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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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würde sofort ein zweiter folgen, und ehe er sich's versähe, wäre der Tag im Eimer. Er scrollte weiter und hoffte auf die Erwähnung von Menschenblut, aber er fand nichts, und eingedenk seines Besuchs bei Rochelle suchte er den Tokoloshe.
    Zuerst buchstabierte er das Wort falsch - TOCKALOSH -, und die Suche blieb erfolglos. Er probierte es vergebens mit zwei Variationen, und erst bei der dritten, TOKOLOSHE, lieferte der Computer blinkend und surrend ein Resultat. Er ließ sich den Abschnitt anzeigen, und als er ein kurzes Stück gelesen hatte, überkam ihn der Drang aufzustehen und die Jalousie herunterzuziehen, denn plötzlich fühlte er sich unwohl in diesem Büro, und es gefiel ihm nicht, dass jeder auf der Straße ihn sehen konnte.
    Ein Tokoloshe war so etwas wie ein Kobold, der Hausgeist eines Zauberers. Überließ man ihn sich selbst, war er nur ein Plagegeist, aber in der Hand eines Zauberers wurde er zur Gefahr, zu einem gefürchteten und abscheulichen Ding. Wie Rochelle erzählt hatte, glaubten manche, ein Gefäß mit menschlichem Blut könne den Tokoloshe beschwichtigen, aber es gab auch andere Möglichkeiten, sich vor ihm zu schützen: Eine Katze oder das Bild einer Katze, die sich das Gesicht putzte, genügte, um ihn in Schach zu halten. Man konnte sich auch Tokoloshe-Fett auf die Haut streichen, das man sich bei einem Medizinmann besorgen konnte. Marilyn hatte einen Zeitungsartikel eingescannt, in dem von zwei Männern berichtet wurde, die in  

    Südafrika wegen bewaffneten Raubüberfalls verhaftet worden waren. In ihrem Wagen hatte die Polizei einen menschlichen Schädel mit einem Stück Fleisch darin gefunden. Die Räuber gaben an, den Schädel aus einem Grab gestohlen zu haben, und das Fleisch war als Speise für den Tokoloshe gedacht, der sie ihrer Überzeugung nach beschützte.
    Caffery klickte das nächste Bild an, und auf dem Computer erschien die plumpe Zeichnung einer zwergenartigen Kreatur mit heraushängender Zunge, die dem Betrachter stolz ihren Penis präsentierte. Caffery rückte dicht an den Monitor heran, und obwohl die Sonne ihm durch die Spalten der Jalousie ins Gesicht schien, lief es ihm kalt über den Rücken, als er die Bildunterschrift las. »Der Penis des Tokoloshe ist ein Symbol für seine Gefährlichkeit und Männlichkeit. Frauen stellen ihre Betten auf Ziegelsteine, damit er sie nicht erreichen kann. Traditionell ist er ein Wassergeist, und seine Behausung ist das Flussufer.«
    ... ein Wassergeist, und, seine Behausung ist das Flussufer. Mit klopfendem Herzen las Caffery diesen Satz noch einmal, und er dachte an die Kellnerin vom Station - und an die Gestalt, die sie dabei beobachtet hatte, wie sie sich entblößte. Dann, ohne dass er es sich erklären konnte, erinnerte er sich an einen Schatten in einer Gasse, an das Rot von Keelies Lippenstift und an das Gefühl, dass ein Fuß auf die Motorhaube seines Wagens gestiegen war. Er stand auf und nahm seine Jacke von der Stuhllehne. Der Tokoloshe auf dem Bildschirm grinste ihn an.
    »Verpiss dich«, knurrte er und schaltete den Monitor ab, statt die Bilddatei zu schließen. »Fuck you.«
    Er musste noch einmal zu Rochelle. Es war an der Zeit, ihr noch ein paar Fragen zu stellen.
    Sie freute sich, ihn wiederzusehen. In einem pinkfarbenen Reißverschlusstop mit Kapuze, das Haar mit einem weißen  

    Stirnband zurückgebunden, sah sie trotz des Make-ups aus, als wäre sie auf dem Weg zum Fitnesstraining. Sie legte die Hände auf den Rücken und lehnte sich mit dem Hintern an die Wand, sodass ihre Brüste sich ihm entgegenreckten. »Hallo«, sagte sie. »Möchten Sie jetzt doch noch ein Bier?«
    »Kann ich hereinkommen?«
    Sie nickte und trat beiseite, um ihn vorbeizulassen. Er ging durch die Küche ins Wohnzimmer. Die beiden Mädchen sahen America''s Next Top Model. Sie lagen exakt genau so vor dem Fernseher wie am Tag zuvor, nur trugen sie andere Kleider, sonst hätte man denken können, sie wären die ganze Nacht auf gewesen. Er stieg über ihre Beine hinweg und ging in den Wintergarten.
    »Kann ich Ihnen was zu trinken bringen?« Rochelle trat hinter ihm in den Raum, beugte sich über das Sofa und schüttelte die Kissen auf. »Ich habe einen Smoothie-Maker. Wir, die Kinder und ich, hatten heute Morgen Erdbeer-Pfirsich.«
    »Nein danke. Ich habe eben Kaffee getrunken.« Er tastete in seiner Mappe nach der Plastikhülle, die er mitgebracht hatte. Der Dobermann lag auf dem Boden in der Sonne und beäugte ihn mit unbestimmtem

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