Rivalen der Liebe
diebisch über ihre kleine Rache.
»Und Lady F-s Party?«
»Ich möchte so gerne zu Lady Fevershams Ball gehen. Und nach diesem Artikel hat sie jetzt keine andere Wahl mehr, als uns zu empfangen«, erklärte Julianna ihrem Gatten triumphierend.
»Erinnere mich bitte bei Gelegenheit daran, dass ich mich nie schlecht mit dir stelle«, grummelte Roxbury.
»Das hast du bereits getan, und sieh nur, wohin es dich gebracht hat«, erklärte sie ihm.
»Touché. Auch das war ein beeindruckendes Manöver, Madam. Und jetzt lies schon weiter.«
Julianna ließ sich nicht lange bitten und fuhr fort.
Aber hören Sie sich das an: Wenngleich es für Paare in den besten gesellschaftlichen Kreisen nicht ungewöhnlich ist, getrennte Schlafzimmer zu beziehen, so ist es im Falle der R-s doch wirklich bemerkenswert, dass sie in getrennten Räumen nächtigen – man bedenke nur all die Gerüchte, die sich um die Vorlieben Seiner Lordschaft ranken … Vielleicht ist seine atemberaubende Gattin ja doch nicht nach seinem Geschmack? Was uns zur nächsten und wichtigsten Frage bringt: Ist es eine Liebesheirat? Oder eine Scheinehe, die nur aus Vernunftgründen eingegangen wurde? Liebe Londoner, machen Sie jetzt Ihre Einsätze! Aber stellen Sie sich darauf ein, dass Sie einen langen Atem haben müssen bei dieser Wette. Erst die Zeit wird erweisen, welcher Art diese Ehe ist …
»Ich werde ihn umbringen«, verkündete Julianna, kaum dass sie fertiggelesen hatte. Ihr gefiel vor allem die Andeutung nicht, ihr Ehemann könne sie womöglich unattraktiv finden.
»Nein, das wirst du nicht. Ich werde dir nämlich zuvorkommen«, sagte Roxbury düster, der sich vermutlich viel mehr über die lästigen Gerüchte bezüglich seiner Vorlieben ärgerte.
»Wie kannst du mir nur diese Befriedigung verwehren?«, fragte sie.
»Also gut, meine liebe Gemahlin. Wir werden den Mann, der Bescheid weiß, gemeinsam suchen und ihn dann zugrunde richten«, erklärte sich Roxbury einverstanden.
»Das ist so ziemlich das Romantischste, was bisher jemand zu mir gesagt hat«, sagte Julianna herzig. Ihr Mann grinste.
»Was hast du bei deinem gestrigen Besuch in der Kirche über ihn herausgefunden?«, fragte er.
»Seine Hände sind die eines jungen Mannes, was sehr bemerkenswert ist, wenn man bedenkt, dass die Kolumne seit über vierzig Jahren unverändert erscheint. Ich habe die ganze Zeit nach einem alten Mann gesucht …«
Das war eine idiotische Annahme gewesen. Im Grunde vertraute Julianna niemals auf etwas, bis es nicht bestätigt war, und in diesem Fall war sie einfach davon ausgegangen, dass ein alter Mann seine Tage und Nächte in den Spielhöllen verbrachte und auf den Partys heimlich den jungen Mädchen und den Schwerenötern folgte.
In Wahrheit war er ein junger Mann.
»Der Mann, der Bescheid weiß, könnte mehr als nur eine Person sein. Es könnten doch auch gleich ein paar Männer sein. Oder Frauen«, gab Roxbury zu bedenken.
»Es ist seit vierzig Jahren ein Geheimnis«, raunte Julianna. Das war ein verflucht gut gehütetes Geheimnis. »Und du glaubst ernsthaft, dass es uns gelingen könnte, ihn, sie oder all die Leute zu entlarven, wenn es tatsächlich mehrere Autoren sind?«, fügte sie skeptisch hinzu.
»Erträgst du es wirklich, dreimal die Woche morgens so einen Unsinn zu lesen?«, fragte Roxbury zurück und zeigte auf die Zeitung, die aufgeschlagen zwischen ihnen lag. Seit ihrer Hochzeit war wirklich eine beleidigende Kolumne nach der anderen erschienen. Und das würde so weitergehen, bis dass der Tod sie wieder schied. Das war selbst Julianna klar.
»Du hast Recht. Wir müssen es wenigstens versuchen«, sagte sie fest entschlossen. Damit war es beschlossene Sache und die gemeinsame Jagd auf den Mann, der Bescheid weiß, eröffnet: Gemeinsam würden ihr Ehemann und sie ihren Erzfeind suchen und zerstören, damit sie selbst eine größere Chance auf ein glückliches und zufriedenes Leben hatten.
Einige Tage später
Julianna hatte damit begonnen, Dekorateure zu engagieren. Zunächst sollte es vor allem um den Salon gehen. Es war doch nichts Besonderes daran, wenn man den Raum im Haus, den die Gäste am häufigsten sahen, einer Renovierung unterzog. Zumindest redete sie sich das ein. Und die Sache musste wirklich dringend in Angriff genommen werden.
»Wer hat hier eigentlich zuletzt renoviert?«, fragte sie eines Nachmittags ihren Ehemann. Sie hatte ihn in seinem Arbeitszimmer gefunden, einem der zwei Räume im Haus, die nicht ganz so
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