Rivalen der Liebe
großangelegte Täuschungsmanöver von Erfolg gekrönt sein sollte, musste die Gesellschaft beiden glauben, dass sie es mit dieser Ehe ernst meinten und sich liebten. Sie konnten nicht einfach den Bund der Ehe schließen und anschließend an entgegengesetzten Enden der Stadt weiterleben wie bisher.
Darum würden sie zukünftig zusammen unter einem Dach leben, hatte Roxbury beschlossen.
»Ich habe ihr nicht befohlen, meine Sachen zu packen«, sagte Julianna.
»Ich bin sicher, Ihr habt der Sonne auch nicht befohlen, jeden Morgen aufzugehen, und sie tut es trotzdem«, bemerkte Roxbury. »Und ich war es, der Euer Dienstmädchen anwies, zu packen.«
»Das wird doch niemals funktionieren. Ich kann nicht zulassen, dass Ihr hinter meinem Rücken für mich Pläne schmiedet, ohne dass ich einverstanden bin oder wenigstens gefragt werde. Ich bin meine eigene Herrin und eine erwachsene Frau. Ich lasse mich doch von Euch nicht wie eine Dienerin oder ein Kind behandeln!« Julianna klang sehr verärgert.
»Lady Roxbury, wenn Ihr für einen Moment still sein könntet, würde ich Euch gerne die durchaus vernünftigen Gründe erläutern …«, setzte er an, obwohl er wusste, dass er sie damit provozierte.
»Ruhig bleiben? Vernünftige Gründe? Lady Roxbury?!«
Ihre Wangen waren rosig, und ihre Augen blitzten. Ach, sie sah so furchtbar begehrenswert aus! Es war ein Vergnügen, Julianna dabei zuzusehen, wie sie förmlich an ihrer Wut zu ersticken drohte. Nichts war eine bessere Methode, um eine Frau zu erzürnen, als ihr zu erklären, sie solle ruhig bleiben und sich einer vernünftigen Argumentation unterordnen.
»Wie ich schon sagte«, fuhr er fort und konnte sich nur mühsam ein Grinsen verkneifen, »sind wir diese Ehe beide nur eingegangen, um den äußeren Schein zu wahren. Darum werdet Ihr in meinem Haus wohnen. Nicht, weil ich meine ehelichen Rechte einzufordern gedenke, sondern weil wir die Gerüchte im Keim ersticken müssen, dass ich es bevorzuge, mich mit Männern im Bett zu vergnügen und dass Ihr es nicht vorzieht, mit vielen Männern ins Bett zu gehen. Nun, um unsere werten Mitmenschen zu überzeugen, dass diese Verbindung eine leidenschaftliche Liebesheirat ist und nicht der Kuhhandel, von dem wir beide wissen, dass er es ist, müsst Ihr wohl oder übel bei mir einziehen.«
»Ich will ein eigenes Schlafgemach«, sagte Julianna.
»Meine Diener richten in diesem Moment ein zweites Gemach für Euch her«, antwortete Roxbury.
»Mit Schlössern.«
»Das wird nicht notwendig sein«, versicherte er ihr. Zu seiner Überraschung errötete sie heftig und drehte den Kopf von ihm weg. Hatte er etwa ihre Sittsamkeit verletzt? Oder war sie peinlich berührt, weil er sich nicht Zutritt zu ihrem Schlafgemach verschaffen wollte?
Zum ersten Mal in seinem Leben waren Roxburys Absichten, eine Frau in sein Bett zu holen, ganz und gar unschuldiger Natur. Auch wenn sein Körper lautstark forderte, er solle sie küssen, liebkosen, jeden Zoll ihrer Haut lieben, um sie ganz und gar zu seiner Frau zu machen, waren sein Kopf und – er wagte es gar nicht, das zu denken – sein Herz ganz anderer Auffassung. Er hatte genug Erfahrung mit Frauen gesammelt, um zu wissen, dass ein zu früher Kuss all seine Pläne zunichtemachen könnte.
Julianna ärgerte ihn. Sie amüsierte ihn aber auch. Sie waren jetzt miteinander verheiratet, und er war nicht bereit, das von Anfang an zu versauen. Er wollte es zumindest eine Woche lang mit ihr versuchen.
»Ich hoffe nur, Penny hat auch meine Pistolen eingepackt«, murmelte Julianna.
»Die, habe sie angewiesen, dort zu lassen«, sagte er. Er war ein heißblütiger, leidenschaftlicher Mann, der mit einer atemberaubenden Schönheit verheiratet war. Irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft plante er, sie zu sich ins Bett zu holen. Und dabei wollte er nicht schon wieder in die Schussbahn ihrer Pistolenkugeln geraten. Der Zorn Juliannas genügte, um ihn auf Abstand zu halten. Für den Moment zumindest.
Sie seufzte ziemlich verärgert, und Simon war von dem Heben und Senken ihrer schönen Brüste wie berauscht. Vielleicht war es ja doch das Risiko wert.
»Das macht mir gar nichts aus«, behauptete sie und schniefte. Was sie damit genau meinte, erschloss sich ihm nicht so recht; er vermutete, sie meinte alles. Er konnte es ihr kaum verdenken. Seine eigenen Gefühle waren ein einziges Durcheinander: Angst, eine Art Erregung, ein Gefühl von Abenteuer. Hatte er irgendjemandem gegenüber erwähnt, dass er Angst
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