Ritus
niederbrennen, um der Bestie ihr Refugium zu nehmen.« Er lachte bitter. »Mein Vater fände es allerdings nicht sonderlich amüsant, wenn ich ihm sein kostbares Holz nähme.«
»So seid Ihr auch der Meinung, dass die Bestie sich dort versteckt hält?«, erkundigte sich Florence.
Er nickte und öffnete den Mund, da kam eine ältere Frau und fiel vor dem Marquis auf die Knie. »Gott segne Euch, mon Seigneur !«, rief sie den Tränen nahe. »Ihr seid der Einzige, der uns gegen den Dämon beisteht.« Sie küsste seine dreckigen Stiefel. »Gott segne Euch.«
Der Marquis ergriff sie bei den Schultern und bedeutete ihr aufzustehen. »Ich danke dir, doch es ist nicht notwendig, dass du vor mir in den Schmutz sinkst. Meine Familie und ich sind uns der Verantwortung bewusst, die wir den Menschen gegenüber haben, die auf unserem Land und im Gevaudan leben. Ich tue nur meine Pflicht.«
»Eine Pflicht, die von Größeren im Königreich vernachlässigt wird«, sagte die Frau und verneigte sich wieder. Mit der Bemerkung, die trotz der Vagheit eindeutig gegen den König gerichtet war, schrammte sie hart an einer Straftat vorbei. Aber es gab inzwischen zu viele Menschen, die ihre Meinung stumm teilten und sie nicht anzeigen würden.
»Ich schwöre, dass ich nicht eher ruhe, bis die Bestie tot vor meinen Stiefeln liegt«, sagte der Marquis feierlich. Jeder glaubte seinen Worten.
Florence musterte den jungen Mann genauer. Sie spürte tiefe Anerkennung für ihn, und hätte es Pierre nicht gegeben, wäre ihr Herz sicherlich für Jean-Joseph entflammt.
Offenbar konnte er ihre Gedanken lesen, denn er wandte sich zu ihr. »Mademoiselle, darf ich mich für Eure Freundlichkeit mit einer Einladung auf mein Schloss nach Besques revanchieren?«, sprach er und deutete eine Verbeugung an. »Es wäre mir eine Ehre.«
Schwester Rogata schob sich nach vorne, eine Bewegung, die deutlich machte, dass das Angebot keine Zustimmung fand.
Eine zweite Abteilung Berittener erreichte Auvers, sie donnerte rücksichtslos die Straße entlang und scherte sich um nichts und niemanden. Beim ersten Haus, das eine große Scheune besaß, hielten sie an und verlangten aufgeregt nach Seilen, Ochsen und Helfern.
Der Marquis wandte sich um. »Männer des Comte de Morangiès«, sagte er halblaut. »Was haben die hier zu suchen?« Er drückte Florence die Schale in die Hand und eilte zu dem Pulk.
Florence wollte ihm nachlaufen, aber Schwester Rogatas Finger legten sich um ihren Oberarm. »Nein. Wir warten hier, Florence«, sprach sie leise.
Die junge Frau bückte sich, um neues Holz unter den Kessel zu legen und den Tee heiß zu halten, während sie gleichzeitig unter der Auslage hindurch Jean-Joseph beobachtete, der mit den Männern sprach; es dauerte nicht lange, und er kam zurück gerannt.
»Sie haben eine Kutsche gefunden, die beinahe vollständig in einem Sumpfloch untergegangen ist«, erklärte er die Eile und schwang sich in den Sattel. »Wir wollen versuchen, sie zu bergen.« Seine Begleiter stiegen ebenfalls auf, und sie ritten gemeinsam mit de Morangiès’ Männern aus Auvers.
Rogata nickte zufrieden, weil die Einladung nun wohl vergessen war, und kümmerte sich um die Auslagen. Florence bedauerte den plötzlichen Aufbruch des jungen Marquis. Ein Besuch auf dem Schloss und ein Blick in die Welt des Adels hätten sie sehr gereizt. Schon allein, um zu sehen, wie es sich umgeben von Pracht und Luxus lebte.
Sie rührte weiter den Tee um und schenkte ihn an die Dorfbewohner aus, die sich vor dem Stand des Klosters aufhielten, bis Rogata sie erneut Wasser holen schickte. Florence nahm einen Eimer, ging zur Pumpe, die sich nun gar nicht mehr bedienen ließ. Die Mechanik meuterte in der Kälte.
Ein wenig abseits des Marktplatzes entdeckte Florence eine eingefasste Quelle, die ordentlich sprudelte. Kurzerhand ging sie hinüber, um den Eimer zu füllen.
Sie schöpfte das eisige Wasser mit den bloßen Händen aus dem Becken, bis sie sich taub anfühlten. Plötzlich fiel ein Schatten über sie. »Das nächste Mal sollte ich eine Schöpfkelle mitnehmen, Schwester Rogata«, sagte sie, ohne aufzuschauen, und fuhr mit ihrer Arbeit fort.
Eine Hand packte sie im Nacken und drückte sie ruckartig nach vorne, während man ihr gleichzeitig die Beine wegzog. Jemand setzte sich auf ihren Rücken und machte es ihr unmöglich, den Kopf aus dem Wasser zu ziehen. Ihre Schreie wurden zu einem Blubbern, sie schluckte, versuchte zu husten und schluckte noch mehr
Weitere Kostenlose Bücher