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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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deuteten darauf hin, dass er noch gelebt hatte, als es ge¬schah. Bis jetzt war niemand dafür verurteilt worden.
    Nach dem dritten Klingeln brummte und klickte es in der Leitung. »PC Kryotos.«
    Er zögerte. Die vertraute, ruhige Stimme. Sie erinnerte ihn daran, wie es bei der Einheit in London gewesen war, und an die chaotische Ermittlungsarbeit dort. Die Einzige, die für Bodenhaftung gesorgt und verhindert hatte, dass alles außer Kontrolle geriet, war Marilyn Kryotos gewesen. Kein aufgeblasenes Ego, keine Wichtigtuerei. Wider Willen musste er lächeln. »Hey, Marilyn. Rate mal, wer hier ist. Ein Geist aus der Vergangenheit.«
    Es war still. Dann hörte er ein kleines, sarkastisches Lachen. »Keine sehr ferne Vergangenheit, Jack. Gerade mal zwei Monate.«
    Sein Lächeln verflog. »Dann freust du dich nicht, mich zu hören? Was? Bin ich etwa in Ungnade gefallen?«
    Sie antwortete nicht, ließ die Leitung eine Weile brummen.
    Er seufzte. »Ich weiß, was du denkst.«
    »Wirklich?«
    »Ja – was alle andern auch denken. Dass ich ein Arschloch bin.«
    »Bist du eins?«
    »Marilyn, hast du nie jemanden verlassen?«
    »Doch, natürlich. Vorjahren. Bevor die Kinder kamen.« 

    »Na also.«
    »Es geht nicht darum, dass du sie verlassen hast. Ich meine, sie war verrückt, Jack. Hübsch, aber verrückt. Letzte Woche war sie in der Zeitung – anscheinend hat sie ihre Medikamente, gebrauchte Kosmetik, Luftpolsterverpackungen und solches Zeug genommen, in Acryl gegossen und das Ganze Kunst genannt. Ich hatte nie was für sie übrig, das weißt du. Es geht also eigentlich nicht darum, dass du sie verlassen hast – es geht um den Grund dafür. Ich meine, was für ein Grund war das? Jack, ich habe es bisher nie gesagt, weil die Situation war, wie sie eben war, aber jetzt bist du nicht mehr mein Vorgesetzter, und deshalb…«
    »Und deshalb kannst du mir jetzt die Meinung sagen?«
    »Jack, du wirst nicht jünger. Ich sag’s ja nicht gern, aber du wirst bald vierzig, oder?«
    »Ich will keine Kinder, Marilyn. Weder jetzt noch später.«
    »Jack, jeder sollte Kinder haben. Jeder. Sogar eine wandelnde Katastrophe wie du. Du bist kein vollständiger Mensch, solange du keine Kinder hast. Glaub mir das. Und, Jack, ich hab’s nie gesagt, aber die Wahrheit ist, du wärst ein…«
    »Lass uns jetzt das Thema wechseln. Es wird mir…«
    »Nein. Hör mir zu…« Er sah ihr Gesicht am anderen Ende der Leitung vor sich. Ein bisschen verärgert, aber auch geduldig, als wäre er ihr Sohn. »Du, Jack, wärest ein wunderbarer Vater, ob dir das gefällt oder nicht. Okay?« Sie pustete kurz, als hätte er sie gezwungen, etwas zu tun, das sie nicht wollte. »So, jetzt ist’s raus.«
    In seinem beengten kleinen Büro mit der welken Pflanze auf dem Fensterbrett und dem Blick auf den Halal-Metzger auf der anderen Straßenseite legte Caffery den Telefonhörer von einem Ohr ans andere. Auf dem Bildschirm waren ein oder zwei Suchergebnisse erschienen, aber dort spiegelte sich auch sein Gesicht, und er wollte sich selbst nicht in die Augen sehen. Er drehte den Stuhl zur Wand. 

    »Okay, Marilyn. Ich liege besiegt am Boden. Bist du jetzt fertig mit mir?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Können wir dann ein berufliches Gespräch führen?«
    »Wahrscheinlich.«
    Er lachte trocken. »Die Königin meines Gewissens. Lass mich nie im Stich, Marilyn.« Er bohrte den Daumennagel in das Vinyl der Armlehne. »Hör zu, ich bin erst seit fünf Minuten hier und schon über etwas gestolpert, womit ich nicht fertig werde. Wohin ich mich auch drehe und wende, immer wieder taucht ein Wort auf: Magie. Deshalb rufe ich dich an.«
    »Schieß los.«
    »Hände. Abgetrennte Hände, neben oder unter dem Eingang zu einem Restaurant. Woanders erfahre ich, dass es etwas mit Hexerei zu tun hat. Was Afrikanisches.«
    »Na, wer immer >woanders< sein mag, er hat recht.«
    »Dann schrillt da eine Glocke bei dir?«
    »Gibt es da eine Afrika-Connection?«
    »Vielleicht. Der Eigentümer des Lokals ist Afrikaner – aber die Hände, tja, die sind weiß.«
    »Weißes Fleisch gilt bei manchen als mächtiger. In einigen Gegenden Afrikas ist das heute noch so – die alte Kolonialvergangenheit. Weißer Mann macht mehr Geld, weißer Mann ist mächtiger, sein Fleisch ist bessere Medizin. Stärkeres muti.«
    »Du meinst Hexerei.«
    »Nein. Medizin. Alle bringen muti und Hexerei durcheinander. Und um das alles noch komplizierter zu machen, benutzt jeder Stamm ein anderes Wort. Eins, das man in der

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