Rivalen der Liebe
diesen Skandal schreiben. Gott ist mein Zeuge, dass wirklich nichts passiert ist zwischen uns«, sagte sie mit einem gezwungenen Lachen. Knightly verzog das Gesicht.
»Und wenn eines schönen Tages etwas anderes passiert – gedenkst du dann allen Ernstes, darüber zu berichten?«, fragte er. Seine Augen waren sehr blau, sein Blick sehr beunruhigend, als er sie prüfend anschaute und auf eine ehrliche, gute Antwort erwartete.
»Was genau meint Ihr damit?«, fragte Julianna, und in ihren Ohren klang ihre Stimme hohl und schrill. Dabei wusste sie ganz genau, in welche Richtung seine Frage abzielte.
»Eure Stellung verlangt von Euch, dass Ihr bei allen gesellschaftlichen Anlässen eine feste Größe seid. Wenn Euer Ruf nun allerdings so beschädigt ist, dass Ihr nicht mehr eingeladen werdet …«
Ihr Herz hämmerte so heftig, dass sie fürchtete, Knightly könnte es hören. Unter ihren Handschuhen fühlten sich ihre Hände klamm an.
Oh bitte, das durfte einfach nicht passieren! Nicht das auch noch …
» Die ganze Sache wird doch in Nullkommanix vergessen sein«, verkündete sie so unbeschwert wie möglich. »Ihr wisst doch, schon morgen kann eine neue Sau durch London getrieben werden, die noch viel aufregender ist als meine angebliche Liebschaft mit Roxbury. Dann vergessen alle sofort diesen Unsinn, der sich zwischen uns abgespielt haben soll!«
»Und wenn das nicht passiert?«, fragte Knightly und hob skeptisch eine Braue. Ihr Herz hämmerte noch lauter, wenn das überhaupt möglich war.
»Ich habe immer noch mein Netzwerk aus Informanten und …«, setzte sie an, doch ihre Stimme wurde immer leiser. Und dann verstummte sie einfach.
»Lady Somerset, ich habe keine Familie. Ich habe weder eine Frau noch eine Mätresse. Ich habe gar nichts, das mich irgendwie interessiert auf dieser Welt. Das Einzige, wofür ich brenne, ist der Erfolg der London Weekly .«
Damals war sie dreist in sein Büro gestürmt und hatte ihr eigenes Schicksal in die Hand genommen. Es fühlte sich jetzt an, als sei seither ein ganzes Zeitalter vergangen. Ein Zeitalter, das ganz langsam und auf sehr schmerzhafte Weise zu Ende ging.
Kapitel 28
Roxbury hatte nicht vor, um ihre Hand anzuhalten. Trotzdem hielt sich der Gedanke an diese Möglichkeit hartnäckig und ließ sich einfach nicht vertreiben. Er dachte an das Geld und daran, wie er mit seinem Antrag als Ritter in schimmernder Rüstung die arme Lady in Not erretten könnte. Aber dann kamen ihm wieder die letzten Worte in den Sinn, die Edward ihm beim Abschied mit auf den Weg gegeben hatte: »Das Leben eines Mannes gehört ihm allein.« Und er dachte ernsthaft daran, sich dem Wunsch seines Vaters zu beugen? Gott, das machte ihm gewaltig zu schaffen.
Während Simon auf dem Heimweg über die ganze Angelegenheit brütete und aus dem Fenster seiner Kutsche starrte, entdeckte er sie plötzlich.
»Wenn man vom Teufel spricht«, murmelte er. Die Verrückte lief schnellen Schritts – man könnte auch sagen, sie stürmte und stapfte – und schob sich dabei grob an den langsameren Fußgängern vorbei, die ihr im Weg waren. Und das alles tat sie bei strömendem Regen.
»Lady Somerset!«, rief Roxbury durchs geöffnete Fenster.
Sie schaute hoch, drehte sich um und lief gleich weiter. Er brüllte ihren Namen ein zweites Mal, während die Regentropfen sein Gesicht benetzten. Sie war wirklich verrückt, wenn sie bei diesem Wetter draußen herumlief und nur eine Haube und einen kurzen Spenzer als Schutz hatte.
»Lady Somerset!«
Er rief ihren Namen wieder, während seine Kutsche das Tempo drosselte und sich ihrem Tempo anpasste. Er hielt dadurch zwar den Verkehr auf, doch das war ihm egal.
»Nun steigt schon in die Kutsche«, befahl er ihr, ganz der Gentleman.
»Schert Euch zum Teufel.« Sie fauchte die Worte so hasserfüllt in seine Richtung, dass Roxbury überrascht war. Es tat ihm vielleicht sogar ein bisschen weh, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzudenken. Wenn das Fenster offen stand, gelangte Wasser in die Kutsche. Höchste Zeit, den Streit ins Kutscheninnere zu verlegen.
»Das hatte ich ohnehin vor. Aber erst steigt Ihr in die Kutsche.«
»Nein.« Sie klang erbärmlich.
»Seid Ihr wahnsinnig? Es regnet in Strömen, Ihr seid völlig durchnässt, und ich weiß, dass Ihr meilenweit von Eurem Zuhause entfernt seid.«
»Ich laufe lieber nach Frankreich und zurück, statt auch nur fünf Minuten in Eurer Nähe zu verbringen«, spie Julianna ihm entgegen und
Weitere Kostenlose Bücher