in Threnodias Körper dem Greif entgegengetreten war.
    Irgend etwas nagte an der trägen Melasse meines Hirns. Hatten Greife und Rokhs nicht irgend etwas gemeinsam? Irgendeine Schwäche? Wie hatte ich denn damals den Greif aufgehalten?
    Einmal mehr verlieh mir die Verzweiflung eine Art stumpfsinn i ges Genie. »Bäh!« schrie ich und schnitt eine Grimasse. Rokhs waren zwar groß, verfügten aber über ausgezeichnetes Seh- und Hörvermögen. »Diese Schnecke schmeckt ja scheußlich. Schleimig! Faulig! Ist ja nichts als eine Schale voller Eiter!«
    Es war ein kleiner Rokh; verstand er, was ich sagte? Würde er sich narren lassen? Ein erwachsener Rokh war vielleicht zu geri s sen dafür, aber…
    Der Rokh schwenkte ab, und der Wind seines Flügelschlags riß uns beinahe von der Wand. Wir hielten uns fest und glitten hilflos herab. Meine List hatte funktioniert. Manche Schnecken schmeckten tatsächlich schlecht, vielleicht hatte der Rokh es de s wegen nur zu gerne geglaubt. Davon abgesehen waren die Rokhs ja auch nicht gerade die schlauesten Wesen Xanths.
    Threnodia gelang es, das Abgleiten auf der Wand zu bremsen, dann setzte sie ihr langsames Schleichen in Richtung Osten fort, und nach einiger Zeit gelangte sie über den Rand der Spalte auf ebenes Land. Jetzt konnten wir in Sicherheit nach Süden weite r ziehen.
    Ich ließ das Schneckenhaus fahren, doch meine Arme waren ei n geschlafen, und ich mußte sie Glied um Glied befreien. Threnodia war so ermattet, daß sie in ihrer Schale einfach zusammensackte. Aber wir hatten es geschafft.
    Vor uns lag, hätte ich es doch nur gewußt!, die grausame Lüge.

15
Grausame Lüge
    Nach einer Weile verwandelte sich Threnodia wieder in ihre Me n schengestalt, in der sie ein wenig erschöpft aussah. Ich holte ihr etwas zu essen und Wasser, und sie küßte mich, dann ruhten wir uns eine Weile aus, und jeder genoß die Gesellschaft des anderen.
    »Eine Schale voller Eiter?« fragte sie sarkastisch.
    »Na ja, wenigstens hat es funktioniert«, sagte ich verlegen.
    »Ich hätte Euch niemals verziehen, wenn es nicht funktioniert hätte«, sagte sie. »Nun, machen wir uns wieder auf den Weg.«
    »Aber Ihr seid doch müde. Laßt mich nun einmal Euch tragen. Verwandelt Euch in irgend etwas

Weitere Kostenlose Bücher