Ritualmord
Antiquitätengeschäften kriegen kann.«
Flea rieb sich die Nase. Sie spürte, dass sie Kopfschmerzen bekam. Seit dem, was in Bushman’s Hole passiert war, hatte Thom jeden Job verloren. Er hatte für Reisebüros und als Anzeigenakquisiteur für Zeitschriften gearbeitet und für sieben Pfund die Stunde telefonische Meinungsumfragen gemacht. Wenn er arbeitslos war, hatte er den Kredit auf die Versicherung benutzt, um eigene Geschäfte zu eröffnen. In zwei Jahren war er mit nicht weniger als sechs Unternehmen gescheitert: Er hatte mit aus den USA importierten Schlankheitspillen gehandelt, Pixel auf einer Website verkauft, in ein Grundstück investiert und dann erfahren, dass er keine Planungsgenehmigung bekam. Alles war schiefgegangen und er fast pleite.
»Thom, wir haben doch darüber gesprochen. Du hast gesagt, du bleibst bei deinem Job. Du kannst nicht immer wieder diese Risiken eingehen.«
»Das ist kein Risiko. Das wird gut laufen. Ich brauche nur ein Alibi.«
»Ein Alibi}« Flea ließ die Hand sinken. »Was für ein Alibi?«
Er schob den Topf zur Seite, kam zurück zum Tisch, setzte sich ihr gegenüber und stützte die Ellbogen auf. In seinem Blick erkannte sie, dass er den Unfall aus seinem Gedächtnis verbannt hatte. Es war unheimlich, wie gut er das beherrschte.
»Es ist ein wirklich gutes Geschäft, aber ich habe Mandy noch nichts davon gesagt…«
»Weil sie genauso reagieren würde wie ich, und…«
»Nein, weil ich sie damit überraschen will, wenn es erst läuft.« Er sah sie ängstlich an. »Aber ich brauche deine Hilfe. Da läuft nämlich was aus dem Ruder.«
»Was?«
»Ich bin immer wieder weg, um mich mit den Leuten zu treffen, und Mandy glaubt allmählich, ich habe etwas mit einer anderen Frau.« Flea hob eine Braue. »Ich weiß es«, sagte er, und plötzlich war seine Blässe verflogen, und seine Stimme klang aufgeregt. »Ich weiß es – sie ist mir sogar schon gefolgt. Gut, nicht wahr?«
» Gut}«
»Ich habe gesehen, wie sie auf der Straße hinter mir her schlich. Du weißt, was das bedeutet.«
»Nein«, sagte Flea. »Weiß ich nicht.«
»Es bedeutet, dass sie mich liebt. Sie ist eifersüchtig ! Sie liebt mich wirklich.«
Flea schüttelte müde den Kopf. Sie betrachtete die glatte Haut an seinem Hals, leicht durchscheinend und weiß über dem Adamsapfel. Mandy war seine erste wirkliche Freundin. Es hatte eine Reihe von Frauen gegeben, zu denen er sich eine Beziehung einbildete: Er hatte sich lächerlich und kindisch verknallt und war dann am Boden zerstört gewesen, als sie seine Aufmerksamkeit nicht erwiderten. Bis Mandy kam. Und wie ein Kind verwechselte er Mandys Besitzanspruch mit wahrer Liebe.
»Sie glaubt, ich weiß nicht, dass sie mir folgt, aber ich weiß es. Und jetzt habe ich ein wichtiges Meeting mit diesen Leuten. Da geht es um alles oder nichts. Wenn ich nicht komme, kann ich die ganze Sache vergessen.«
»Und da soll ich für dich lügen.«
»Wenn ich Mandy sage, dass ich hier bin, wird sie mir glauben.«
»Hier? Nein, Sie würde kommen und nachsehen.«
»Wahrscheinlich. Aber sie würde niemals läuten, denn sie glaubt, ich weiß nicht, dass sie hinter mir her spioniert. Ich nehme deinen Focus – ich bin versichert – und lasse meinen Wagen draußen an der Straße stehen. Wenn sie mir dann folgt oder vorbeifährt, bin ich aus dem Schneider.«
»Und wann willst du das tun?«
»Montagabend.«
Montag war übermorgen. Fleas letzter freier Abend. Kaiser hatte ihr versprochen, dass das Ibogain bis dahin abgebaut sein würde.
Sie stand auf, nahm den Topf und löffelte die Tomaten über die Pasta. Sie warf ein paar Oliven und Wurstscheiben dazu und ließ die Tupperware-Dose offen stehen, damit der Dampf abziehen konnte. Dann wischte sie mit einem Lappen über die Arbeitsplatte.
Thom ließ sie nicht aus den Augen. »Und?«, sagte er schließlich. »Machst du es?«
»Du kennst die Antwort, Thom.« Sie verschloss die Dose, stellte sie in den Kühlschrank und warf die Tür mit einem Knall zu. Sie wusste nicht, warum, aber sie war wütender, als sie sein sollte. »Weil du verdammt genau weißt, dass ich absolut alles für dich tun würde.«
26
16. Mai
Als Flea den Raum verlassen hatte, war es still im Büro. Eine Weile saß er gedankenverloren da. Das Wort muti ging ihm im Kopf herum, und er fragte sich, warum er nicht schon früher darauf gekommen war. Er nahm sich die Zeit, die Website gründlich zu studieren. Die Menschenhaut, erkannte er jäh, war nicht
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