Rivalen der Liebe
erklärte Julianna vernichtend. »Jedenfalls nicht so, wie Ihr mein Leben zerstört habt.«
»Ach? Ja, wirklich? Ich fürchte, Madam, das müsst Ihr genauer ausführen.«
»Da müsst Ihr mich schon drum anbetteln«, gab sie patzig zurück. Der Brandy schien die gewünschte Wirkung zu entfalten, denn das Funkeln in ihren Augen und die Farbe in ihren Wangen kehrten zurück. Es gab doch nichts Besseres an einem kalten Tag als einen ordentlichen Schluck Brandy …
»Ich will verdammt sein, ehe ich Euch anbettle«, antwortete Roxbury. Obwohl sie ihm etwas zu bieten hatte, das für ihn von großem Nutzen wäre. Die Ehe. Das Geld. Das Ultimatum. Er hatte sie ruiniert. Darum sollte er eigentlich um ihre Hand anhalten. Oder als verarmter Junggeselle leben und sterben. Er trank mehr Brandy und wog seine verschiedenen Möglichkeiten gegeneinander ab.
»Dann seid eben verdammt. Wie genau habe ich denn Euer Leben ruiniert, Roxbury? Wie kann eine kleine Frau das Leben eines wohlhabenden englischen Peers zugrunde richten?«, fragte Julianna, und sie klang beinahe keck dabei.
»Glaubt Ihr allen Ernstes, ich vertraue mich Euch an? Wenn ich wollte, dass ganz London weiß, was mit mir los ist, würde ich es den Leuten lieber persönlich erzählen, statt die Überbringung der Nachricht Eurem Stift zu überlassen, der die Tatsachen sicher nur wieder aufs Übelste verdreht.«
Man durfte ihr einfach nicht vertrauen.
»Dank Euch und Eurer Gesangseinlage besitze ich diesen Stift ja nicht einmal mehr!«, heulte sie auf.
»Dann besorgt Euch einen neuen«, riet er ihr.
»Das ist eine Metapher, Ihr Idiot! Ich habe meine verfluchte Kolumne dank Euch verloren, Ihr böser, wahnsinniger Knallkopf!«
»Ihr habt sie verloren? Wie unachtsam von Euch. Wann habt Ihr sie das letzte Mal gesehen?«, fragte Roxbury fröhlich. Doch dann begriff er das volle Ausmaß ihrer Worte: Sie war nicht länger die Lady mit Klasse. Und damit war sie für ihn keine Bedrohung mehr, sondern nur noch eine Frau, die in arger Bedrängnis war.
Das änderte alles. Alles.
» Verloren? Unachtsam?«, kreischte Julianna frustriert. »Oh, Ihr …«
Sie hob die Hand und schien bereit, im nächsten Augenblick nach ihm zu schlagen. Doch Roxbury packte ihr Handgelenk in der Luft und ließ es ganz behutsam wieder los.
»Verstehe ich das richtig, dass Ihr nicht länger für die London Weekly schreibt?«, hakte er nach.
»Das ist richtig. Ihr seid ein abscheulicher Schurke. Ich schreibe nicht länger für die Zeitung, weil ich nirgends mehr eingeladen werde. Und das alles nur, weil ein wahnsinniger, betrunkener Idiot dachte, es wäre doch ein großer Spaß, wenn er vor meinem Fenster anstößige Lieder grölt.«
Sie war wütend, aber das faszinierte ihn nur noch mehr. Langsam nahm eine teuflisch geniale Idee in seinem Kopf Formen an.
Entlassen? Lady Somerset war also nicht mehr bei der Weekly ? Wenn es etwas gab, das skandalöser war als eine Frau, die öffentlich schrieb, dann war es nur eine Frau, die öffentlich in Ungnade gefallen war.
Und wenn er sie jetzt heiratete …
Wenn er eine Pistolen schwingende Witwe zur Frau nahm, die sich mit den wildesten Gerüchten um ihre Person herumschlagen musste – dass sie für eine Zeitung schrieb, dass sie von ihren Pflichten bei besagter Zeitung entbunden war, dass sie eine geheime Liebschaft mit ihm unterhielt und mit Gott weiß wie vielen Männern noch –, würde er damit zwar die Bedingungen des Ultimatums erfüllen. Aber bei Gott! Es würde den Earl gewaltig wurmen, diese Kröte schlucken zu müssen. Und das würde Roxbury ungemein befriedigen.
Ja, so sollte es sein! Sie würden um ihres Rufs willen heiraten, und weil sie sicher nach der Kündigung auch Geld brauchte. Solange sie nicht noch irgendwelche dunklen Geheimnisse hütete, besaß die schöne Lady nämlich weder ein Vermögen noch die Aussicht auf ein solches. Dank der Heirat hätte er jedoch wiederum genug Geld, um ihnen beiden ein gutes Leben zu finanzieren.
Roxbury stellte sich vor, wie sein Vater ihn ansehen würde, wenn er eine der skandalösesten, dreistesten und aufdringlichsten Frauen mit nach Hause brachte, die diese Stadt je erlebt hatte – und zwar als seine zukünftige Countess.
Für Simon war allein die Empörung seines Vaters ein akzeptabler Grund, sie zu heiraten.
In diesem Moment jedenfalls empfand er eine tiefe Zuneigung zu ihr und hätte sie für diese Aussichten vor Begeisterung küssen können.
»Wenn Ihr gerade überlegt, was Ihr sagen
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