Rivalen der Liebe
geführt wurden. Roxbury nahm noch einen ordentlich Schluck. Verdammt, das Zeug brannte sich wie nichts bis zu seinem Magen durch.
Nachdem er in nicht mal zehn Minuten zwei oder drei Brandys gekippt hatte, konnte Roxbury kaum mehr geradeaus sehen, geschweige denn sich auf die Konsequenzen dieser obszönen und bösartigen Lüge konzentrieren. Das Ultimatum … Ehe oder Verarmung … Sollte er einen Mann heiraten? Oder eine Frau?
Eins stand für ihn jedenfalls fest: Das eine war mit dem anderen nicht vergleichbar, und es ging nicht an, dass man sich ihn als einen vorstellte, der Männer bevorzugte.
Doch genau da lag sein Problem. Wie sollte er denn bitteschön heiraten, wenn ihn niemand mehr sprechen wollte? Wie sollte er seinen Lebensunterhalt bestreiten, wenn seine Bezüge einfach gestrichen würden?
Selbst mit dem ganzen Alkohol, der ihm die Sinne vernebelte und in seinem Magen brannte, wusste Roxbury ohne jeden Zweifel, dass es jetzt richtig schlecht um ihn stand. Das war genau die Art Skandal, von der man sich nie mehr richtig erholte.
Dieser Schandfleck würde ihm auf ewig anhaften. Selbst in Jahren, nein Jahrzehnten würde ihm ein Flüstern folgen wegen dieser Geschichte. In Clubs und Ballsälen und überall sonst würde man sich immer wieder darauf besinnen. Das würde ihm ja im Grunde überhaupt nichts ausmachen, wenn nicht das Ultimatum wie ein Damoklesschwert über ihm schwebte und ihm demzufolge ein Leben in Armut drohte.
Er legte die Zeitung beiseite. Inchbald ließ dem Duke und Roxbury die Flasche und zog sich zurück.
»Ich weiß, dass es eine Frau war«, sagte Brandon mit ruhiger Stimme.
»Aber du bezweifelst auch nicht, dass ich fraglicher Mann gewesen bin«, erwiderte Roxbury.
»Ich kenne dich«, antwortete sein Freund lediglich. Ihre Freundschaft reichte zurück bis zu jener Zeit in Eton, wo Roxburys älterer Bruder Edward die beiden mit dem Alkohol, den Frauen und den Wetten vertraut gemacht hatte. In Eton hatte Roxbury so ziemlich jede erreichbare Frau im Umkreis von zehn Meilen verführt. An der Universität war er berüchtigt. Und als er in die Gesellschaft eintrat, gab es für ihn kein Halten mehr.
Was Brandon da gerade gesagt hatte, war wahr: Simon war tatsächlich für seine romantischen Heldentaten berühmt, weshalb es durchaus glaubwürdig war, dass man ihn in einer kompromittierenden Situation ertappte. Er war ein berüchtigter Lebemann, der dafür bekannt war, dass er in zahllose Affären und Intrigen verstrickt war und die Hälfte der Damenwelt ihrer Kreise bereits im Bett gehabt hatte. Und trotzdem glaubten sie allen Ernstes, er würde mit einem Mann herumschäkern?
Das war doch lächerlich.
Also lachte Roxbury. Er lachte lang und heftig und krümmte sich sogar vor Eifer im Sessel, was allerdings nur noch mehr unbehagliche und irritierte Blicke auf ihn zog. Brandon hob neugierig die Brauen und nahm einen Schluck Brandy.
»Was genau ist an der ganzen Situation so amüsant, wenn ich fragen darf?«, erkundigte sich der Duke.
»Niemand kann allen Ernstes diese Geschichte glauben! Nicht, solange Dutzende, Hunderte, nein Tausende Frauen zu meinen Gunsten aussagen könnten«, erklärte Roxbury. Nun ja, vielleicht nicht gerade Tausende, korrigierte er sich. Aber doch eine beachtliche Zahl von Frauen, die aus erster Hand von seiner beständigen Liebe und Hingabe für das schöne Geschlecht und den weiblichen Körper wussten.
»Ich sage das wirklich nur sehr ungern, Roxbury, aber die meisten dieser Frauen sind verheiratet, und ich wage zu behaupten, dass keine ihren Ruf aufs Spiel setzen wird, um sich für dich zu verbürgen.«
Brandon war ein pedantischer Verfechter von Tatsachen, Wahrheiten, Ehrlichkeit und lauter solchem Kram. Das brennende Gefühl aus Wut, Reue und Panik in Simons Magen verstärkte sich.
»Aber sie waren nicht alle verheiratet«, erwiderte er.
»Dein Ruf in unseren Kreisen rührt bestimmt nicht von den Aussagen jener Frauen mit eher zweifelhaftem Ruf«, wandte Brandon ein. Was leider nur allzu wahr war. Roxbury runzelte die Stirn. Das Wort einer Schauspielerin oder einer Opernsängerin zählte genauso wenig wie das eines Starlets aus der Halbwelt.
»Es gab ein paar Witwen«, fügte er hinzu. Er mochte diese Frauen, die ganz genau wussten, was sie wollten, und das genossen, was eine von ihnen einmal als ihre »hart verdiente Freiheit« bezeichnet hatte.
»Die sind wiederum auf ihren guten Ruf angewiesen, Roxbury. Niemand wird offen eine Affäre mit einem
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