Ritter-Geist
einer gewaltigen Bewegung die Kette über die Nase. Winzige Sterne sprühten empor, und ein Komet wirbelte davon; es war ein harter Hieb gewesen.
Der Drache zuckte zusammen. Dann begann er zu zischen. Er pumpte seinen Blasebalg auf und bereitete sich auf einen neuen Feuerstoß vor, um diesen arroganten Happen gründlich zu braten.
Als die Flammen gerade bereit waren, schob der Ogerling seinen häßlichen Kopf aus dem Beutel. Es gibt nur wenige Dinge in Xanth, die so häßlich sind wie das Antlitz eines Ogers, und sein Anblick kann ein ziemlicher Schock sein. »Growr!« grollte er dem Drachen ins Gesicht. Wenn irgend etwas noch schlimmer ist als ein Ogergesicht, dann ist es ein Ogergrollen.
Der Drache war so verdutzt, daß er sein eigenes Feuer ve r schluckte. Der Stoß ging tatsächlich nach hinten los: In seinem Inneren ertönte eine Art heftiges Rauschen, wie von einem starken Wind, dann schoß eine Flamme aus seinem Schwanz hervor. Das Ungeheuer richtete sich gerade auf, sein inneres Verbrennungss y stem war in Aufruhr, dann krümmte es sich wieder zusammen und peitschte heftig umher, als die Hitze des Feuers ihm sein eigenes Fleisch verbrannte. Es rollte über den Boden – und stürzte über den Klippenrand in die Tiefe.
Endlich war mein Genick wieder verheilt. Die Lähmung verließ mich, und ich richtete mich auf. Mein rechter Arm war zwar i m mer noch nicht zu gebrauchen, doch er besserte sich langsam. »Du hast wirklich auch deine positiven Seiten, Ogerbaby«, sagte ich. Denn es war eine unbestreitbare Tatsache, daß der Ogerling mich gerade davor gerettet hatte, durchgebraten und vertilgt zu werden.
In diesem Augenblick ertönte Hufgeklapper. Pook kehrte z u rück.
»Was ist das denn?« fragte ich und stand dabei auf. »Bist du jetzt etwa zahm geworden?«
Pook schnaubte empört und ließ den Schweif peitschen. Er warf einen Blick zurück über seine Mähne.
Ich folgte seinem Blick. Weitere Drachen, die sich näherten. Sie hatten uns umzingelt!
»Das hätte ich wissen müssen«, sagte ich und streckte meinen heilenden Arm. »Du glaubst, daß ich dich hier rausholen kann?«
Pook nickte. Er vertraute mir. Vielleicht hatte er mir mehr Ane r kennung für die Auseinandersetzung mit dem Flugdrachen gezollt, als mir in Wirklichkeit zustand.
Ich dachte kurz nach. »Nun, wir können nicht denselben Weg zurück nehmen, den wir gekommen sind. Und mein Schwert ist dort unten in der… wie hat der Storch es noch einmal genannt? In der Spalte.«
Der Ogerling grollte. »Ach ja«, sagte ich. »Du mußt ja auch noch abgeliefert werden, und das kann der Klapperstorch nun nicht mehr erledigen. Ich schätze, ich bin dir noch einen Gefallen schu l dig.« Das erinnerte mich an die Elfe Glockenblume und an die Gefallen, die wir miteinander getauscht hatten. Meine Landkarte war verschwunden, verbrannt, doch ich brauchte sie ohnehin nicht mehr, zumal die Spalte darin nicht eingetragen gewesen war. Wi e der einmal wunderte ich mich darüber, daß die Landkarte ein de r art wichtiges Merkmal nicht aufgeführt hatte, obwohl die Elfen doch ansonsten äußerst akkurate und penible Wesen waren. Und auch der Storch hatte sich nicht daran erinnern können, bis er sie tatsächlich vor Augen gehabt hatte. Vielleicht war hier Magie im Spiel.
Ich spähte die Klippe hinab. Sie war unpassierbar. Ich blickte nach links, den Spaltenrand entlang – und sah den Fluß. Er strömte die Klippenwand empor, über den Rand und dann weiter nach Norden, wo er, wie ich wußte, breiter wurde und eine Heimat für Wasserdrachen darstellte. Ich hätte nie geglaubt, daß ein Fluß eine Mauer emporströmen konnte, doch andererseits gab es in Xanth noch sehr viel, was ich noch nie gesehen hatte. Ich habe einmal gehört, daß das Reisen den persönlichen Horizont erwe i tern soll; bei mir war das mit Sicherheit der Fall! »Vielleicht dort«, murmelte ich.
Ich belud das Gespensterpferd mit dem Freudenbündel, und die haarige Hand grabschte nach einem weiteren Kettenstück. Ich kannte die Kraft dieser Hand – so war der Ogerling in Sicherheit. Dann saß ich auf und lenkte Pook nach Osten, dem Fluß entg e gen. Wieder streckte ich meinen rechten Arm. Es ging ihm schon erheblich besser. Ich weiß wirklich nicht, wie ich ohne mein Selbstheilungstalent überleben sollte!
Wir erreichten den Fluß, noch bevor die Drachen es taten. Zum Glück war das Wasser an der Spaltenkante zu seicht für den Wa s serdrachen. Wir konnten es mühelos überqueren – doch
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