Ritualmord
heranfahren, wendete dann und
unternahm eine letzte Besichtigung des Einbruchs von der anderen Seite. Nichts. Der Rohrabschnitt hinter dem Einbruch war frei. Sie schaltete die Kamera ab, und das Bild auf dem Monitor schrumpfte auf einen Punkt zusammen und erlosch.
»Na ja.« Dundas legte ihr eine Hand auf den Rücken. »Es war ungefähr die einzige halblogische Erklärung, die einem einfallen könnte.«
»Ja.« Sie zuckte die Achseln. »Vermutlich. Trotzdem…« Sie biss sich auf die Unterlippe, schaltete in den Rückwärtsgang und ließ die Kamera mit ausgeschaltetem Licht zurückkommen.
Die Arbeiter der Entsorgungsfirma traten den Rückzug an, ein wenig enttäuscht, weil im Rohr keine Leiche klemmte und sie ihren Kollegen im Pub jetzt keine Horrorstory zu erzählen hatten. Nur Caffery rührte sich nicht von der Stelle. Er stand da, starrte auf den schwarzen Bildschirm und dachte fieberhaft nach. Irgendetwas tickte in seinem Kopf; es hatte etwas mit Zielrichtungen und Absichten zu tun, mit der plötzlichen Überzeugung, dass derjenige, der für das Abschneiden der Hand verantwortlich war, niemals vorgehabt hatte, sie im Hafen landen zu lassen. Er drehte sich zur Kaimauer um und versuchte, den Höhenabstand zwischen Abflussöffnung und Wasserspiegel zu schätzen. Ungefähr anderthalb Meter.
»Hey«, sagte er zu Flea, »die Kamera ist bergauf gefahren, oder? Eine Steigung?«
»Ja. Das Rohr ist abschüssig. Warum?«
Er nahm den Plan und studierte ihn. »Wie tief verläuft die Leitung? Können wir ihren Weg überirdisch verfolgen?«
Sie ließ die Fernsteuerung der Kamera sinken und warf einen zweifelnden Blick auf den Plan in seinen Händen. »Kommt darauf an, wie genau der ist. Man könnte es mit einem Bodenradar versuchen, aber dazu müssten wir in die Zentrale fahren.«
»Dann kommen Sie.« Er trat vom Ponton herunter. »Versuchen wir es mit dem Plan.«
»Aber in dem Abflussrohr ist nichts«, rief sie ihm nach. Sie legte die Fernsteuerung weg und folgte ihm. »Ich habe es ganz abgesucht und bestimmt nichts übersehen.«
»Das habe ich auch nicht gesagt, Sergeant. Das habe ich nicht gesagt.«
Caffery faltete den Plan in seiner Hand so zusammen, dass er die gepunktete Linie sehen konnte, und ging den Kai entlang und zwischen den Sichtabschirmungen hinaus. Ein oder zwei Leute lauerten neugierig bei dem Van des Taucherteams. Der Schriftzug »Unterwassersuche« war eine offene Einladung an jeden Morbiden in der Stadt.
»Hey«, keuchte Flea atemlos. Sie musste rennen, um mit ihm Schritt zu halten. »Keine Angst. Ich werde nicht heulen, weil ich mich geirrt habe, wissen Sie.«
Ein paar Schritte vor dem Restaurant blieb er stehen, und sie tat es auch. Nach einer kurzen Pause veranlasste irgendein Instinkt sie beide, nach unten zu schauen. Sie standen zu beiden Seiten einer Pfütze, die sich um das Kanalgitter zwischen ihnen ausbreitete. Einen Moment lang herrschte Stille; sie betrachteten die Pfütze und fragten sich, was sie bedeuten mochte.
»Die war gestern schon hier«, sagte sie und starrte auf ihre Stiefel, die den Rand des Wassers berührten. »Ich hab mir die Schuhe darin nass gemacht.«
»Weil der Abfluss verstopft ist. Sie kann nicht ablaufen.« Caffery schaute auf das Steinpflaster, das bis an die Treppe vor dem Restauranteingang reichte. Wenn er den Plan richtig las, befand sich das Kanalgitter am Ende des Abflusses. Von hier aus führte das Rohr in gerader Linie zum Hafen. Etwa zwei Meter von ihrem Standort entfernt verlief es unter einem latten- umzäunten Bereich hindurch, wo die Müllcontainer standen. Er folgte der imaginären Linie zurück, ging um den Lattenzaun herum und kam zu der Öffnung.
»Was machen Sie da?«
Er hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, und trat um den Zaun herum in die Einfassung. Es roch hier unangenehm. Fliegen umschwirrten die Berge von Müllsäcken mit Küchenabfällen. Ungefähr ein Dutzend leere Bierkästen standen vor der Treppe zu der Feuertür, die in die Küche führte. Er drückte einen der Container beiseite, schob mit dem Fuß die Müllsäcke weg und räumte den Boden in Richtung Eingang frei. An der Wand, wo das Abflussrohr eine kurze Strecke unter der Veranda des Gebäudes verlaufen musste, blieb er stehen und betrachtete, was sich zwischen seinen Füßen befand.
»Was machen – « Flea brach ab, als sie sah, was er gefunden hatte. Der letzte Pflasterstein, der an die Unterseite der Treppe hätte stoßen müssen, fehlte. Die Steine
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