Ritus
der berühmte Schritt zu weit, der sie auf Tuchfühlung mit ihm gebracht hatte und der beide dazu verführte, der lange zurückgehaltenen Zuneigung nachzugeben. Trotz der Gefahr vor der Tür.
Ihre Gesichter bewegten sich zugleich, die Lippen trafen sich. Sie erschauderten unter der Stärke der Empfindungen, die ihre Knie weich machten, Hitzewellen durch den Leib jagten und das Verlangen entzündeten, bis es zu einem nicht mehr kontrollierbaren Feuer emporloderte.
Sie küssten sich ohne Unterlass, warfen die Kleider achtlos zu Boden und zeigten sich einander nackt wie einst Adam und Eva. Jean berührte ihre kurzen, blonden Haare und lächelte. Er streichelte Gregorias Brüste mit einer Zärtlichkeit, die sie nicht für möglich gehalten hätte. Sie stöhnte leise auf und schloss die Augen, während er sie umrundete und sich hinter sie begab.
Sein harter Schaft glitt unter ihren Pobacken vorbei und tauchte fingerkuppentief in ihre Weiblichkeit ein. Gregoria fasste hinter sich und streichelte fordernd seine Oberschenkel, spürte seine Hände auf ihrem Bauch, auf ihren Brüsten, an ihren Brustwarzen, seinen heißen Atem an ihrem Hals und hörte sein lustvolles Aufstöhnen. Schließlich beugte sie sich nach vorne, und seine steifer Penis glitt wie von selbst ganz in sie hinein und weckte Gefühle in ihr, dass sie eine Hand vor den Mund halten musste, damit der Lustschrei nicht durch ganz Saint Grégoire hallte. Es war so berauschend, so schön wie damals. Nein. Schöner.
Gregoria löste sich schwer atmend von ihm und drehte sich um, um in sein Gesicht sehen zu können. »Es wird nur diese eine Nacht geben, Jean«, raunte sie, umschlang ihn und zog ihn auf den Boden.
»Es wird eine lange Nacht.« Jean sah sie trunken vor Lust an, saugte an ihrer linken Brustwarze und führte erneut seinen Schaft in sie. Er begann mit vorsichtigen Stößen, drang jedes Mal etwas tiefer vor und steigerte ihre Empfindungen, bis sich das Zimmer um die Liebenden herum zu drehen begann und sie nicht mehr klar zu denken vermochten.
Im Sog der Leidenschaft vergaßen sie die Wachen vor der Tür.
14. Juni 1767, Notre Dame de Beaulieu, s üdöstlich von Paulhac, Südfrankreich
Äbtissin Gregoria ging an der Spitze der Abordnung von Saint Grégoire und ließ ihren Blick rundum schweifen, während sie und die Nonnen den Weg entlangliefen.
Selten war eine Messe am Ende einer Pilgerfahrt zur Kapelle Notre Dame de Beaulieu so gut besucht wie in diesem Frühsommer. Die Menschen kamen so zahlreich, dass man die kleine Kirche hatte verlassen und sich auf die weitläufige, steinübersäte Weide begeben müssen, die genau im Mittelpunkt zwischen den drei Bergen lag.
Gregorias Freude über die vielen hunderte von Gläubigen wurde getrübt, weil der Ansturm ihrer Einschätzung nach einen einfachen, zugleich auch schrecklichen Grund hatte: Furcht.
Herr, was haben dir die Menschen getan, dass du die Prüfung nicht enden lässt?, fragte Gregoria im Stillen, führte die Nonnen durch die Menge und hielt auf den Altar auf dem kleinen Hügel zu. Dort stellten die Nonnen sich auf, um später während der Messe und der heiligen Kommunion ihre Lieder zu singen.
Der Bischof, Abbé Prolhac, war aus Mende angereist, um das Wort Gottes zu verkünden. Er begann seine Messe mit viel Eifer, der auf die Menschen übergriff und den Schrecken, den die Bestie in ihnen hinterlassen hatte, von der Seele nahm. Dankbar hingen sie an seinen Lippen, lauschten den Versprechen über die Gnade des Herrn, der alle Gläubigen und Unschuldigen schützte, und sogen die rituellen Formeln ein, um sie wie einen Schild des Glaubens vor sich herzutragen.
Gregoria ertappte sich dabei, dass sie nach einem ganz bestimmten, vertrauten Gesicht in der Menge Ausschau hielt, obgleich sie wusste, dass Jean Chastel einen Gottesdienst ebenso sehr mied wie der Teufel das Weihwasser.
Die Hoffnung gab sie dennoch nicht auf. Sie erinnerte sich an die Nacht der Sünde – und verlangte nach mehr. Ihr Gewissen aber machte ihr unentwegt Vorhaltungen und verlangte nach einer Beichte und unzähligen Gebeten, um sich von der Verfehlung reinzuwaschen. Sie war so zwiegespalten, dass sie es kaum weiter zu ertragen glaubte.
Die Messe war gehalten, die Kommunion gefeiert, nun begannen die Segnungen. Ein junger Priester ging mit einem einfachen Eimer und einem Bündel Palmzweige an den Reihen vorüber, sprengte Weihwasser auf die vor ihm niederknienden Häupter und rief unentwegt Segenssprüche, bis er
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