Rivalen der Liebe
und schmeichelte ihr. Die kastanienroten Haare trug sie zu einer komplizierten Frisur aufgesteckt, und einzelne Strähnen umspielten ganz bewusst ihren Hals. Und dann war da noch die weiche, duftende Haut, mit der er inzwischen so vertraut war.
Heute Abend war sie besonders schön, sehr stolz und würdevoll, weil sie auf einer Veranstaltung tanzen durfte. Später würde er dann der Glückspilz sein, der sehen durfte, wie schön sie mit offenem Haar war, wenn das Kleid auf dem Fußboden landete. Sein Atem stockte allein bei dem Gedanken daran.
Anders als bei all seinen vorhergehenden Liebesaffären musste diese nicht irgendwann zu Ende gehen. Ja, in Wahrheit wollte er das gar nicht. Und das passierte ihm zum ersten Mal.
Und das war so, weil … Nein, darüber wollte er lieber nicht nachdenken. Er hatte sich etwas vorgenommen, und diesen Plan würde er strikt befolgen. Abgesehen davon gab es ein paar Aspekte, auf die er sich sehr freute.
»Wie fühlt es sich an, in den gesellschaftlichen Trubel zurückzukehren?«, erkundigte er sich. »Verläuft alles so, wie du es dir erhofft und erträumt hast?«
»Im Moment bin ich sehr zufrieden«, antwortete Julianna. In ihren Augen lag ein Funkeln, und er wusste, dass sie glücklich war. Die Freude, die er darüber empfand, war unbeschreiblich.
»Dann lass uns einfach weitertanzen«, schlug er vor und strahlte sie glücklich an. Das passte nämlich perfekt zu seinen Absichten. Er würde jede Entschuldigung wahrnehmen, sie länger in den Armen halten zu können.
Und … Wenn alles nach Plan verlief, war es von entscheidender Bedeutung, dass sie sehr verliebt aussahen und richtiggehend ineinander vernarrt wirkten – je mehr, umso besser, denn nur so konnten sie sich der Aufmerksamkeit des Mannes, der Bescheid weiß, sicher sein. Eines war nämlich sicher: Dass dieser Halunke heute Abend hier war, war unvermeidlich – nach all den Gerüchten und den zahlreichen Wetten, die sich um das Skandalpaar Lord und Lady Roxbury rankten, blieb ihm doch gar nichts anderes übrig. Nichts war besser, um Aufmerksamkeit zu erregen, als die empörten Gespräche, die überall im Ballsaal hinter vorgehaltener Hand geführt wurden, während er und seine Liebste den dritten aufeinanderfolgenden Walzer tanzten.
Nach dem dritten Walzer führte Roxbury seine Braut von den anderen Tänzern fort und durch das summende, geschäftige Treiben im Ballsaal und weiter in einen eher ruhigen Teil des Hauses.
Der Mann, der Bescheid weiß, beobachtete die beiden vom Rand der Tanzfläche aus. Liebesheirat hin oder her, das kümmerte ihn schon längst nicht mehr. Aber wenn man ihn in diesem Moment zwingen würde, sein Geld zu setzen, würde er eher auf eine Liebesheirat wetten. Er nahm einen Schluck von seinem Getränk und belauschte die Gespräche, die sich rings um ihn entspannen.
»Sieh doch nur, wie er sie zum Lachen bringt«, sagte eine Frau zu ihrer Freundin und seufzte sehnsuchtsvoll.
»Ja, so hat er mich früher auch immer angeschaut«, erklärte leise eine andere, verbitterte Frau ihren Freundinnen.
»Vielleicht ist es wirklich Liebe. Aber ob das hält?«, fragte sich eine andere Lady laut.
Die Männer machten sich nicht die Mühe, sich an diesen Gesprächen zu beteiligen. Nicht, solange sie sich nicht erschöpfend über Huren, Jagdausflüge, Karten, das Parlament, Kutschen und Brandy ausgelassen hatten.
Der Mann, der Bescheid weiß, nippte nur an seinem Getränk und beobachtete, wie Roxbury sich bei seiner Frau unterhakte und sie durch den überfüllten Ballsaal führte. Sie steuerten jedoch nicht den Limonadestand an und ebenso wenig das Spielzimmer oder die Terrasse.
Tatsächlich kamen die beiden direkt auf ihn zugeschlendert. Instinktiv ballte der Mann, der Bescheid weiß, die Faust und verzog das Gesicht. Roxbury hatte ihm letztens eine ordentliche Abreibung verpasst. Er hatte es verdient, das wusste er, aber er war nicht erpicht darauf, diese Erfahrung zu wiederholen. Trotzdem … Er wusste, womit sich seine Kolumne füllen und seine Wetteinsätze bezahlen ließen, und das hatte weder mit Anstand noch mit Privatsphäre zu tun. Als Lord und Lady Roxbury an ihm vorbeischlenderten und einen spärlich beleuchteten Korridor entlanggingen, folgte der Mann, der Bescheid weiß, ihnen heimlich.
Kapitel 48
»Wo gehen wir hin?«, fragte Julianna. Die Frage war durchaus berechtigt, fand sie. Sie hatte ziemlich viel auf sich genommen, um zu dieser Party kommen zu dürfen, und nach nur einer Stunde
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