Rivalen der Liebe
außerdem einen Ring gekauft, für den er ganz London abgesucht hatte. Nicht, weil er sie verführen wollte, sondern weil er Julianna ein Geschenk machen wollte. Eine große, funkelnde Erinnerung daran, dass sie zueinander gehörten. Und das wollte er auch der Welt zeigen.
Kapitel 46
Madame Auteuil’s
Bond Street, London
»Jeder redet über dich, deinen Ehemann und euer angebliches Erscheinen heute Abend«, berichtete Sophie ihrer Freundin aufgeregt.
Sie waren bei Madame Auteuil, und Julianna gab das Geld mit vollen Händen für ein Kleid aus, das ihre (hoffentlich) triumphierende Rückkehr in die Gesellschaft unterstreichen sollte. Lady Feversham hatte Roxbury und sie nicht eingeladen, doch der Mann, der Bescheid weiß, hatte genau das behauptet, was eigentlich genauso gut war, wenn nicht sogar besser als eine handgeschriebene Einladung auf steifem Pergament, das mit Lady Fevershams Siegel verschlossen war.
»Was sagt Lady Feversham eigentlich zu dem Thema?«, fragte Julianna. Sie hatte ein blaues Samtkleid angezogen, das zwar hübsch aussah, aber noch nicht das Richtige für den Anlass war.
»Entweder dass sie ihren Gästen gute Unterhaltung bieten wolle oder dass die Einladungen schon lange vorher verschickt worden seien. Es kommt drauf an, wer sie fragt«, erklärte Sophie ohne Umschweife. Juliannas Blick verfinsterte sich. Wenn sie wenigstens noch ihre Kolumne hätte! Dann müsste sie solche Demütigungen nicht über sich ergehen lassen.
»Und die Gerüchte über eine Liebesheirat?«, hakte Julianna nach. Sie musste vorbereitet sein auf den Abend.
»Es kommt wohl ganz drauf an, wie ihr zwei euch heute verhaltet«, sagte Sophie.
»Ja, ja, ich weiß – verliebte, tiefe Blicke und so weiter«, sagte Julianna. Ein Mädchen half ihr aus dem blauen Samtkleid und in eines aus rosa Seide.
»Ganz genau«, sagte Sophie.
Julianna lächelte. Ehrlich gesagt würde es die viel größere Herausforderung werden, ihre Verliebtheit und die tiefen, sehnsüchtigen Blicke zu kaschieren. Ihre früheren Streitereien hatten mittlerweile zwar kokette Wortgefechte ersetzt, aber es war immer noch sehr aufregend mit ihm. Sie genoss seine Gesellschaft täglich mehr. Und in den Nächten genauso. Keine Chance, das vor der Welt zu verstecken. Außerdem würde die bessere Gesellschaft ihnen so manches verzeihen, wenn sie sah, dass ihre Ehe eine Liebesheirat war. Und dann, da war Julianna sich sicher, würden auch die Einladungen nicht mehr länger ausbleiben; ihr guter Ruf würde auf die lange Sicht wiederhergestellt werden, und dann ließe ihre triumphale Rückkehr zur London Weekly nicht allzu lange auf sich warten.
Darauf freute Julianna sich am meisten. Die Renovierung war ja schön und gut, und genauso viel Spaß machte es ihr, einen Hinterhalt zu ersinnen, mit dem sie den Mann, der Bescheid weiß, endlich stellen konnte. Aber mehr als alles andere wollte Julianna schreiben.
Sie liebte es, das Papier unter der Hand zu spüren und eine Seite mit ihrem Tintengekritzel darüber zu füllen, was die Ladys und Lebemänner der besseren Gesellschaft so trieben. Sie hatte sogar angefangen, Ausgaben von »Geheimnisse der Gesellschaft« zu verfassen, die im Feuer landeten, sobald sie fertig geschrieben waren. Der Wunsch, ihre Kolumne zurückzubekommen, wurde nicht länger allein von dem Wunsch beseelt, ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder sich nützlich zu fühlen oder die Ereignisse der Gesellschaft aufzuzeichnen. Julianna wollte schreiben, weil es ihr einfach Spaß machte, den Stift aufs Papier zu drücken und Worte zu einer Geschichte zu verweben.
»Ich bin überzeugt, dass ihr zwei das wunderbar hinbekommen werdet«, sagte Sophie.
»Was genau?«, fragte Julianna abwesend, weil sie in Gedanken gerade ganz woanders gewesen war.
»Die verliebten, sehnsüchtigen Blicke. Die kleinen Gesten der Zuneigung und überhaupt das Verhalten, das man von einem frisch verliebten Paar erwarten dürfte«, erläuterte Sophie.
»Ach das«, sagte Julianna und musste lachen. Das Mädchen hatte das Seidenkleid inzwischen zugeknöpft, und Julianna drehte sich um, damit Sophie es bewundern konnte.
»Oh Jules, das Kleid ist so schön!«, schwärmte Sophie.
»Bist du sicher, dass es nicht zu … viel ist?«, fragte Julianna nervös. Es war ein altrosa Satinkleid mit tiefem Ausschnitt und schlichtem Schnitt. Das Raffinierte an der Kreation war vielmehr, dass über dem Satin ein hellerer Tüllstoff lag und dass das Mieder höchst kunstvoll bestickt
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