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Ritus

Ritus

Titel: Ritus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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einen stabilen Eindruck. Weil Antoine in der Vergangenheit bewiesen hatte, dass seine Kräfte nicht zu unterschätzen waren, zog Malesky sich hinter das Gitter zurück, das sie als doppelten Schutz in den Keller vor dem Aufgang zur Treppe eingezogen hatten, und schloss den Eingang.
    Das Wesen lag still. Antoine war verschwunden. An seiner Stelle kauerte ein hässlicher Loup-Garou mit dem bekannten dunklen, ins Rötliche gehenden Fell und dem schwarzen Streifen, der sich vom Kopf bis zum dünnen Schwanz zog. Die Bestie stellte sich auf die Hinterbeine und überragte Malesky damit um zwei Handbreit. Die roten Augen starrten ihn hasserfüllt an, die großen Klauen öffneten und schlossen sich rasend schnell. Die Kreatur trachtete danach, sich auf den Bewacher zu werfen und ihm ein ähnliches Ende zu bereiten wie den vielen Opfern davor.
    »Monsieur Chastel?«, versuchte Malesky es erneut. Sein wissenschaftliches Interesse unterdrückte die Angst weitestgehend. »Falls Ihr mich versteht, dann nickt mit dem Kopf.«
    Antoine brüllte stattdessen.
    Der widerlich faulige Atem wehte dem Moldawier ins Gesicht und brachte ihn dazu, einen Schritt nach hinten zu machen. »Monsieur, Euer Geruch ist Übelkeit erregend. Das Böse in Euch riecht nicht gut.«
    »Öffne«, grollte der Loup-Garou dunkel, die Augen strahlten rot und saugten Maleskys Blick an, der sich zu seinem Entsetzen nicht abwenden konnte. Seine Arme erlahmten und wurden schwer, jegliche Energie schwand aus seinem Körper und schien in den Garou zu fließen. »Öffne«, wiederholte das Wesen den hypnotisierenden Befehl.
    Die Hände des Moldawiers bewegten sich wie von selbst, machten sich am Riegel der Tür zu schaffen und beseitigen das erste Hindernis. Malesky konnte den Blick nicht von der widerlichen Fratze der Kreatur losreißen, während sein Unterbewusstsein gegen das, was sein Körper tat, zu rebellieren und ihn aus dieser unheimlichen Trance zu retten versuchte. Es schrie und brüllte beinahe ebenso wie ein gefangener Werwolf. Aber ohne Erfolg.
    Antoine hob die Handfesseln, die Ketten klirrten laut. »Öffne.«
    »Ich … habe den Schlüssel … nicht«, wisperte Malesky benommen. Er wunderte sich nicht einmal, dass Antoine in dieser Gestalt zu sprechen vermochte.
    »Dann komm«, verlangte das Wesen stattdessen, »Komm zu mir.«
    Malesky hatte keinen Sinn mehr für die Gefahr, in die er sich begab. Er machte einen Schritt nach vorne und stand weniger als eine Elle von der Schnauze des Werwolfs entfernt, die sich erwartungsvoll öffnete. Weißer Schaum tropfte von den Lefzen.
    Dass Schritte über ihren Köpfen erklangen, die eisenbeschlagene Luke geöffnet wurde, Pierre und Jean ins Verlies kamen und voller Schrecken auf das sahen, was sich ihren Augen darbot, und nach ihm riefen, bekam Malesky nicht mit. Für ihn gab es nur noch die strahlenden Rubine, die ihn unerbittlich anzogen.
    Antoine schnappte nach ihm. Im gleichen Moment bekam Jean den Gehrock des Moldawiers zu fassen und zog ihn nach hinten. Die Zähne verfehlten das Gesicht des Mannes um Haaresbreite und trafen klackend aufeinander. Der Garou heulte enttäuscht auf, ließ sich fallen und schlug die Krallen in Maleskys rechtes Bein. Der wurde durch den jähen Schmerz aus der Entrückung gerissen.
    Urplötzlich verstand er, in welcher Gefahr er sich befand. Sein Verstand erwachte, heilsame Furcht bemächtigte sich seiner und half ihm, endlich vor dem Werwolf zurückzuweichen. Den nächsten Hieb, der ihm sicherlich den Unterschenkel abgetrennt hätte, wehrte er mit einem Fußtritt ab, dann hatten ihn die Chastels an den Rockschößen aus Antoines Reichweite gezerrt.
    Die Kettenhalterungen rissen in kurzen Abständen nacheinander mit einem hässlichen Geräusch aus der Wand. Pierre warf gerade noch rechtzeitig die Gittertür zu.
    Antoine sprang knurrend gegen die Stäbe, die unter dem Aufprall erbebten. Er rüttelte daran und schrie. Der Putz, mit dem sie im Mauerwerk festgemacht waren, bröckelte ab, das Eisen bewegte sich mehr und mehr.
    »Zurück, Antoine!« Jean schlug ihm mit dem Blechnapf, in dem normalerweise das Essen lag, auf die klauenhaften Finger, was ihn nicht störte. Er riss den Stab mit der silbernen Klinge von der Wand und rammte die Spitze tief in die Schulter seines verwandelten Sohnes, der furchtbar aufjaulte und unverzüglich weg vom Gitter sprang.
    Antoine ließ sich auf alle viere fallen und lief wie eine lauernde Katze hin und her; dabei grollte er unablässig. Die Wunde an

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