Rivalen der Liebe
sollt, würde ich vorschlagen, Ihr beginnt mit einer Entschuldigung«, nörgelte Lady Somerset. Roxbury lächelte sie an. Er sah sie jetzt in einem ganz anderen Licht! Er brauchte sie, und es war für ihn entscheidend, dass sie begriff, wie sehr sie ihn brauchte.
»Es tut mir leid, wenn jetzt ganz London glaubt, dass Ihr ein Flittchen seid, weil meine Kutsche den ganzen Abend so unvorteilhaft abgestellt war«, sagte er und genoss es, ihr eine Entschuldigung darzubieten, wie sie selbst es kaum besser hätte formulieren können.
»Und mir tut es leid, dass Ihr überhaupt geboren wurdet«, gab Julianna zurück. Sie nahm die bittere Medizin, die sie sonst immer großzügig verteilte, alles andere als gut auf, wenn sie sie selbst schlucken musste.
»Und es tut Euch außerdem leid, dass London glaubt, ich würde Eurem Geschreibsel zufolge gerne mit Männern ins Bett gehen. Aber es tut Euch nicht leid, es geschrieben zu haben«, resümierte Roxbury nüchtern.
»Wenn ich meine Kolumne noch hätte …«, sagte sie drohend.
»… Aber die habt Ihr nun mal nicht mehr. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie erleichtert ich darüber bin«, fiel Roxbury ihr ins Wort.
Und bei Gott, das stimmte. Es war jetzt eine für ihn völlig andere Erfahrung, einfach neben ihr zu sitzen. Er brauchte nicht mehr ständig auf der Hut zu sein. Er brauchte nicht länger zu fürchten, dass jedes Zwinkern, jedes Wort, jedes Schmunzeln und jeder Blick von ihr sofort in einem wenig schmeichelhaften, anzüglichen Licht erschien, über das dann ganz London las.
»Euch mag das ja freuen«, murmelte sie. Beide verstummten. Der Regen trommelte unablässig auf das Kutschendach.
Wenn sie heirateten …
Eine Ehe war immer noch nicht besonders erstrebenswert für ihn. Aber er konnte den Gedanken an seinen drohenden Untergang lange genug verdrängen, um zu sehen, dass mit einer Heirat viele drängende Probleme gelöst wären.
Aber sah Lady Somerset das auch so? Und sie, um alles in der Welt, könnte er sie überzeugen, wenn sie vernünftigen Argumenten nicht zugänglich war und ihr Stolz ihr ständig im Weg stand? Die Angelegenheit war wirklich knifflig.
Er dachte wieder an Edward. » Das Leben eines Mannes gehört nur ihm allein.« Und in diesem Moment verstand Roxbury, warum Edward nie zur Ruhe kommen konnte. Es war nämlich verdammt schwierig, sein eigenes Leben zu führen, wenn es auf Gedeih und Verderb den Launen einer Frau unterworfen war.
Roxbury war bereits versucht, seine Meinung zu ändern, aber es gelang ihm, auch diesen Gedanken erfolgreich zu verdrängen.
Deshalb atmete er noch einmal tief durch und fragte dann so beiläufig wie möglich: »Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass auch Ihr mein Leben zugrunde gerichtet habt?«
»Vielleicht das eine oder andere Mal am Rande. Ihr habt jedenfalls nicht ständig mit derselben Leier angefangen und irgendwelche Andeutungen gemacht, wenn Ihr das wissen wollt«, antwortete sie, und er grinste. Ihr Sarkasmus war so scharf wie eh und je. Denn er hatte ja wirklich keine Gelegenheit ausgelassen, immer wieder zu betonen, dass sie ihn ruiniert habe.
Das war eben das Besondere an Lady Somerset: Sie würde niemals etwas beschönigen oder ihm zustimmen, nur damit er Ruhe gab. Eigentlich war Simon von den Frauen Gegenteiliges gewohnt. Sie wollten entweder seine Mätressen werden oder dauerhaft mit ihm zusammenbleiben. Deshalb hörte er von ihnen selten etwas anderes als bedingungslose Zustimmung. Keine hatte ihn je herausgefordert.
»Was Ihr in Eurer Kolumne bezüglich meiner Vorlieben im Bett andeutet, hat es für mich unmöglich gemacht, eine Ehefrau zu finden«, begann er.
»Bitte, gern geschehen. Ihr braucht Euch nicht so wortreich zu bedanken«, ätzte Julianna übellaunig. »Draufgänger wie Ihr scheuen ja bekanntlich keine Mühen, um der Ehe zu entgehen. Ich habe also all Eure Probleme gelöst.«
Beiläufig knöpfte sie ihren Spenzer auf – damit die nasse Jacke nicht an ihrem Kleid klebte, vermutete er. Bestimmt nicht, um ihn zu verführen. Aber für einen winzigen Moment verlor er das Ziel dieses Gesprächs aus den Augen.
»Mir würde es sehr gefallen, als Junggeselle zu leben und zu sterben. Die Umstände erfordern es aber von mir, dass ich genau das nicht tue«, sagte Roxbury ernst und fixierte Julianna sorgenvoll. »Und ich schwöre Euch, Lady Somerset: Solltet Ihr jemals irgendwem erzählen, was ich Euch jetzt – wider besseren Wissens – verrate, werde ich tun, was in meiner Macht
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